Verwahrstellenvertrag und Service Level Agreement (SLA)
Im Verwahrstellenvertrag sind die organisatorischen Abläufe sowie Rechte und Pflichten zu regeln. Details hierzu werden im SLA als Anlage zum Verwahrstellenvertrag dokumentiert. Die Kernfrage im Zusammenhang mit der Verwahrstelle lautet daher: Wann müssen welche Informationen und Dokumente in welcher Form vorgelegt werden? Das KAGB selbst macht hierzu keine konkreten Vorgaben, wobei prozessbedingt eine vorgelagerte Prüfung (ex ante) in einigen Bereichen sicherlich angebracht ist.Während beispielsweise beim Anlegerbeitritt grundsätzlich eine Ex-post-Kontrolle ausreicht, ist im Zusammenhang mit der Zeichnung eines neuen Investments in Verbindung mit der Prüfung der Anlagekriterien und der damit verbundenen ersten Kapitalzahlung grundsätzlich eine Freigabe ex ante zu empfehlen. Die nachfolgenden Capital Calls der Zielfonds können regelmäßig zeitnah ex post beurteilt werden. Auch die weiteren laufenden Kontobewegungen – beispielsweise Vereinnahmung und Auskehrung von Ausschüttungen, Zahlung sonstiger Rechnungen des AIF – können in der Regel ex post begutachtet werden. Die Eigentumsverifikation kann dagegen aufgrund der Intention der gesetzlichen Regelung und dem typischen Ablauf einer Transaktion nur ex post erfolgen.
Vollständigkeit oder Stichproben?
Die Verwahrstelle ist nicht verpflichtet, eine Vollprüfung sämtlicher Geschäftsvorfälle des AIF vorzunehmen. Diese ist nur in bestimmten Bereichen, wie beispielsweise der Anlegerprüfung, der Prüfung der Übereinstimmung mit den Anlagekriterien sowie der Verifikation des Eigentums der erworbenen Vermögensgegenstände vorgesehen. Hinsichtlich der überwiegenden laufenden Tätigkeiten der KVG ist jedoch eine stichprobenhafte Prüfung der jeweiligen Transaktionen ausreichend. Somit muss die Intensität der einzelnen Prüfungsbereiche ebenfalls zwingend im SLA definiert werden, auch um etwaige spätere Diskussionen bezüglich des Umfangs der zur Prüfung notwendigen Unterlagen zwischen KVG und Verwahrstelle zu vermeiden.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Verwahrstelle in wesentliche Bereiche der laufenden Geschäftstätigkeit der KVG involviert ist. Um Differenzen hinsichtlich der Auslegung der Rechte und Pflichten sowohl der Verwahrstelle als auch der KVG zu vermeiden, müssen die einzelnen Prozesse im SLA zum jeweiligen Verwahrstellenvertrag hinreichend konkretisiert und abschließend definiert werden. Hierfür und vor allem für die reibungslose Umsetzung während der Laufzeit des AIF ist jedoch eine ausgewiesene Erfahrung der handelnden Personen der Verwahrstelle in der jeweiligen Assetklasse sowie deren spezifischen Strukturen und Prozessen zwingend erforderlich. Ansonsten besteht die Gefahr, den laufenden Geschäftsbetrieb des AIF massiv zu verzögern. Nur sofern diese Expertise auf Ebene der Verwahrstelle gegeben ist, kann diese tatsächlich die Abläufe der KVG, auch im Hinblick auf die interne Risikokontrolle, maßgeblich unterstützen.
Dr. Christoph Ludwig, Steuerberater, ist seit 1998 Partner der Kanzlei BLL Braun Leberfinger Ludwig PartGmbH. Sein Team ist spezialisiert auf die laufende Betreuung nationaler und internationaler Private Equity- und Venture Capital-Fonds sowie die umfassende Betreuung vermögender (Privat-)Personen. Thomas Unger, Wirtschaftsprüfer, ist seit 2014 Partner der Kanzlei BLL Braun Leberfinger Ludwig PartGmbH und spezialisiert auf die laufende Betreuung nationaler und internationaler Private Equity- und Venture Capital-Fonds sowie weiterer alternativer Assetklassen. Zudem ist Unger Geschäftsführer der Private Equity Verwahrstelle GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.