VC Magazin: Sie haben Ende 2014 angekündigt, dass die KfW wieder als Investor in Venture Capital-Fonds bereitsteht. Wie ist die Resonanz aus der Branche, wie viele Fondsprospekte liegen inzwischen vor?
Deißner: Die KfW als Investor in Venture Capital-Fonds findet im Markt eine sehr positive Resonanz. Seit Ende vergangenen Jahres haben wir eine Vielzahl von Gesprächen mit Fonds geführt. In der ersten Zeit sind wir selbst auf die Fondsmanager zugegangen; in den letzten Wochen suchen die Fondsmanager aber in verstärkten Umfang direkt den Kontakt zu uns. Eine sehr erfreuliche Resonanz, in der sich die Aufbruchsstimmung des Marktes widerspiegelt. Unser neues Programm ERP Venture Capital Fonds-Investments richtet sich an deutsche Fonds und an Fonds mit Sitz in Europa, die einen besonderen Investitionsfokus in Deutschland haben. Mit unseren Investments streben wir eine ausgeglichene Risikostruktur über alle Phasen und Technologiefelder im Venture Capital-Segment an. Derzeit genießen in der Öffentlichkeit Fonds mit Schwerpunkt E-Commerce und IT besondere Aufmerksamkeit. Für uns als Förderbank haben aber auch insbesondere Fonds mit Fokus auf beispielsweise Biotech, Life Sciences, Medtech oder Cleantech einen hohen Stellenwert, also Fonds, von denen für den Technogiestandort Deutschland wichtige Impulse ausgehen.
VC Magazin: Gibt es Stand heute schon eine erste Zusage gegenüber einem Venture Capital-Fonds?
Deißner: Ja, wir freuen uns sehr, dass wir Ende April unser erstes Investment an dem dritten Fonds der Life Sciences-Venture Capital-Gesellschaft Forbion eingehen konnten. Der in den Niederlanden ansässige Fonds mit Büro in München investiert europaweit und sieht in Deutschland hervorragende Investitionsmöglichkeiten in allen Sektoren der Life Sciences-Industrie. Ein guter Aufschlag für unser zukünftiges Fondsgeschäft, der zeigt, worum es uns geht: In der Zusammenarbeit mit privaten Investoren und qualifizierten Fondsteams möchten wir Start-ups in Deutschland fördern und voranbringen, die die Hochtechnologie für die Welt von morgen entwickeln. Mit unserem Engagement tragen wir dazu bei, dass die technischen Lösungen und Produkte für die Herausforderungen der Zukunft für die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft entwickelt und hergestellt werden können. Derzeit befinden wir uns mit weiteren Fonds in fortgeschrittenen Gesprächen. Wir werden unser Portfolio nun sukzessive und nach sorgfältiger Due Diligence der einzelnen Fondskonzepte aus- und aufbauen.
VC Magazin: Für den ERP-Startfonds hatten Sie zeitgleich strukturelle Veränderungen und eine neue Gesellschaft zur Optimierung der Prozesse angekündigt. Wie weit sind die Pläne fortgeschritten?
Deißner: Die Etablierung unseres Innovations Co-Investitionsfonds, kurz ICF, macht gute Fortschritte. In enger Abstimmung mit dem BMWi laufen die vorbereitenden Arbeiten für diesen externen öffentlichen Co-Investitonsfonds, der voraussichtlich im 4. Quartal seine Geschäfte aufnehmen wird. In Zukunft wird damit der derzeitige ERP-Startfonds in einer eigenständigen Gesellschaft mit Venture Capital-gerechten und marktnahen Strukturen getätigt: Der ICF wird gemeinsam mit privaten Lead-Investoren sich mit Venture Capital an Technologiegründungen bzw. jungen Technologieunternehmen beteiligen.
VC Magazin: Mit Family Offices, Corporates, ausländischen Fonds, Stiftungen, der Crowd und neuen einer neuen Business Angels-Generation wurde die Investorenszene in den letzten Jahre signifikant bevölkert. Auch ein Ergebnis Ihrer Initiativen?
Deißner: Neben dem ERP-Startfonds war die KfW mit vielen weiteren Aktivitäten immer am Markt präsent und hat damit auch in schwierigen Zeiten als verlässlicher Partner die Marktentwicklung unterstützt. Wir sind nach dem Bund der größte Investor im High-Tech Gründerfonds und haben damit dazu beigetragen, dass in diesem Segment derzeit ein attraktives Kapitalangebot besteht. Unsere Rolle sehen wir aber nicht nur als Venture Capital-Finanzierer, sondern auch als Marktentwickler und als Kommunikator zwischen jungen Unternehmern und Investoren. So unterstützen wir Businessplan-Wettbewerbe im ganzen Bundesgebiet. Gemeinsam mit der Deutschen Börse ist die KfW Mitveranstalter des Deutschen Eigenkapitalforums, um jungen Unternehme und Investoren für Beteiligungskapital eine Plattform zu bieten. Als kontinuierlicher Förderer von Netzwerken haben wir somit sicherlich auch zur Belebung der Investorenszene mit beigetragen.
VC Magazin: Als Förderbank springt die KfW grundsätzlich dort eine, wo sich eine Lücke zwischen dem Engagement privater Kräfte und dem volkswirtschaftlichem Optimum auftut. Wo sehen Sie im aktuell „Start-up freundlichen Markt“ den größten Bedarf?
Deißner: Eine große Angebotslücke – also einen hohen Bedarf an Kapital – sehen wir bei Anschlussfinanzierungen. Diese Lücke ist besonders ausgeprägt in der Start-up-Phase: Bei der ersten Anschlussfinanzierung nach der Seed-Finanzierung fehlt es an Kapital. Ebenfalls einen hohen Kapitalbedarf sehen wir in der Wachstumsphase, wenn es darum geht, die Produkte am Markt zu platzieren. Insbesondere kapitalintensive Technologien (z.B. Cleantech, Life Sciences, Medtech), aber auch E-Commerce-Plattformen und andere digitale Start-ups benötigen dringend mehr Wachstumskapital. Gerade hier setzen wir mit unseren neuen Fondsinvestments an: Gemeinsam mit dem BMWi werden wir mit unseren ERP-Venture Capital-Fondsinvestments über die nächsten fünf Jahre bis zu 400 Mio. EUR an Wagniskapital zur Verfügung stellen und damit rd. 2 Mrd. EUR Kapital für den Venture Capital-Markt mobilisieren und damit einen wesentlichen Beitrag zum Schließen der Lücke leisten.
VC Magazin: Herr Deißner, vielen Dank für das Interview.
Albrecht Deißner ist Direktor Beteiligungsfinanzierung bei der KfW. Die KfW fördert Unternehmensgründer mit einer Reihe von Programmen und investiert aus dem ERP-Startfonds nach dem Paripassu-Prinzip zusammen mit privaten Co-Investoren in Start-ups.