Liquidationspräferenz
Äußerst wichtig ist auch die Regelung zur Liquidationspräferenz. Also: An welcher Stelle bekommt wer wie viel Geld ausbezahlt? Im Falle der Veräußerung des Unternehmens (Exit) gilt in der Regel „Last in, first out“, d.h., der vor dem Exit zuletzt Investierende wird zuerst ausgezahlt; er erhält sein Kapital vorrangig zurück. Plus eventuell eine Mindestrendite, was aber innerhalb der Liquidationspräferenz eher selten vorkommt. „Gibt es bereits eine Reihe von Präferenzstufen, beispielsweise sechs oder sieben, so verlangen Investoren, die zu einem späteren Zeitpunkt einsteigen, heute zunehmend, dass die bisher bestehenden nachrangigen Stufen z. B. die Stufen zwei bis sieben zu einer Stufe zusammenlegt werden, um das Ganze nicht zu verkomplizieren“, erklärt Norman Röchert, Partner bei Taylor Wessing. Ferner muss auch im Beteiligungsvertrag festgelegt werden, ob eine Liquidationspräferenz auf der zweiten bzw. dritten Stufe angerechnet wird. „Der Trend geht hin zu einer modifizierten Participating-Regel, d.h. der Investor mit Liquidationspräferenz nimmt auch pro-rata an der Erlösverteilung der letzten Stufe teil; seine Präferenz auf der vorrangigsten Stufe wird dann in der nachgelagerten Stufe jedoch angerechnet, um einen sog. Double-Dip zu vermeiden“, so Röchert. Bei einer echten Participating Präferenz würde die Vorrangzahlung hingegen nicht angerechnet und der Investor würde auch auf der letzten Stufe nochmals in vollem Umfang an der Verteilung des verbleibenden Veräußerungserlöses teilhaben; was aber heute seltener der Fall ist.
Vesting: Bindung der Unternehmer
Ein dritter wichtiger Vertragspunkt: Im Mittelstand sind Managementbeteiligungen aus Sicht der Finanzinvestoren ein wichtiges Mittel zur Herstellung eines Interessengleichlaufs zwischen Management und Investor. Bei Jungunternehmen liegt es ganz besonders im Interesse des Investors, dass die Gründer noch eine ganze Weile im Unternehmen bleiben, denn sie haben das Know-how und den Esprit, die Geschäftsidee und die Ziele umzusetzen. „Es kommt eben maßgeblich auf die Menschen an“, sagt Belter. Vesting-Regeln sollen verhindern, dass diese Bindung frühzeitig verloren geht. Sie sehen vor, dass ein Gründer seine Anteile am Unternehmen (teilweise) verliert, wenn er seine Tätigkeit innerhalb eines festgelegten Zeitraums (Vesting-Periode) vorzeitig beendet. Meist gibt es eine Staffelung: Je früher der Gründer ausscheidet, umso mehr Anteile verliert er. Gründer sollten in diesem Punkt auf einer Differenzierung bestehen, ob sie ihr Ausscheiden selbst verursachen (festlegen, wann dies der Fall ist) oder ob es außerhalb ihrer eigenen Verantwortung verursacht („provoziert“) wurde. „Während früher ein Gründer oft alle Anteile abgeben musste und nur eine Differenzierung bei der Bewertung vorgenommen wurde, sind die Vesting-Regeln heute vielfach gründerfreundlicher ausgestaltet“, so Gabrysch. Auch die Mitveräußerungspflichten sind heute weniger strikt. Gabrysch: „Früher konnte ein Investor, schon wenn er nur mit z.B. 15% am Start-up beteiligt war, bei einem Verkauf entscheiden, dass alle anderen Gesellschafter auch verkaufen mussten.“ Besonders nachteilig war das für die Gründer. Heute ist die Hürde deutlich höher (z.B. 75% der Gesellschafter können die Mitveräußerung verlangen); Gründer haben also auch hier inzwischen etwas bessere Karten.
Information und Mitsprache
Bei den Informationsrechten haben die Ansprüche der Investoren an das Reporting in den letzten Jahren noch leicht zugenommen, insbesondere bei Wachstumsunternehmen. Die Mitsprache bezieht sich nach wie vor auf strategische und andere wesentliche Entscheidungen (Strategiewechsel, Expansion in neue Märkte, Kreditaufnahme, neue Gesellschafter etc.), weniger auf das operative Tagesgeschäft. „Investoren wollen heute fast alle in den Aufsichts- oder Beiratsgremien vertreten sein, um frühzeitig in wichtige Entscheidungen eingebunden zu sein und ihre eigenen Reporting-Verpflichtungen erfüllen zu können. Aus diesem Grund bilden auch GmbHs zunehmend Aufsichts- oder Beiratsgremien; auch die Figur des sog. Board Observers erfreut sich zunehmender Beliebtheit“, sagt Röchert. Bei Jungunternehmen, wenn mehrere – z.B. vier oder fünf – Investoren beteiligt sind, geht man häufiger zu einer Regelung über, dass nicht jeder einzelne Investor ein Vetorecht hat, sondern nur die Gruppe (nach Mehrheitsrecht). Denn sonst könnte bei jedem neuen Risiko jemand auf die Bremse treten, und dann ginge es bei einem Start-up nicht richtig voran. Aber es soll ja etwas gewagt werden – sonst hieße es nicht Wagniskapital.