VC Magazin: Warum funktioniert der Markt nun besser?
Litzka: Die aws schafft Transparenz – die Grundlage jedes Marktes. Für den Investor ist der i2 Dealflow und die Vorselektion eine große Stütze, um überhaupt Projekte in ihre engere Auswahl einbeziehen zu können. Und für das Start-up bedeutet es, dass sie rascher die richtigen Kontakte finden. Natürlich kann jeder Gründer selbst Investoren suchen, und das tun sie auch. Aber bei der aws finden sie eben sehr einfach und rasch einen ausgewählten Kreis an Business Angels, die wir alle persönlich kennen und beobachten. Alle unsere Mitglieder unterliegen einem Code of Conduct bzw. den aws-Geschäftsbedingungen. Diskretion, Seriosität und klare Kommunikation zwischen allen Beteiligten sind bei uns Voraussetzung und Basis, um überhaupt in diesem Markt agieren zu können. Wer sich nicht an die Regeln hält wird rasch in der Szene als solcher erkannt. Ohne Vertrauen ist auch hier keine Vermittlung zu machen.
VC Magazin: Welche Projekte werden bei i2 Business Angels ausgewählt und angeboten?
Litzka: Ein geschichtsloses Unternehmen einzuschätzen, ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Die aws hat aber genau hier langjährige, facheinschlägige Expertise und tiefe Markteinblicke gerade bei neuen Technologien. Wir decken geschätzte 80% der gesamten österreichischen Technologie- und Innovationsszene im Gründungsbereich ab. Das heißt, so gut wie jedes halbwegs innovative Unternehmen schlägt irgendwann mal bei uns auf – sei es um öffentliche Förderungen zu beantragen, aws Services zu nutzen oder direkte, marktkonforme Beteiligungen durch den aws Gründerfonds oder aws Mittelstandsfonds zu bekommen. Aus diesem erstklassigen Marktzugang sowie der guten Abdeckung aller erforderlichen Wissensbereiche im eigenen Haus sind wir sehr gut positioniert. Wir können von der Analyse der Forschungsfrage über Patentrecherchen, Marktanalysen und Technologieratings alle Methoden ziehen, um die schwierige Einschätzung nach dem Erfolgspotenzial treffen zu können. Aber Vorsicht: Die Einschätzung eines künftigen Erfolgspotenzials ist noch keine Antwort darauf, ob das Projekt künftig scheitern oder erfolgreich wird. Gerade ein frisch vermittelter Business Angel kann durch seine persönliche Mitwirkung im Gründerteam und seine Geschäftskontakte sowie seine Erfahrung massiven Einfluss auf die künftige Entwicklung von Start-ups ausüben – im Guten wie im Schlechten!
VC Magazin: Und wie schätzen Sie die Erfolgspotenziale vermittelter Start-ups ein?
Litzka: Wir orientieren uns natürlich an etablierten betriebswirtschaftlichen Methoden. Aber je nach Branche gibt es sehr unterschiedliche Aspekte, die relevant erscheinen. Eine mobile App hat andere kritische Erfolgsfaktoren als ein Life Sciences-Vorhaben. An erster Stelle steht immer die Frage: Gibt es überhaupt ein Kunden- oder Anwenderproblem, das gelöst werden soll? Manche Start-ups lösen Probleme, die schon längst gelöst sind – sie bemerken das nur zu spät. Außerdem ist es wichtig, ob eine theoretische Lösung oder ein Prototyp dann in der Praxis machbar und effizient produzierbar ist. Wir scheuen da nicht den persönlichen Kontakt, fahren auch mal raus und schauen uns vor Ort einen Prototypen an. Bei uns zählen schließlich objektivierbare Fakten und fundierte Annahmen, denn ohne Prämissen ist jede Prognose wertlos. Das Ganze ist schließlich kein Ratespiel, es geht nicht um Träume, sondern um das Überleben und den Erfolg gegenüber dem Wettbewerb. Und deshalb muss das Projekt bei uns auch nicht schön aussehen, also nicht durch eine nette Präsentation toll zurechtgeschminkt sein. Wenn zum Beispiel der Gründer ein Techniker ist, aber kein versierter Präsentator oder Verkäufer, kann die Technologie und das unternehmerische Vorhaben trotzdem Potenzial haben. Das muss man erkennen können und sich nicht vom Schein ablenken lassen. Show Business und Marketing sind erst dann so richtig gefragt, wenn’s um den Endkunden geht.
VC Magazin: Wie stark ist die Business Angel-Szene in Österreich?
Litzka: Nachvollziehbare Zahlen gibt es nur zu unseren registrierten Mitgliedern. Im Moment sind das rund 240 i2 Business Angels und noch mal rund 100 Personen in diversen anderen kleineren Netzwerken. Alleine aus dem i2 Pool, dem aws Gründerfonds und Mittelstandsfonds sowie uns bekannten Akteuren ergibt sich zwar ein theoretisch verfügbares Beteiligungsvolumen von über 200 Mio. EUR, aber das ist alles noch sehr bescheiden im Vergleich zum potenziellen Gesamtbedarf an Wagniskapital in Österreich. Beachten müssen wir auch, dass nur ein Bruchteil des potenziell verfügbaren Kapitals tatsächlich in Frühphaseninvestments fließt. Die aws ist hier sicher Vorreiter, aber letztlich ist die Investorenszene – bis auf wenige prominente Ausnahmen – noch immer recht zurückhaltend. Fazit ist: Mehr Bereitschaft zum Risiko ist auch bei Investoren erforderlich, um Start-ups zu pushen, denn sonst bleiben die wenigen österreichischen High Flyer von morgen noch heute auf der Strecke.