VC Magazin: Gibt es für die Größe der einzelnen Verticals eine Begrenzung?
Raab: The sky is the limit (lacht). Bei jedem Vertikal sehen wir ein Umsatzpotenzial von mindestens 100 Mio. EUR im Jahr. Zwar nicht von heute auf morgen, aber das Potenzial dazu muss gegeben sein. Sonst hat das aufgrund der Größe des Konzerns eine zu geringe Relevanz für uns.
VC Magazin: Gibt es eine Obergrenze bei Volumen Ihrer Investments?
Raab: Wir beobachten den Markt sehr genau und prüfen, was zu uns passt. Natürlich wollen wir expandieren, allerdings nur, wenn die Bewertung stimmt. Wir setzen eher darauf, kleinere Firmen zu einem guten Preis zu akquirieren, denen wir mit TV-Werbung zu weiterem Wachstum verhelfen können. Künftige Zukäufe können potenziell auch etwas größer werden. Wir trauen uns zu, Investments in einer Größenordnung zu tätigen, die wir bisher nicht gemacht haben, weil wir auf unsere bisherigen Erfahrungen bauen können. 7Travel ist ein gestandener Reiseanbieter und einer der größten in Deutschland. Der Portfolio-Aufbau hat viele Benchmarks mit sich gebracht. Wichtig sind uns – unabhängig von der Größe – die Synergiehebel, die ein Investment bietet. Nur darüber werden wir zu einem „best owner“ für ein Geschäft.
van Delden: Das gesamte Volumen, das wir inklusive 7Travel in das strategische Portfolio investiert haben, liegt im dreistelligen Millionenbereich. Das zeigt die Richtung der Entwicklungen. Das Portfolio entwickelt sich sehr gut. Gute Voraussetzungen also, den nächstgrößeren Schritt zu machen.
VC Magazin: Wie heben Sie die Synergien, wenn die Unternehmen geografisch verstreut sind?
Raab: Wir haben eine große Investmentkompetenz, mittlerweile aber auch sehr operative Teammitglieder, die viel analytische Erfahrung mitbringen. Diese sind auch dafür verantwortlich, den Austausch zwischen den Assets zu finden und zu stimulieren. Hier sehen wir uns und unsere Partner-Unternehmen als ein Team. Wir kommunizieren gut und regelmäßig miteinander, sodass beide Seiten voneinander lernen und sich weiterentwickeln können. Wir treten als Einheit auf und wollen keinen Wasserkopf, indem wir alle nach München holen.
van Delden: Im Fokus steht die Weitergabe von Know-how, nicht die Zentralisierung von Funktionen. Bei 7Travel haben wir sogar einen kleinen Tech-Hub mit Development-Kapazitäten und einem CTO gegründet. Man muss fallweise sehen, was zu welchen Unternehmen passt. Wenn man 10 Mio. EUR oder 20 Mio. EUR Umsatz macht und sich in einem wettbewerbsintensiven Bereich befindet, kann man sich nicht für jedes Kompetenzfeld einen Experten leisten. Da hilft die Holding, weil sie Experten hat, auf die die einzelnen Unternehmen zugreifen können.
Raab: Das ist eine tolle Möglichkeit für die Ventures. Zudem helfen wir ihnen auch bei der Mitarbeiterbindung. Die Mitarbeiter entwickeln sich ganz anders weiter, haben andere Schulungs- und Coaching-Möglichkeiten. Das Feedback ist unglaublich positiv, und wir sind hier noch längst nicht am Ende angelangt.
van Delden: Das ist im Endeffekt auch für unsere Leute spannend, da das reine Investing auf Dauer repetitiv ist. Umgekehrt wollen die Mitarbeiter der Unternehmen gerne mal über den Tellerrand blicken und andere Firmen oder Geschäftsmodelle sehen. Da hat man bei uns einen sehr interessanten Sweet Spot: Ein Portfolio von Gesellschaften mit unterschiedlichen Fragestellungen, die man aber miteinander vergleichen kann, und nicht eine reine „Deal-Maschinerie“. Man geht mit den Unternehmen tief in einzelne Funktionalitäten.
VC Magazin: Es gibt eine Reihe weiterer Medienhäuser, die strategische Beteiligungen mit Jungunternehmen eingehen. Wie schätzen Sie den Markt ein?
van Delden: Bei den strategischen Beteiligungen tummeln sich viele. Jeder ist mit dem Thema Digitalisierung und Diversifikation befasst. Dementsprechend gibt es grundsätzlich einen hohen Wettbewerb um einzelne Unternehmen. Allerdings gibt es aus unserer Sicht heute nur uns als Investor mit dieser Art von Wertschöpfungshebeln. Diese bestehen zum einen aus der Media und zum anderen aus der Wachstumsplattform, die wir bereitstellen. Das ist heute einzigartig. Geht man etwa zu einem Verlag, so hat dieser sicher nicht die gleiche Wachstumsinfrastruktur. Aufgrund der kleinen Investmentteams sind weniger Experten an Bord, und es gibt auch nicht die Reichweite, die gut ins Digitale konvertiert. Das unterscheidet uns, und diesen Vorteil wollen wir nutzen.
VC Magazin: Herr van Delden, Herr Raab, vielen Dank für das Interview.
Claas van Delden ist Geschäftsführer von 7Commerce. Er ist seit 2012 im Digitalgeschäft von ProSieben und war als Geschäftsführer der SevenVentures zunächst zuständig für den Aufbau des strategischen Digital Commerce-Portfolios. Vor seinem Engagement bei dem Beteiligungsarm von ProSiebenSat.1 war van Delden unter anderem bei Holtzbrinck Digital und der Boston Consulting Group tätig. Daniel Raab ist ebenfalls Geschäftsführer von 7Commerce. Er ist seit November 2013 bei ProSiebenSat.1 und seit April 2014 als Geschäftsführer des Venture-Armes SevenVentures tätig. Vor seinem Eintritt war Raab in verschiedenen Führungspositionen bei Amazon in Deutschland und in den USA tätig.