Insbesondere Medienhäuser setzen auf E-Learning
Auch wenn Bildung heute noch immer zum größten Teil an Präsenzschulen vermittelt wird, gewinnt das Internet als Bildungskanal zunehmend an Bedeutung. Insbesondere die etablierten Medienunternehmen, die im digitalen Geschäft neue Erlösquellen erschließen wollen, um die rückläufigen Umsätze im Printbereich zu kompensieren, treten bei den elektronischen Bildungsangeboten als Player auf. „Bereits seit einigen Jahren haben die Medienunternehmen das Segment Bildung fest im Blick“, stellt Andreas von Buchwaldt fest. Er ist Managing Director bei der OC&C Strategy Consultants GmbH und berät Private Equity-Unternehmen unter anderem bei Investitionen im Bildungs- und Medienbereich. Er schätzt den Markt für E-Learning-Angebote in Deutschland auf mittlerweile fast 600 Mio. EUR. Die Internet-Holding der Holtzbrinck Publishing Group hat E-Learning neben den Marktplätzen und dem E-Publishing als eine von drei Säulen identifiziert, auf die sie ihr zukünftiges Wachstum stützen will. Mit der Nachhilfe-Vermittlungsplattform Tutoria, dem Technologieanbieter Patience und dem Lernportal Bettermarks sieht Markus Schunk, Geschäftsführer von Holtzbrinck Digital, erste gute Ansätze. Er erwartet für den digitalen Bildungsmarkt ein signifikantes Wachstum: „Der Bildungsbereich, insbesondere in Mitteleuropa, ist völlig unterdigitalisiert.“ Während in den Medien insgesamt heute rund 30% der Umsätze mit digitalen Inhalten erzielt werden, beziffert Schunk deren Anteil bei der Bildung auf gerade einmal knapp drei Prozent.
Amerika (wieder einmal) als Vorreiter
Nachholbedarf im Bereich der Bildungstechnologie sieht auch Mischa Wetzel, Prokurist der IBB Beteiligungsgesellschaft. „Während sich in den USA das ‚Edtech’-Segment äußerst dynamisch entwickelt und eine Vielzahl von großen Venture Capital-Investments und viel beachteten IPOs hervorgebracht hat, stellt sich die Marktsituation in Deutschland noch etwas anders dar“, bemängelt er. Einen Hauptgrund hierfür sieht er im deutschen Bildungssystem: Schulen und Universitäten seien größtenteils in öffentlicher Hand und damit für Start-ups bei Weitem nicht so zugänglich wie in den USA. Die IBB hält im Bildungssektor derzeit Beteiligungen an Sofatutor, einem videobasierten Online-Lernangebot, am Fremdsprachen-Lernsystem Babbel, am Smartphone-Portal Blinkist sowie an Wummelkiste, einem Versender von Spielprojekten. „Wir beobachten den Bildungsmarkt und das Start-up-Geschehen sehr genau und werden auch weitere Investments in diesem Segment eingehen“, ist sich Wetzel sicher. Viele große Bildungskonzerne seien strukturell vom Umbruch durch die Digitalisierung überfordert – das eröffne Marktlücken und Chancen für agile Start-ups.
Fazit
Bernhard Peters von Educationpartner sieht den Druck auf die staatlichen Bildungseinrichtungen durch private Anbieter in Zukunft wachsen. Während sich die Zahl der in Bachelor- und Masterstudiengängen an staatlichen Hochschulen eingeschriebenen Studenten in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren von knapp zwei auf 2,5 Millionen erhöht hat, verdoppelte sie sich im gleichen Zeitraum an den privaten Hochschulen auf 140.000. „Die staatlichen Hochschulen müssen kämpfen“, so Peters, „und das ist gut für den Wettbewerb.“ Allerdings sieht er in den klassischen Bildungsbereichen – anders als beim E-Learning – kaum Einsatzmöglichkeiten für Venture Capital. Investitionen erfolgen hier fast ausschließlich in etablierte Einrichtungen. Auch Auctus-Manager Buddemeier sieht nur Unternehmen als Investitionsobjekte, die bereits Gewinne erzielen. Für Auctus ist Bildung zwar ein wichtiges Geschäftsfeld, allerdings ist die Beteiligungsgesellschaft auch in Unternehmen in den Branchen Logistik, Gesundheitswesen, Business Services und Industrie mit insgesamt mehr als 1 Mrd. EUR Umsatz engagiert. Weitere Investitionen im Bildungsbereich werden jedoch in Zukunft auf jeden Fall beabsichtigt, wobei für Buddemeier neben Hochschulen, beruflicher Weiterbildung und Kinderbetreuung auch zunehmend Beteiligungen im Bereich E-Learning und Tutoring in den Fokus rücken.