Interview mit Dr. Jürgen Eck, Brain AG

VC Magazin: Herr Dr. Eck, erstes Biotech-IPO in Deutschland seit etwa zehn Jahren – gefühlt sogar eher 20: Was hat denn den Ausschlag gegeben, hierzulande das Debüt zu wagen und nicht an der Euronext oder der NASDAQ wie etwa curetis oder Affimed?
Eck: Es soll ein klares Bekenntnis von Brain sein, dass wir hier an unserem Heimatstandort auch das Börsendebüt angehen. Umgekehrt kam von der Deutschen Börse der Wink, dass man ein innovatives Unternehmen wie Brain auch gerne an der heimischen Börse sehen würde und nicht irgendwo im Ausland. Daher waren die Weichen relativ schnell gestellt.

VC Magazin: Die Größenordnung des geplanten Börsengangs von ca. 30 Mio. EUR bis 50 Mio. EUR wäre ja eigentlich noch im Rahmen dessen, was man im Zuge von Venture Capital oder Mezzanine hätte darstellen können – oder wollten Sie partout gleich im Segment für „Erwachsene“ spielen?
Eck: Prima ausgedrückt! Aber für jedes wachsende Unternehmen kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo man loslassen und den nächsten Schritt gehen muss. Das ist für viele Venture Capital- oder Private Equity-finanzierte Unternehmen wahrscheinlich der Börsengang. Genau da steht Brain jetzt. So muss man auch sehen, dass sich das Geschäftsmodell von Brain wandelt: Weg von einer Innovationsschmiede, wenn Sie so wollen, hin zu einem Produktunternehmen, das seine Innovationen auch monetisiert. Das ist der logische Gang der Dinge.

VC Magazin: Gutes Stichwort: Die MIG-Fonds sind ja schon seit über neun Jahren in Brain investiert. Brauchen Biotechs denn Fondsmodelle, die derart lange Laufzeiten zulassen? Andersherum gefragt: Sind Biotechnologie-Investments mit normalen Fondsmodellen überhaupt vereinbar?
Eck: Tatsächlich benötigt man im Bereich Biotechnologie und allem drumherum schon einen etwas längeren Atem. Schnelle Aktivitäten und kurze Umschlaghäufigkeit sind damit schwerlich vereinbar. Wir sind deshalb auch sehr froh, dass wir mit MIG einen entsprechend langfristigen Investor seit fast einem Jahrzehnt an Bord haben – der ja auch zum Börsengang von Brain nicht mal aussteigen wird im Übrigen.

VC Magazin: Die Start-up- und Venture Capital-Branche fordert immer wieder mal ein eigenes Börsensegment für Wachstumsunternehmen. Teilweise war dies ja auch politisch motiviert. Wie sinnvoll finden Sie dies?
Eck: Da müsste man schon weiter ausholen: Die Unterschiede zu einer anderen Aktienkultur wie in England oder den USA sind sicherlich nicht zu übersehen. Für junge, aufkommende Unternehmen oder die gesamte Branche besteht hierzulande nicht die gleiche Aktienkultur wie in Übersee. Das betrifft auch und vor allem die Einstellung zum Kapitalmarkt von Privatanlegern. Falls diese Schere in der Aktienkultur, im Verhältnis zum Kapitalmarkt, im Verhältnis zu längerfristigen Anlagen sich jemals in Richtung Schließung bewegen soll, dann müsste man meiner Einschätzung nach am ehesten beim Privatanleger ansetzen.

VC Magazin: Aus Investorensicht, zumal Brain ja viele MIG-Fonds-Anleger hat und ihnen auch ein spezielles Zeichnungstool anbietet: Was bedeutet der geplante Börsengang jetzt für Privatanleger?
Eck: Der Privatanleger erhält durch unser IPO die Möglichkeit, noch direkter sowohl am äußerst spannenden Thema – Bioökonomie – als auch am Unternehmen selbst im weiteren Werdegang teilzuhaben. Beides wird durch einen Börsengang für einen Privatanleger, aber natürlich nicht nur für diesen, sozusagen erlebbar.

VC Magazin: Herr Dr. Eck, vielen Dank für das Interview.

 

Dr. Jürgen Eck ist Urgewächs von Brain und avancierte im Jahr 2000 zum CTO (Vorstand für Forschung und Entwicklung) der in eine Aktiengesellschaft umfirmierten Brain. Eck selbst ist als Erfinder an mehreren internationalen Patenten beteiligt. Brain sicherte sich mehrere nationale Auszeichnungen, darunter den Deutschen Umweltpreis 2008, Unternehmen des Monats 3/2011, Hidden Champion 2013 und schließlich Biotechnica Award 2013. Eck wurde Mitte 2015 zum CEO der Brain AG.