VC Magazin: Welche aktuellen Herausforderungen sehen Sie für den Fondsstandort Luxemburg? Welche Entwicklung erwarten Sie für die nächsten zwölf bis 24 Monate?
Agnes: Der Fondsstandort Luxemburg hat sich seit seiner Gründung vor 25 Jahren zu einem international bekannten und aktiven Fondsdomizil mit globaler Ausrichtung entwickelt. Historisch gesehen war Luxemburg in erster Linie ein Standort für die OGAW-Fonds, im Englischen UCITS-Fonds – also Publikumsfonds, die vor allem in Bezug auf den Anlegerschutz streng reguliert sind. Diese Fonds haben einen europäischen Pass, mit dem sie innerhalb der EU verkauft werden dürfen. Tatsächlich werden sie inzwischen sogar über Europa hinaus auf der ganzen Welt vertrieben. Seit einiger Zeit engagieren wir uns aber auch stark im alternativen Bereich. Vor zwei Jahren haben wir dies noch als Herausforderung betrachtet, heute sehen wir es als Chance. Die AIFM-Direktive steht auf den gleichen Grundsteinen, auf denen die OGAW-Direktive vor 25 Jahren stand: Mehr Regulierung, im Gegenzug dazu gibt es einen Pass, der den Vertrieb erleichtert und den Anlegerschutz berücksichtigt. Die Expertise, die wir bei OGAW erworben haben, kommt nun auch den Managern alternativer Fonds zugute. Das Bild „Luxemburg ist gleich OGAW“ ändert sich gerade: Alternative Fonds werden nicht nur für uns immer interessanter, sondern auch für die Industrie und die Kunden, die nach Luxemburg kommen. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich das Geschäft der Private Equity- und Venture Capital-Fonds, aber auch der Immobilien- und Hedgefonds derzeit sehr positiv.
VC Magazin: Welches sind aus Ihrer Sicht die dringlichsten Hürden, die die Fondsbranche zu nehmen hat?
Agnes: Wir erleben im Augenblick, dass sich die Herausforderungen, denen sich die Branche gegenübersieht, einmal mehr zu Chancen wandeln. Seit Beginn der Finanzkrise haben wir seitens der Brüsseler Kommission, aber auch auf internationaler Ebene eine Vielzahl von Regulierungen für die Investmentfondsbranche gesehen. Beispielhaft seien hier AIFMD, PRIPs, UCITS 5 und UCITS 6 genannt. Man wollte alles regulieren: Risiko eindämmen, die Investoren schützen – aber die Umsetzung all dieser Regularien kostet natürlich Geld. Jetzt spüren wir jedoch neuen Auftrieb: Wir haben das Gefühl, dass es nicht nur darum geht, Texte umzusetzen. Die Fondsindustrie soll für die Wirtschaft arbeiten, Geld für Unternehmen zur Verfügung stellen und das Geschäft ankurbeln. Das finden wir gut und unterstützenswert – auch wenn es nicht einfach wird. Aber es ist an der Zeit, konkrete Schritte in die Wege zu leiten. Für die reale Wirtschaft zu arbeiten steht weit oben auf dem Programm der Kommission, und hier ist den Investmentfonds eine sehr große Rolle zugedacht.
VC Magazin: International ist Luxemburg gemessen an der Zahl der Assets under Management auf Rang zwei weltweit. Wo würden Sie sich im Bereich der Private Equity- und Venture Capital-Fonds einordnen?
Agnes: Ein Großteil der in Luxemburg verwalteten 3.000 Mrd. EUR gehört zu den OGAW. Ich nehme an, das ist in ganz Europa ähnlich, da diese OGAW-Fonds ein Erfolgsmodell waren. Alternative Fonds sind generell viel kleiner. Erst vor Kurzem haben wir eine Studie in Auftrag gegeben, die unter anderem herausfinden sollte, wo in Europa Private Equity-, Immobilien- und Hedgefonds angesiedelt sind und wie groß das Wachstum an den europäischen Fondsstandorten war. Die Studie, die am 25. und 26. November auf der ALFI-Konferenz vorgestellt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass die Attraktivität der europäischen Onshore-Domizile durch die AIFM-Richtlinie sogar verbessert wurde, nachdem sie anfangs zahlreiche Gegner hatte. Seit 2010 ist die Zahl der alternativen Investmentfonds um 10% gestiegen, und die verwalteten Fondsvermögen wuchsen um 13%. Neben Luxemburg, mit 60% Marktanteil der größte europäische AIF-Standort mit einem Zuwachs von 11%, sticht Irland als zweitgrößtes Domizil mit einem Zuwachs von sogar 58% heraus, hauptsächlich wegen der steigenden Zahl an Hedgefonds. Seit der Einführung haben wir uns stark auf die Belange der Fondsmanager konzentriert, da die Direktive im Gegensatz zur OGAW-Direktive den Schwerpunkt auf die Manager legt. Anfangs ging es um die Frage, wohin sich Manager bewegen, wo sie sich niederlassen. Erst in der zweiten Phase werden wir sehen, wo diese Manager ihre Fonds aufsetzen werden. Mit dem Pass könnte dies schließlich überall sein. Wir genießen im Bereich Private Equity einen guten Ruf, und viele Manager sind hier aktiv, da sie das Umfeld und die vorhandene Infrastruktur schätzen. Schon lange vor der AIFMD hatten wir eine SICAR (Société d’investissement en capital à risque, Anm. der Redaktion) gegründet, eine Firma für Private Equity-Manager mit Vorteilen, die es in anderen Ländern so nicht gibt. In Luxemburg gibt es 285 dieser SICAR, die auf Private Equity- und Venture Capital-Gemeinschaft ausgerichtet sind. Es gab also immer schon Initiativen, um der Eigenkapitalbranche maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Das hat bisher gut funktioniert. Darüber hinaus gibt es neue Social Venture-Fonds, von denen man in Luxemburg viele sieht. Auch wenn sie noch nicht so etabliert sind wie andere Fonds, so haben wir inzwischen doch eine kleine, sehr aktive Gemeinschaft, die dieses Feld aufbaut. Kleine Kompetenznischen in der Private Equity- und Venture Capital-Branche scheinen sich sehr positiv zu entwickeln.