Mangel an Wagniskapital gefährdet deutsche Wirtschaft

Riskanter Status Quo in Deutschland

In Deutschland fließen jährlich ca. 700 Mio. EUR Wagniskapital in junge Unternehmen. Zum Vergleich USA: rund 21 Mrd. USD Venture Capital! Im Jahr 2012 gab es in Deutschland 168.000 Unternehmensgründungen. Nur 5% davon, also 8.400 Unternehmen erhielten Wagniskapital oder Folgefinanzierungen (ZEW Gründungsreport). Durch Merger & Acquisitions-Aktivitäten gelang 53 Unternehmen ein Exit. „Ergebnis: 8.347 verpasste Chancen“, kritisierte Mährle.

Silberstreifen am Horizont?

Es ist aber nicht aller Tage Abend. Die Münchner Konferenz zeigte auch Lichtblicke. Der Freistaat Bayern hat Anfang April dieses Jahres den „Wachstumsfond Bayern“ mit einem Volumen von 100 Mio. EUR angekündigt. Nach Aufstockung des Fonds durch private Investoren soll das Gesamtvolumen rund 250 Mio. EUR betragen. Dieses Kapital steht künftig jungen bayerischen Unternehmen zur Verfügung. Ein weiterer Lichtblick: Der European Investment Funds, eine Initiative der Europäische Union, ist mit rund 3,8 Mrd. EUR größter europäischer Investor in Venture Capital Funds. Ein anderes Modell verfolgt die Internetplattform Venturate.com. Als Marktplatz führt sie Start-ups und Investoren mit wachsendem Erfolg zusammen. Er ist auch begehrter Co-Investor von Business Angels. „Diese Fonds und Aktivitäten sind künftig extrem wichtige Kapitalquellen“, so Mährle.

Business Angels – Geld und Expertise

Einen wichtigen Beitrag leisten auch die sog. Business Angels. Sie engagieren sich mit Wagniskapital, Expertise und oft viel Leidenschaft für junge Unternehmen. Beim 9. Münchner Technologietag präsentierten mehrere Business Angels ihre außergewöhnlichen Erfolge. Die Mehrzahl der Business Angels arbeitet jedoch im Verborgenen. Sie möchten ihr Engagement in den wenigsten Fällen öffentlich machen. Es gibt aber auch hier Ausnahmen. „Dietmar Hopp, SAP-Gründer, Andreas und Thomas Strüngmann, die beiden Hexal-Gründer, Carsten Maschmeyer, Ex-Chef der AWD Holding und Dieter Schwarz, der Gründer von Lidl, sind in Deutschland positive Beispiele für die leider noch kleine Zahl der Unternehmerinvestoren und Business Angels“, meinte Mährle.

Staat ist mitverantwortlich für die Misere

Die Bereitschaft zur Vergabe von Wagniskapital, um aussichtsreiche Ideen in erfolgreiche Geschäftsmodelle umzusetzen, ist in Deutschland ein zartes Pflänzchen. Privatanleger sind traditionell mit Wagniskapital zurückhaltend. Das wird sich so schnell nicht ändern, wenn nicht neue Anreizsysteme, auch steuerlicher Natur, eingeführt werden. Auch alternative Modelle der Risikoteilung beim Wagniskapital und mehr neuartige Plattformen im Internet zur Akquisition größerer Mittelvolumen sind eine Option. „Doch Mitverantwortung für das geringe Aufkommen an Wagniskapital trägt auch der deutsche Staat. Während in den USA Lebensversicherungen und Pensionsfonds festgelegte Anteile ihres verwalteten Vermögens in Wagniskapital investieren dürfen, sind Anlagen in Venture Capital den deutschen Lebensversicherern untersagt,“ kritisiert Mährle und ist überzeugt, dass ein Abbau dieses Hindernisses ein effektiver Hebel für rasch mehr Venture Capital sei.