Andere Länder, andere Sitten

 

In der Praxis werden derzeit bereits in frühen Phasen der Unternehmensfinanzierung (i.d.R. ab der Seedfinanzierungsrunde) zunehmend englische – bzw. zweisprachige – Vertragsdokumente verwendet; selbst dann, wenn noch kein ausländischer Gesellschafter an dem Unternehmen beteiligt ist. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Oftmals wird angeführt, die englische Vertragsdokumentation erleichtere späteren ausländischen Investoren den Einstieg und erspare Kosten für Übersetzungen und/oder Neufassungen der Verträge. Auch wenn die Terminologie im Venture Capital erheblich von englischen Begriffen (Anti-Dilution, Liquidation Preference, Vesting etc.) geprägt ist, ist es empfehlenswert, deutsche Rechtsbegriffe in relevanten Passagen der Vertragsdokumentation in Klammern einzufügen und diese als maßbeglich für die Vertragsauslegung zu bestimmen. Dies hilft im Streitfall der Auslegung nach deutschem Recht.

Vollmachten/Beschränkung des § 181 BGB

Beteiligt sich ein ausländischer Investor an einem deutschen Start-up, spielen Vertretungsfragen vielfach eine zentrale Rolle. Sowohl dem Notar, der die Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung beurkundet, als auch dem Handelsregister gegenüber ist die Existenz- und Vertretungsberechtigung bzgl. des ausländischen Investitionsvehikels nachzuweisen. Da viele ausländische Jurisdiktionen oftmals kein dem deutschen Handelsregister vergleichbares Register aufweisen, ist dieser Nachweis bisweilen nicht einfach zu führen. Für amerikanische Gesellschaften kann der Existenznachweis des Investitionsvehikels regelmäßig durch ein Certificate of Good Standing und der Vertretungsnachweis durch ein Secretary’s Certificate geführt werden. Die beizubringenden Dokumente bedürfen stets der notariellen Beglaubigung und müssen ggf. – im Fall amerikanischer Investoren zwingend – zusätzlich noch apostilliert werden. Oftmals wird das Registergericht zudem eine Übersetzung der entsprechenden Dokumente durch einen öffentlich bestellten und beeidigten Übersetzer verlangen. Um eine Verzögerung der Finanzierungsrunde zu vermeiden, sollten die vorgenannten Punkte daher bei deren Planung von Beginn an mit berücksichtigt werden. Sind mehrere ausländische Gesellschaften Partei der Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung sollte im Beurkundungstermin für jedes Vehikel sicherheitshalber ein separater Vertreter auftreten. Häufig ist nämlich unklar, ob die ausländische Jurisdiktion eine mit § 181 BGB (Verbot des Insichgeschäfts und der Mehrfachvertretung) vergleichbare Regelung aufweist.