Interview mit Dr. Peter Wolff, EnjoyVenture Management

VC Magazin: Welchen Stellenwert besitzen Spin-offs für die Weiterenterentwicklung von wissenschaftlichen Forschungsergebnissen hin zu marktfähigen Produkten?
Wolff: Aus meiner Sicht einen sehr hohen Stellenwert. Spin-offs führen dazu, dass Markt- und potenzielle Kundenerwartungen auf relevante Forschungsergebnisse treffen. Die besonderen Anforderungen des Marktes können auf diese Weise frühzeitig antizipiert werden. Forschungsergebnisse sollten viel häufiger solchen Prozessen unterworfen werden, damit künftig noch mehr Forschung mit dem klaren Ziel betrieben wird, marktfähige Produkte zu entwickeln.

VC Magazin: Welche Rolle spielen Finanzinvestoren, vor allem Venture Capital-Geber, im Rahmen des Spin-off-Prozesses?
Wolff: Leider spielen Investoren heutzutage eine viel zu geringe Rolle. Der Grund liegt etwa in der Komplexität und der vergleichsweise langen Dauer des gesamten Ausgründungsprozesses. Auch die eigentliche Produktentwicklung zum marktfähigen Produkt oder Lösung nimmt mitunter sehr viel Zeit in Anspruch. Zudem adressieren viele Ausgründungen oftmals nur spezielle Nischenmärkte oder besitzen sehr spezifische Technologieansätze. Alles in allem sind das keine angenehmen Rahmenbedingungen für klassische institutionelle Finanzinvestoren.

VC Magazin: Warum sollen sich Wissenschaftler im Rahmen von Spin-offs überhaupt selbstständig machen? Das damit verbundene Risiko scheint nicht kalkulierbar.
Wolff: Ein Wissenschaftler, der sich mit dem Gedanken eines Spin-offs trägt, sollte seine Stärken und seinen Bedarf realistisch beurteilen. Unter den Teams, die wir in den 15 Jahren seit der Gründung von EnjoyVenture kennengelernt haben, eignen sich vielleicht 10% als klassische Unternehmer. Dabei ist jedes Risiko kalkulierbar. Die entscheidende Frage ist, wie ich mit vermeintlich zu hohen Risiken umgehe. Angst ist allerdings ein schlechter Ratgeber, dann sollte man es lieber sein lassen und Leute in ein Team einbinden, die in der Lage sind, „meine“ Forschungsergebnisse erfolgreich an den Markt zu bringen. Diesen Willen muss ein Wissenschaftler mindestens haben.

VC Magazin: Wo liegen die größten Herausforderungen für die handelnden Personen, vor allem aufseiten der Forschungseinrichtungen?
Wolff: Man muss loslassen können und bereit sein, Verantwortung abzugeben oder zumindest zu teilen. Unternehmer zu sein bedeutet etwas ganz anderes, als bloß zu argumentieren, bei welchem Unternehmen man mehr Geld verdienen könnte oder auf wie viel man bereits verzichtet hat. Und wenn ich an eine Sache glaube und diese in die Tat umsetzen will, dann ist damit immer noch ein finanzielles Engagement verbunden, daran führt kein Weg vorbei.  

VC Magazin: Welche Anreize können gesetzt werden, um die Zahl der Spin-offs zu erhöhen?
Wolff: Ich glaube weniger, dass es um Anreize und Eingriffe der Politik in Marktmechanismen geht. Sinnvolle Technologiecluster bildet ein Markt langfristig selbst, wenn man ihn nur lässt. Sicherlich gibt es gute steuerliche Werkzeuge, die etwas fördern und bewegen können, hier muss aber unbedingt gelten: „Weniger ist mehr“. Der eigentliche Schlüssel liegt aus meiner Sicht bei den Instituten und Hochschulen selbst. Hier müssen wir ein Klima der Ausgründung schaffen: Mut machen, unterstützen, motivieren, und das mit einem richtigen Netzwerk, und auch schon in der Ausbildung thematisieren. Das geht nicht von heute auf morgen, es muss wachsen, aber anfangen müssen wir heute!

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview.

 

Zur Person:
Dr. Peter Wolff
ist Geschäftsführer der EnjoyVenture Management GmbH. Die Gesellschaft mit Sitz in Düsseldorf hat Büros in Hannover und Gelsenkirchen. Die Schwerpunkte von Wolff liegen vor allem in den Bereichen IT, Telekommunikation sowie den produktionsorientierten Anwendungen.

Hinweis: Ein Radiointerview mit Dr. Peter Wolff und Dr. Bernd Geiger, Managing General Partner und Gründer von Triangel Venture Capital, zum Thema Spin-offs finden Sie hier als Podcast.