Lediglich im Krebsgang haben wir uns fortbewegt: Der Invest – Zuschuss für Wagniskapital, der vor allem Business Angels zugutekommt, wurde von der Steuer befreit. Darüber hinaus soll er künftig auch für Investments über Venture Capital-Fonds gelten. Im Sommer 2015 wurde das „Deutsche Börse Venture Network“ ins Leben gerufen, das anstelle des einst angedachten Börsensegments für Start-ups als neue Exit-Plattform fungieren soll. Positiv ist auch, dass die KfW Mitte des Jahres ihr Venture Capital-Engagement mit einem neuen Programm wieder aufnahm und als Ankerinvestor ausländische Investoren überzeugt, in deutsches Venture Capital zu investieren. In den nächsten fünf Jahren soll die KfW bis zu 400 Mio. EUR in Venture Capital-Fonds investieren und bis zu 2 Mrd. EUR Wagniskapitalinvestitionen in Deutschland mobilisieren. Aber der große Wurf ist das noch nicht!
Zu viele Vorschläge in die falsche Richtung
Zyniker würden sagen: Immerhin ist auch noch keine Verschlechterung der Rahmenbedingungen eingetreten. Aktuelle Vorschläge dafür gibt es zur Genüge: Manche Bundesländer wollen zum Beispiel die begünstigte Besteuerung von Veräußerungsgewinnen nach § 8b KStG innovationsschädlich einschränken. Das Bundesfinanzministerium hat sich jetzt dem Vernehmen nach davon distanziert. Es hat aber hierzu massiven politischen Drucks bedurft. Es ist nicht erklärlich, warum ständig Maßnahmen vorgeschlagen werden, die letztendlich eine Verschlechterung der steuerlichen Rahmenbedingungen für den Wagniskapitalstandort Deutschland bedeuten. Deutschland muss mit den europäischen Ländern im Steuer- und Aufsichtsrecht auf Augenhöhe agieren können, um dringend benötigtes Kapital für deutsche Venture Capital-Fonds zu mobilisieren. Hier ist die Politik gefragt: Anstatt zu bedrohen, muss sie den Gründungsstandort stärken und die Rahmenbedingungen verbessern.
Die Chancen wären gegeben
Chancen zur Verbesserung bieten sich viele, es gilt, sie nur zu nutzen. Für die zweite Hälfte der Regierungszeit könnte die Große Koalition noch einiges unternehmen, um ihrem im Koalitionsvertrag verankerten Anspruch gerecht zu werden. Wie der Blick in die Nachbarländer beweist, sind zum Beispiel steuerliche Anreize für Investoren entscheidend für einen starken Venture Capital-Standort. Zur Steigerung der Attraktivität deutscher Fonds könnten Unwuchten wie die Umsatzsteuer auf Verwaltungsleistungen beseitigt werden, die europarechtlich sowieso nicht haltbar ist. Verbesserungsmöglichkeiten gibt es genug, man muss sie nur anpacken.
Ulrike Hinrichs ist geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutsche Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK). Christian Schatz ist Partner und Steuerberater im Münchner Büro von King & Wood Mallesons. Er ist auf Steuerrecht mit einem besonderen Schwerpunkt im Bereich Fondsstrukturierung und M&A-Transaktionen spezialisiert. Darüber hinaus berät er im Rahmen der steuerlich effizienten Strukturierung von Privatvermögen und bei der Vermögensplanung. Er ist außerdem Vorstandsmitglied des BVK.