Große Potenziale, große Herausforderungen

Allein in Deutschland gelten rund 20% des Autobahnnetzes und 40% der Brücken als sanierungsbedürftig. Über 1.000 Eisenbahnbrücken in Deutschland sind älter als 100 Jahre. Für die nächsten zehn Jahre rechnen Experten mit einem Investitionsbedarf in die deutsche Straßeninfrastruktur in Höhe von ca. 160 Mrd. EUR. Der Bedarf für den Ausbau des Kommunikations- und Stromnetzes wird mit jeweils etwa 40 Mrd. EUR veranschlagt. Rund ein Viertel aller Unternehmen in Deutschland ist durch die schlechte Straßeninfrastruktur betroffen, wie eine Studie der Berliner Steinbeis-Hochschule belegt. Auch in anderen Industrienationen tun Investitionen in Infrastruktur-Projekte not, etwa in den USA, wo in Kommunen noch immer Wasserleitungen aus Holz genutzt werden oder sensible Stromleitungen oberirdisch verlaufen. Und schließlich gilt in Schwellenländern eine moderne und funktionierende Infrastruktur als grundlegende Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum und eine funktionierende Gesellschaftsordnung. Nach Angaben des Vermögensverwalters Deutsche Asset & Wealth Management existieren weltweit 144 geschlossene Infrastrukturfonds. Sie verfügen derzeit über ein Volumen von rund 93 Mrd. USD. Allein im vergangenen Jahr konnten rund 37 Mrd. USD im Rahmen des Fundraising eingesammelt werden, 2013 waren es fast 45 Mrd. USD. Nicht eingerechnet sind jene Gelder, die in liquide Infrastruktur-Assets investiert werden, beispielsweise Aktien von Unternehmen mit Infrastruktur-Charakter. Entsprechend gut ist die Stimmung unter Investoren.

Geringe Volatilität

„Investitionen in Infrastrukturprojekte zeichnen sich durch eine langfristige Stabilität und geringe Volatilität aus“, konstatiert Matthias Reicherter, Head of Infrastructure bei Golding Capital Partners (GCP). Das Münchener Haus hatte erst im Mai das Closing seines aktuellen Fonds Golding Infrastructure SICAV VII verkündet, mit einem Volumen von rund 590 Mio. EUR das bislang größte Infrastruktur-Beteiligungsprogramm im deutschsprachigen Raum. „Im Gegensatz zum klassischen Buyout-Geschäft sind Infrastrukturbeteiligungen langfristig orientiert. Investoren sind in diesem Bereich mit etwas geringeren Renditen zufrieden, erwarten dafür aber ein hohes Maß an Stabilität und Planbarkeit über viele Jahre hinweg“, so Reicherter. In Deutschland sieht Reicherter einen wesentlichen Nachholeffekt. „Immer mehr Anleger haben sich inzwischen mit der Anlageklasse angefreundet. Das Verständnis für Infrastrukturprojekte wächst, und Investoren bauen zunehmend Know-how auf Basis erster Erfahrungen in diesem Bereich auf“, meint der Golding-Experte. In Teilsegmenten jedoch trifft man auf altbekannte Herausforderungen, etwa wenn hohe Preisniveaus oder zunehmende Komplexität ins Spiel kommen. Investoren sollten daher vorsichtig agieren und Fonds-Investitionen als Möglichkeit betrachten, Erfahrung und Fachwissen anzusammeln, bevor sie selbst als Co- oder Direktinvestoren aktiv werden. „Insbesondere wenn finanzstarke Staats- oder Pensionsfonds mit geringeren Renditeerwartungen mitbieten, ist es für klassische Assetmanager schwierig, mitzuhalten“, erklärt Reicherter. Entsprechende Fonds oder große Versicherungshäuser erwerben Infrastrukturprojekte häufig direkt und haben bereits erfahrene Teams aufgebaut, die sich ausschließlich mit Infrastrukturinvestitionen beschäftigen. Ein gutes Beispiel ist hier die Allianz.