VC Magazin: Wie können Plattformen Unternehmen dabei unterstützen, fit für die Crowd zu werden?
Fricke: Die Öffentlichkeit bietet einen Wert für das Unternehmen. Hier gibt es viel Aufklärungsarbeit zu leisten, und jede Plattform hat ihre eigenen Ansätze gefunden. Im Endeffekt kann man anhand der Plattformen sehen, wer hier gute Arbeit macht und wo sich die Kampagnen gut entwickeln. Es gibt in Deutschland um die 35 Plattformen, von denen meiner Einschätzung nach fünf bis sechs wirklich ernst zu nehmen sind und die kontinuierlich Projekte haben, die finanziert werden. Dieser Funnel hängt mit dem hohen vertrieblichen Aufwand zusammen, der für die Plattform, aber auch für die Kampagne notwendig ist. Eine Venture Capital-Finanzierung ist für ein Unternehmen ein unglaublicher Aufwand, da die Interaktion mit drei bis fünf Gesellschaften extrem intensiv ist. In der Crowd-Kampagne ist es umgekehrt: Hier gibt es weniger intensive Einzelinteraktionen, man muss allerdings kontinuierlich Präsenz zeigen. Auch das ist mit Aufwand verbunden.
VC Magazin: Welche Abstriche muss ein Crowdinvestor gegenüber einem klassischen Business Angel oder Venture Capitalisten bei den Punkten Transparenz und Due Diligence machen?
Fricke: Das muss keiner der Investoren. Es wird ein standardisierter Businessplan mit einem Ziel- und Basisszenario an Finanzplanung veröffentlicht. Die Plattform screent bezüglich rechtlicher Inhalte. Alle Themen, die wir als Investoren sehen wollen, müssen im Businessplan enthalten sein. Überdies hat jeder interessierte Investor die Möglichkeit, das Unternehmen telefonisch, schriftlich oder persönlich zu kontaktieren, um Fragen zu klären. Das Unternehmen bietet im Rahmen der Kampagne Veranstaltungen und Webinare an, um alles zu klären. Manche Investoren nehmen das nicht wahr. Aber eine bewusste Informationseinschränkung oder ein Akzeptieren, dass man weniger Informationen hat oder auch nicht alle bekommt, gibt es nicht.
VC Magazin: Wie groß kann der Crowdinvesting-Markt in Deutschland Ihrer Meinung nach werden? Sowohl bezüglich Volumen als auch der Anzahl der Crowd-Investoren.
Fricke: Die Anzahl der Investoren hängt vermutlich vom Ausgang der Regulierung ab. Sollte sich die Regulierung auf das Marktverhalten nicht auswirken, erwarte ich, dass Crowdinvesting neben Venture Capital und der typischen Bankenfinanzierung ein weiterer wichtiger Finanzierungsbaustein für kleine Unternehmen wird. Aufgrund des Umfelds ist es nicht zu erwarten, dass die Banken sich in den nächsten zwei bis vier Jahren maßgeblich anders verhalten werden. Aus meiner Sicht wird das Umfeld der europäischen Venture Capital-Szene langsam besser, bis sich dies aber auf das Fundraising derart auswirkt, dass wir spürbar steigende Fondsvolumen haben und nicht weiter konsolidieren, wird es noch zwei bis fünf Jahre dauern. In dieser Zeit wird der Wunsch nach alternativen Finanzierungsformen nachdrücklich sein. Wir haben eine stark wachsende Start-up-Szene, engagierte Unternehmer, und immer mehr Entrepreneure im zweiten bis dritten Anlauf. Diese suchen alle nach Kapital und ich glaube, dass Crowdinvesting seine Rolle finden und ein wichtiger Bestandteil werden wird. Die Venture Capital-Gesellschaften werden auch zuversichtlicher und beginnen, über Beteiligungen an teils crowdfinanzierten Unternehmen nachzudenken. Das hat auch damit zu tun, dass es nun Strukturen gibt, die darauf ausgerichtet sind, mit Venture Capital-Gesellschaften und Business Angels zu co-investieren.