Treiber dieser Entwicklung waren nicht etwa Großtransaktionen, über die breit in den Medien berichtet wurde, sondern der deutsche Mittelstand. Dem geht es unverändert hervorragend. In solchen Situationen verkauft man doch nicht, sondern freut sich an den guten Gewinnen? Was soll der Verkäufer denn auch mit dem Erlös aus dem Verkauf anfangen bei den niedrigen Zinsen? Und ohnehin werden Nachfolgeregelungen im deutschen Mittelstand doch gerne verschoben – auf übermorgen.
Nein, alles falsch – die Transaktionsstatistik spricht eine klare Sprache: 1.227 deutsche Unternehmen wechselten 2014 mehrheitlich den Eigentümer. Diese Zahl liegt 31% über dem Durchschnitt der Jahre 2003 bis 2013. Inhaber deutscher Familienunternehmen haben also die „Gunst der Stunde“ genutzt und tatsächlich verkauft. Sie konnten auch kein besseres Zeitfenster finden. Nicht selten erreichten die Bewertungen selbst kleiner und mittlerer Unternehmen das Achtfache bis über Zehnfache des operativen Gewinns (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen – EBITDA), wenn gutes Wachstum gegeben war. Ursache für die langjährigen Höchstpreise sind die im Überfluss vorhandene Liquidität bei Unternehmen und Private Equity-Fonds, die attraktive Anlagen sucht, und die exzellenten Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmensakquisitionen bei Banken und Debt-Fonds bei niedrigsten Zinsen. Vereinfacht gesagt ist ein hoher Bewertungsmultiplikator der Kehrwert des niedrigen Zinses.
Nun, was waren das für Transaktionen? In der überwiegenden Mehrheit der Fälle wurde an strategische Erwerber im In- und Ausland verkauft. Es gab aber auch einen Anstieg von Transaktionen mit Finanzinvestoren (von 307 auf 394 Deals). Die Steigerung hängt damit zusammen, dass Private Equity-Investoren, animiert durch die hervorragenden Bedingungen eines Verkäufermarktes, mit einer Veräußerung an einen Strategen oder Finanzinvestoren den Ausstieg (Exit) gesucht haben. Es fällt aber auch auf, dass Nachfolgeregelungen mit Management Buyouts deutlich häufiger realisiert wurden.
Generell lässt sich feststellen, dass deutsche Mittelständler das emotionale Thema der Nachfolgeregelung im aktuellen Marktumfeld aktiver angegangen sind. Damit haben sie an ihrer vermeintlich einzigen Schwäche, nämlich nicht loslassen zu können, rational gearbeitet und diese vermindert. Verkauft wurde, weil es aus Sicht des Unternehmens und/oder des Marktes Sinn machte. Allen denjenigen, die 2014 verpasst haben, sei hier gesagt: Glück gehabt, Sie sind nicht zu spät. Es hat sich nämlich (noch) nichts geändert. Der Markt sucht unverändert sehr stark nach attraktiven Zielunternehmen. Aber jedes Fenster schließt sich, wenn es zu sehr zieht. Einige Private Equity-Investoren sind aufgrund der unverändert sehr strammen Bewertungen bereits zögerlich bei Neuengagements. Da hilft es, dass ausländische Investoren Deutschland weiter im Fokus haben. Für den Unternehmensverkauf gilt also weiterhin: Wann, wenn nicht jetzt?