Droht die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitzbeteiligungen?

Denn gerade im Venture Capital-Bereich ist regelmäßig nicht mit Dividendenzahlungen zu rechnen, und eine Erfolgsbeteiligung findet ausschließlich über den Veräußerungsgewinn beim Exit statt. Schlägt nun der Fiskus hier zukünftig stärker zu, steht wohl für viele Investoren der Standort Deutschland auf dem Prüfstand. Gerade Business Angels werden ihr Engagement überdenken müssen, da sie selten als Lead-Investoren agieren und deshalb häufig unterhalb der Streubesitz-Quote liegen dürften.

Zum Hintergrund

Investieren Kapitalgesellschaften (Investoren) in andere Kapitalgesellschaften (Targets), so sind grundsätzlich Veräußerungsgewinne und Dividenden, die der Investor vom Target erhält, beim Investor im Ergebnis zu 95% steuerfrei. Bei einer Beteiligungsquote von weniger als 10% (gemessen jeweils zu Beginn des Kalenderjahrs, außer bei unterjährigen Erwerben von mindestens 10%igen Beteiligungen) erfolgt jedoch eine Besteuerung mit dem vollen Körperschaftsteuersatz (15% zzgl. SolZ) und Gewerbesteuer (7% bis 17,15%, je nach Gemeinde). Bei diesen als Streubesitz bezeichneten Beteiligungen wird also die im Ergebnis 95%ige Steuerbefreiung bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer nicht gewährt. Die Regelung zu Streubesitzdividenden kam erst 2013 ins Gesetz. Veräußerungsgewinne aus Kapitalgesellschaftsbeteiligungen sind derzeit unabhängig von der Beteiligungshöhe auf Ebene der vereinnahmenden Kapitalgesellschaft steuerfrei, wobei 5% als nicht abziehbare Betriebsausgaben gelten. Im Ergebnis sind Veräußerungsgewinne deshalb für die veräußernde Kapitalgesellschaft zu 95% steuerfrei. Die Einführung einer Beteiligungsquote bedeutet für die Gesellschaft eine Steuerhöhung in entsprechender Höhe.

Das Problem

Bei Einführung des Halbeinkünfteverfahrens unter gleichzeitiger Abschaffung des Anrechnungsverfahrens wurde die Steuerfreistellung von Veräußerungsgewinnen und Dividenden bei Schachtelbeteiligungen von Kapitalgesellschaften vom Gesetzgeber als systemimmanent erklärt. Eine Steuererhöhung sollte damit gerade nicht verbunden sein. Diese Systematik hat der Gesetzgeber bereits zweimal aus rein fiskalischen Erwägungen durchbrochen: Bei Einführung der nicht als Werbungskosten abziehbaren 5%-Quote vom Veräußerungsgewinn auch für inländische Gesellschaften und bei Einführung einer Beteiligungsquote von 10% für Streubesitzdividenden. Sollte nun ein weiterer Systembruch hinzukommen, dürfte dies dem Investitionsstandort Deutschland massiv schaden. Deshalb ist nicht zu erwarten, dass die Steuereinnahmen den wirtschaftlichen Schaden ausgleichen werden. Auch benötigt im Vergleich mit anderen Ländern der deutsche Venture Capital-Standort dringend Wachstumsimpulse. Dies hatte auch die Bundesregierung erkannt und sich die Stärkung des Venture Capital-Standorts Deutschland auf die Fahnen und in den Koalitionsvertag geschrieben. Sollte es nun zu einer höheren Besteuerung von Streubesitzveräußerungsgewinnen kommen, ist dies so ziemlich das Gegenteil einer Stärkung des Investitionsstandorts Deutschland. Investitionen beruhen auf Vertrauen, gerade auch in die Steuerpolitik. Lassen Sie uns hoffen, dass die Regierungskoalition sich darauf besinnt.