Große Potenziale, große Herausforderungen

 

Lernfeld Deutschland

In Deutschland gilt der Markt für Public Private Partnership-Projekte weiterhin als unterentwickelt. Anders formuliert: Das Potenzial wird nicht ausreichend genutzt. Ein generelles Misstrauen in Politik und Bevölkerung mag eine Rolle spielen, hier gilt es weiterhin, Hemmschwellen abzubauen. Aber auch auf Investorenseite werden Talente mit speziellen Fachkenntnissen gesucht. „Hier sehen wir gerade in Deutschland noch einen zu großen Unterschied zum klassischen Private Equity-Geschäft“, betont Matthias Reicherter. „Es gibt noch zu wenig ausgewiesene Infrastrukturexperten, und die junge Anlageklasse verfügt noch über einen vergleichsweise kurzen Track Record.“ Ein Teufelskreis? Immerhin sind deutsche Investoren derzeit bemüht, ihre Infrastruktur-Teams aufzustocken. „Die Nachfrage nach Investitionen ist da, und Kapital ist auch genügend vorhanden“, bestätigt Michael Reuther, Directorim Infrastrukturteam von Ardian. „Allerdings liegt der heimische Infrastrukturmarkt noch weit hinter den anderen Ländern innerhalb der EU zurück, vor allem jenen in England und Frankreich.“ Zwar habe die Politik mit ihren Investitionsplänen für das Autobahnnetz und für den Ausbau des Breitbandnetzes sowie auf EU-Ebene durch den „Juncker-Plan“ wichtige Impulse gesetzt. „Doch es mangelt noch an klaren Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnissen, um Finanzpartner an der deutschen Infrastruktur zu beteiligen. Und es fehlt an einer breiten Akzeptanz in der Bevölkerung, dass eine wettbewerbsfähige Infrastruktur Geld kostet“, findet Reuther. In der jüngsten Vergangenheit standen in Deutschland vor allem regulierte Unternehmen, wie Gas- und Elektrizitätstransport-Unternehmen im Fokus von Infrastrukturinvestoren. „Allerdings sind hierbei meist lokale Kommunen als Investor zum Zuge gekommen“, sagt Reuther. In Deutschland eher selten anzutreffen sind Co-Investments, wie sie sich international längst etabliert haben. „Im Bereich Infrastruktur ist es Teil der Strategie von Ardian, in der Regel gemeinsam mit industriellen Partnern zu investieren, die über eine langjährige Erfahrung im Management von Infrastruktur-Assets verfügen, sagt Michael Reuther und verweist als Beispiel auf Beteiligungen an einer Hochgeschwindigkeits-Zugstrecke in Frankreich mit VINCI, am Flughafen London Luton mit AENA oder zwei Mautstraßen in Spanien mit Abertis. Eine weitere Herausforderung für den deutschen Infrastruktur-Markt stellt mitunter das föderale System der Bundesrepublik dar. „Idealerweise sollten Projekte auf Bundesebenen konsolidiert und somit attraktive Einheiten geschaffen werden, in die Investoren investieren können“, so Reuther.

Fazit

Infrastruktur wird weiter boomen. Investitionen können langfristig angelegt werden und bieten nachhaltige Renditen bei geringem Risiko. „Infrastruktur-Assets sind wesentlich für die Volkswirtschaft“, unterstreicht Michael Reuther. Doch es benötigt erfahrene Investoren in Kombination mit strategischen Partnern. Zudem sind eine grundlegende Due Diligence und das zur Prüfung erforderliche Know-how wesentliche Grundvoraussetzungen, um sich am Geschäft zu beteiligen. „Verkäufer können hier durch eine Vendor Due Diligence den Investoren Komfort geben und somit Prozesse und Transaktionen beschleunigen“, meint Karsten Tack. „Die kommerzielle Due Diligence ist anspruchsvoll, insbesondere bei Projekten mit Nachfragerisiko, da häufig ein langer Planungszeitraum zugrunde liegt und darüber hinaus eine Markteinschätzung für einen langen Planungshorizont gebildet werden muss.“ Zudem zeigt die Entwicklung der erneuerbaren Energien in Spanien, Italien oder Tschechien, dass dort, wo Finanzierungen auf einer stark staatlich geförderten Basis beruhen, sie immer dem Risiko politisch bedingter Veränderungen ausgesetzt sind. Überhaupt tut es nicht immer gut, wenn sich der Staat als Bank geriert. Das Flughafenprojekt Berlin-Brandenburg mag dafür ein lehrreiches Beispiel sein.