Angesichts solcher Szenarien muss man sich dann aber doch fragen, wieso deutsche Unternehmen selbst in den Bereichen, in denen die Bedrohung durch Google und Co. bislang kaum spürbar ist, nicht ihre Claims abstecken, sondern das Feld kampflos räumen. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Online-Lebensmittelhandel. Hier haben weltweit einige Unternehmen Pionierarbeit geleistet und gezeigt, wie es funktionieren kann. In den USA gehören dazu Fresh Direct, Amazon Fresh, Google Shopping Express (schon wieder Google) und Safeway. In Großbritannien setzt Tesco Standards, in der kleinen Schweiz ist LeShop Vorreiter und im noch kleineren Dänemark dominiert nemlig.com die Szene (hier hat einer der Großinvestoren von Zalando und Asos kürzlich gut 30 Mio. EUR investiert).
Währenddessen sind in Deutschland seit zwei Jahren kaum mehr als erste Gehversuche in diesem Bereich zu verzeichnen. Selbst von den Großen der Branche ist nicht viel zu sehen. Nun mag man sich trefflich darüber streiten, ob das Kaufverhalten der Deutschen so sehr von dem der US-Amerikaner, Engländer, Schweizer und Dänen abweicht, dass der Online-Handel mit Lebensmitteln in Deutschland nicht profitabel zu betreiben ist. Man könnte aber auch ernsthafte unternehmerische Versuche initiieren, um sich einen ordentlichen Anteil eines 250 Mrd. EUR großen Marktes dauerhaft zu sichern. Stattdessen wird auch hier das Feld scheinbar anderen überlassen. Und so muss man sich dann nicht wundern, wenn in ein paar Jahren der offene Brief von einem Chef eines führenden deutschen Lebensmittelhändlers an Jeff Bezos veröffentlicht wird.