VC Magazin: Herr Dr. Reichhuber, was hat die Berlin Technologie Holding bewogen, sich an barzahlen.de zu beteiligen?
Reichhuber: Barzahlen.de hat eine einzigartige Lösung im Bereich Fintech entwickelt. Wer im Internet Waren ordert, aber nicht mit dem üblichen Online-Bezahlsystemen bezahlen kann oder will, kann dies offline bei ausgewählten Handelspartnern wie dm, real oder den T-Punkten tun und die Bezahlung mit dem alltäglichen Einkauf verbinden. Das Besondere an der Bezahlmethode ist jedoch, dass die Anwendungsfälle nicht auf das E-Commerce-Segment beschränkt sind, sondern es sehr spannende Einsatzmöglichkeiten in anderen Industrien, wie beispielsweise in der Zahlungsabwicklung von Energieversorgern oder bei Inkassounternehmen gibt. Die Entwicklung mit über 3.400 Akzeptanzstellen ist beeindruckend und barzahlen.de ist jetzt schon unter den Top 5 der „Bankfilialnetze“. Das ist ein rasanter Start, wenn man bedenkt, dass im Bereich Fintech normalerweise in einem Zeitraum von fünf bis acht Jahren gedacht werden sollte.
VC Magazin: Welche Strategie sehen Sie für das Unternehmen?
Reichhuber: Wir sehen barzahlen.de künftig als den klaren Marktführer im deutschsprachigen Raum in diesem Segment. Sicher wird dann der Blick auch in einzelne europäische Länder gehen.
VC Magazin: Welcher Exit ist geplant?
Reichhuber: Wir sind aktive Investoren, investieren unternehmerisch, sind entschiedener und agieren wie Mitunternehmer. Wir sehen uns als aktive Sparringspartner und unterstützen unsere Beteiligungen mit unserem Netzwerk zu Konzernen, dem Handel und der Finanzbranche. Zudem sind wir flexibel in unserer Finanzierungsstrategie. Natürlich spielt das Exit-Szenario eine entscheidende Rolle bei der Investitionsentscheidung. Anders als klassische Fonds unterliegen wir aber keinem Regelkorsett und entscheiden sowohl in zeitlichen als auch strukturellen Fragen flexibel und situativ.
VC Magazin: In welchen Segmenten investiert die Berlin Technologie Holding?
Reichhuber: Hauptsächlich sind das sind die drei Bereiche Fintech, mobile Technologien und B2B- Softwaredienstleistungen. Wir sehen uns dabei nicht als klassischen Frühphasenfinanzierer, sondern beteiligen uns in der Regel mit Summen ab 750.000 EUR bei Unternehmen, die bereits erste Schritte selbstständig gegangen sind. Derzeit sind wir an sechs Unternehmen beteiligt und bauen unser Portfolio stetig aus. Wir investieren nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern nur in spannende Opportunitäten, bei denen wir einen entscheidenden Mehrwert liefern können.
VC Magazin: Welche Entwicklungen sehen sie in dem Bereich Fintech in den kommenden Jahren?
Reichhuber: Innovationen in diesem Bereich sind im Ramp-up oft kostenintensiv und langfristig zu sehen. Wenn man die Szene betrachtet, so tun sich die Big Player trotz ihrer Kapitalstärke mit diesem Thema jedoch schwer, man schaue sich beispielsweise nur Facebook an, wie diese sich sehr vorsichtig dem Thema nähern. Wir denken, dass die größten technologischen Entwicklungen in diesem Bereich von Start-ups kommen, da hier die Freiheitsgrade noch am größten sind. Zeitgleich ist das Potenzial enorm. Die meisten Transaktionen bei den heutigen Finanzdienstleistungen wirken noch sehr altertümlich und ineffizient, und es werden oft zu hohe Gebühren gezahlt. Da wird in den kommenden Jahren noch einiges zu erwarten sein und da wollen wir mit dabei sein. barzahlen.de soll nicht unser letztes Investment in diesem Bereich gewesen sein.
VC Magazin: Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Reichhuber.
Dr. Alexander Reichhuber studierte und promovierte an der Katholischen Universität Eichstätt Ingolstadt, arbeitete acht Jahre bei der Unternehmensberatung A.T.Kearney, war von 2011 bis 2014 Mitgründer und Geschäftsführer des Onlinehändlers kindsstoff.de, bevor er im Mai 2014 als Investment Director zur Berlin Technologie Holding GmbH (www.berlinholding.de) wechselte.
