VC Magazin: Verbrannte Finger gelten als gute Lehrmeister. Aus welchen schmerzhaften Erfahrungen konntest Du besonders viel lernen?
Pfütze: Die Gründung einer deutschen GmbH war lehrreich und die Kapitalknappheit für Start-ups hierzulande zu spüren. Ich sehe allerorts gute Ideen, die einfach enorm unterkapitalisiert sind und somit nie im US-Markt oder dergleichen konkurrieren bzw. Bestand haben können. Für mich stellt sich die Frage, ob es an den steuerlich/rechtlichen Rahmenbedingungen scheitert, d.h. Gründung einer Ltd./Delaware C-Corp anstelle einer GmbH als Muttergesellschaft. Indiz hierfür wären Soundcloud ltd bzw. Researchgate mit der Delaware Corp. als Mutter. Oder fehlt Deutschland einfach der oder die Fonds, die 1 Mrd. EUR und mehr verwalten und klassische Risikodiversifizierung betreiben. 10% in High Risk- und Early-Stage Investments würden dem Start-up-Markt in Deutschland sicherlich gut tun und langfristig Arbeitsplätze schaffen.
VC Magazin: Was sind aus Deiner Sicht bei den Rahmenbedingungen hierzulande der größte Pluspunkt und das größte Manko für junge Unternehmen?
Pfütze: Wie erwähnt stehe ich den Rahmenbedingungen sehr kritisch gegenüber und sehe sehr große Probleme bei der Allokation von Kapital. Meiner Meinung nach herrscht in Deutschland (momentan) eine ungünstige Verteilung von Kapital auf die verschiedenen Investment-Risikoklassen. Man stützt sich zu sehr auf den vermeintlich starken, sicheren und Export-starken Mittelstand. In den USA hingegen wird bereits diskutiert, was Arbeitnehmer wohl machen werden, wenn sie als Arbeitskraft in naher Zukunft von Robotern ersetzt werden. Da bedarf es neuer Geschäfts- und Beschäftigungsmodelle. Tesla hätte beispielsweise sicherlich nicht in Deutschland entstehen können. Es findet jedoch in meiner Generation ein Wandeln statt und Entrepreneurship wird bzw. ist sexy. Wann sind es auch die restlichen Rahmenbedingungen in Deutschland? Die oft diskutierte und gern angeführte Kultur des Scheiterns finde ich persönlich nicht wirklich ausschlaggebend. Erfolg impliziert ja mehr oder weniger Scheitern und da braucht es in meinen Augen einfach mehr Gründer, die auch gescheitert weiter machen und erneut gründen, wie Elon Musk und andere auch. Das Gesetz der großen Zahl wird sicherlich Recht behalten.
VC Magazin: Gibt es (Internet-)Unternehmer, die Du als Vorbilder oder Idole siehst?
Pfütze: Sicherlich sind Biografien und Lebenswege von Größen wie Steve Jobs, Richard Branson spannend, ermutigend, lehrreich. Idole würde ich diese sicherlich nicht nennen. Jeder (Lebens-)Weg ist verschieden und zum (Unternehmens-)Erfolg bedarf es sicherlich harter Arbeit und auch ein wenig Glück.
VC Magazin: Welche drei bis fünf Apps für Smartphones sind die wichtigsten Helferlein in Deinem Alltag?
Pfütze:Google Apps for Business – Mail, Drive etc. einfach enorm simple und hilfreich. In Kombination mit einer Verschlüsselung auch noch relativ sicher. MiCal als Kalender und die Telefon-Funktion nutze ich auf meinem Smartphone für dringende und wichtige Dinge auch ganz gerne, asana für To Do’s.
VC Magazin: Wie sehen die mittelfristigen Planungen für Dein Start-up und Deine unternehmerische Zukunft aus?
Pfütze: Zunächst fokussieren wir den Abschluss unserer momentanen Finanzierungsrunde, um mit entsprechenden Ressourcen auch Projekte, für die teilweise schon LOI’s gezeichnet wurden erfolgreich und professionell umsetzen zu können. Dabei geht es um White Label Lösungen im Bereich Peer-to-Peer Payments für Banken und den ÖPNV, sowie für Telekommunikationsunternehmen. Wir sind in Österreich präsent und natürlich im Deutschen Markt. Mit ersten erfolgreich umgesetzten Projekten in diesen Märkten starten wir dann die weitere Internationalisierung für unsere B2B-Lösungen und Produkte im Bereich mobile Payment. Dann planen wir zunächst, u.a. aufgrund unserer SEPA-fähigen Lösung weiter innerhalb der EU zu expandieren. Da der Zahlungsverkehr international bzw. außerhalb Europas sehr heterogen und im Wandel begriffen ist, muss die weiterführende Expansion auf die wichtigsten Märkte wie z.B. USA oder China, spezifisch abgestimmt werden. Dies erfolgt wenn wir die oben genannten Meilensteine bei der Internationalisierung erfolgreich genommen haben. Und ja, es gibt bereits Anfragen zu Mehrheitsübernahmen. Diese sind allerdings momentan nur bedingt interessant für uns. Mobile Payment ist de facto im deutschen Markt noch nicht vorhanden. Es gibt in Deutschland eine große Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung gegenüber Mobile Payment und tatsächlich funktionierenden Angeboten im Markt. Gefühlt ist Mobile Payment bereits überall. Tatsächlich nutzt aber kaum jemand im Alltag eines dieser Angebote. Diese fehlende Nachfrage erzeugt auch bei Geschäftskunden Zurückhaltung bei der Einführung neuer Mobile Payment Lösungen. Insofern begrüßen wir beispielsweise die Entscheidung von Apple mit dem Dienst Apple Pay Mobile Payment in den USA weiter zu verbreiten. Das schafft auch in Deutschland eine erhöhte Aufmerksamkeit im Handel – auch wenn die Lösung von Apple derzeit nicht für den Deutschen Markt geeignet ist. Für Paymey ist dies eine große Chance sich in die Diskussion einzubringen und geeignete Mobile Payment Lösungen anzubieten.
Tobias Pfütze studierte von 2007 bis 2011 East Asian Studies mit dem Schwerpunkt Betriebswirtschaftslehre. Während seines Studiums an der Elite-Universität Tübingen absolvierte er Auslandssemester an der Peking Universität und Tongji Universität in Shanghai. Neben dem Studium engagierte er sich bereits bei einer Studentischen Unternehmensberatung und leitete hier u.a. das Competence Center „Banking&Finance“. Tobias war außerdem politisch bei Simulationen der Vereinten Nationen in Peking, Genf und New York aktiv. Tobias geht mit der Gründung von Paymey seiner Leidenschaft für Banken- und Finanzsysteme nach und bringt zusätzliche Erfahrung, die er u.a. als Projektkoordinator und Entrepreneur in Residence nach seinem Studium gesammelt hat, bei Paymey ein.