Rudolph: Seit wann sind Sie als Business Angel tätig und was hat Sie dazu bewogen?
Bulthuis: Ich habe fast 30 Jahre in der High-Tech Industrie gearbeitet, für internationale Konzerne wie Philips Electronics, NXP Semiconductors und Giesecke & Devrient. Dort habe ich mich viel mit Innovation, Wachstum und Digitalisierung beschäftigt und gelernt wie schwer sich große Unternehmen oft damit tun. Zwischen 1994 und 2004 habe ich in Silicon Valley sehr positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Startups gemacht, die großen Firmen helfen können, schneller und innovativer zu werden. Ende 2014 habe ich dann (nach 30 Jahre in den „Corporate World“) beschlossen, mich mehr auf die Rolle von Startups in unterschiedlichen Industrien zu fokussieren.
Rudolph: Wie viele Investments sind Sie bereits eingegangen?
Bulthuis: Obwohl ich die Startup Welt in Silicon Valley schon kannte, war es erst mal ein intensiver Lernprozess zu verstehen, wie das hier in Deutschland funktioniert. Dank der sehr guten Unterstützung von BayStartUp, BAND und einigen Kanzleien hier in Bayern, war das aber kein langer Prozess. Mittlerweile bin ich an zwei Startups beteiligt und in Verhandlung mit zwei weiteren.
Rudolph: Haben Sie einen Branchenschwerpunkt bei Ihren Investitionen?
Bulthuis: Als „Quereinsteiger“ aus Großunternehmen suche ich vor allem Startups, die von meiner Erfahrung und meinem Netzwerk in der globalen High-Tech Industrie profitieren können. Vor allem interessiert mich der Einsatz digitaler Technologien zur Steigerung der Zukunftsfähigkeit der traditionell starken Industrien in Deutschland. Also Digitalisierungsthemen wie Smart Factory, Connected Car, Smart Energy, Smart Agriculture und Nachhaltigkeit.
Rudolph: Welche Erwartungen haben Sie an die Entwicklungen in diesen Branchen?
Bulthuis: Die traditionellen deutschen Industrien wie Maschinenbau, Automobilbranche und Energieversorgung werden – getrieben von Digitalisierung – fundamentale Änderungen durchmachen. Das tiefgehende Know-How über die „realen Welten“ positioniert Deutschland gut, aber nur wenn wir es mit Digitalem Know-How (Technik und Geschäftsmodelle) und mit Silicon Valley Geschwindigkeit verknüpfen. Startups können das ausgezeichnet einbringen, aber etablierten Firmen müssen sie „umarmen“ – ohne sie zu zerquetschen.
Rudolph: Wie ist die Situation in Deutschland in Vergleich mit Silicon Valley?
Bulthuis: ImVergleich mit Silicon Valley ist die Zusammenarbeit zwischen größeren etablierten Unternehmen und Startups noch eingeschränkt und manchmal mühsam. Es ist oft schwierig für Startups, schnelle Entscheidungen, konkrete Unterstützung, Aufträge und Kapital von größeren Firmen und Family Offices zu bekommen. Dies liegt auch an der oft risikomeidenden Haltung, der mangelnden Vertrautheit mit neuen, digitalen Technologien und der Kultur junger, auch mal „wilder“ Startups.Business Angels mit Erfahrung in größeren Unternehmen können eine sehr wichtige Rolle spielen, diese beiden Kulturen zusammenzubringen.
Rudolph: Allein oder im Team: Wie findet man Investment-Partner?
Bulthuis: Einerseits ist es einfacher und schneller alleine zu investieren. Anderseits ist es gut, sich mit ein oder zwei (möglichen) Ko-Investoren auszutauschen und einander zu unterstützen – solange man sich inhaltlich ergänzt und räumlich nahe ist. Via BayStartUp Veranstaltungen habe ich einige Partner kennengelernt und auch schon gemeinsam investiert.
Rudolph: Welche Aufgaben eines Angels bringen Ihnen Spaß, und welche empfinden Sie als lästig?
Bulthuis: Arbeiten mit hoch motivierten Gründern, mit Fokus auf Lösungen statt mögliche Problemen und Risiken, macht viel Spaß. Bürokratischen Aufwand macht weniger Spaß, bleibt aber überschaubar. Obwohl es sich als nicht trivial herausgestellt hat, mich mit meinen Niederländischen Investmentfirma in Deutschland zu beteiligen. Das Schönste ist aber, einem Startup zu helfen, etwas fundamental Neues zu etablieren, wie mein erstes Investment CrowdPatent dies macht. Dabei handelt es sich um eine Plattform, die Erfinder, Crowd Investoren und (größere) Firmen mit Innovationsbedarf zusammenbringt. Erfinder können dort Erfindungen zum Patent anmelden lassen, ohne eigenes Geld einzubringen. Crowd Investoren können sich finanziell an Erfindungen beteiligen und haben Chancen auf attraktive Renditen. Schließlich können Firmen frühzeitig interessante Patente erwerben. Ein Win-Win-Win Modell, durch das viele Innovationen, die jetzt in klugen Köpfen verstauben, in Zukunft effizient verwertet werden können.
Rudolph: Herr Bulthuis, vielen Dank für das Gespräch.
Willem Bulthuis, Niederländer in Bayern, ist seit 30 Jahren im internationalen Technologiesektor tätig, in Silicon Valley und in Europa. Nach weltweiten Führungspositionen bei den Unternehmen Philips Electronics, NXP Semiconductors und Giesecke & Devrient, in den Bereichen Vertrieb (mit bis zu $1B Umsatz), Innovation und als CTO, war er zuletzt als Vorstand der secunet Security Networks AG tätig. Er hat langjährige Erfahrung in Industrien wie Automotive, Consumer Electronics, Semiconductors, Telecom, Payment und IT Security. Zurzeit ist er als Business Angel für early-stage High-Tech Startups aktiv, berät Firmen zu den Themen Digitalisierung und Corporate Venturing, und widmet sich innovativen Industrie-Initiativen mit Fokus auf Smart Factory, Smart Energy, Connected Car, Smart Agriculture und Nachhaltigkeit.