Unser Leben spielt sich in der digitalen Welt ab. Selbst die Zeit davor und danach lässt sich digital organisieren. An den besten Zeugungsmoment unserer Kinder erinnert eine Babywunsch-App, und wer das Leben 2.0 überstanden hat, wird ein Fall für die Bestatter 2.0: Sie verwischen unsere digitalen Spuren, löschen Facebook-Profile und kündigen laufende Abonnements.
Aber macht das alles Sinn? Wollen wir tatsächlich Sklave unserer Apps sein? Müssen wir die Temperatur unseres Kühlschranks per Handy steuern können? Müssen wir wirklich rund um die Uhr erreichbar sein? Abends, wenn wir mit den Kindern am Tisch sitzen – müssen wir da parallel „nur noch mal schnell“ in den dienstlichen E-Mails nach dem Rechten sehen?
Ich meine nein. Die Zeit mit der Familie und Freunden muss uns wichtig sein. Und dabei meine ich nicht, die Fotos der Kinder bei Facebook zu liken, sondern dabei zu sein, wenn diese Fotos gemacht werden. Lustigste Smileys können ein erlebtes Lächeln nicht ersetzen. Gleichwohl sind es genau die Facetten der Digitalisierung, die es uns ermöglichen, unser Leben angenehm zu gestalten. Richtig eingesetzt bietet uns die fortschreitende Digitalisierung große Freiräume – sowohl für unser Privat- als auch Berufsleben. Man muss nur wissen, sie zu nutzen.
Vielleicht sollte man eine App entwickeln, die genau dies für uns koordiniert: Eine „Offline-App“, die selbstständig das WLAN deaktiviert, das Handy ausschaltet und uns zwingt, uns mit den Menschen um uns herum zu beschäftigen. Heben wir die Köpfe und sprechen wieder miteinander!
Dr. Peter Güllmann leitet den Bereich Unternehmens- und Infrastrukturfinanzierung der NRW.Bank. Sein Team investiert mit mehreren Vehikeln in sämtliche Unternehmensphasen – von Gründungs- über Wachstums- bis hin zu Nachfolgefinanzierungen von Mittelständlern. Die Digitalisierung des Mittelstands nimmt hier seit einigen Jahren einen wichtigen Stellenwert ein.