Mit dem Absinken des Zinsniveaus in den vergangenen Jahren beklagen Unternehmenseigner, die sich mit einer anstehenden Nachfolgeregelung beschäftigen, beschäftigen müssen oder sollten, zunehmend, die Unattraktivität der Rendite der Wiederanlage eines Verkaufserlöses. „Wohin mit dem Geld?“, mit diesem Argument werden immer wieder und immer mehr fällige und überfällige Nachfolgeregelungen aufgeschoben. Als Folge hiervon kommen weniger Unternehmensverkaufsangebote auf den M&A-Markt als biologisch bzw. statistisch möglich oder zu erwarten. Das wiederum befeuert den ohnehin existierenden Nachfrage-Überhang und damit auch die Bewertungsmultiplikatoren für die Unternehmen, die doch zu einem Verkauf kommen. Soweit alles nachvollziehbare Entwicklungen auf einem freien Markt.
Doch gesamtwirtschaftlich ist die vielfache „Verschleppung“ von fälligen Nachfolgeregelungen gerade für die mittelstandsgeprägte deutsche Volkswirtschaft bedenklich. Aber welche Antwort bzw. welchen Lösungsvorschlag kann man den betreffenden Unternehmern geben?
Achtung, hier folgt keine vermeintlich geniale Anlageempfehlung – sondern lediglich eine logisch hergeleitete, historisch betrachtet attraktive Investitionsmöglichkeit für Erlöse aus Unternehmensverkäufen: börsennotierte Mittelstandsholdings.
Der mittelständische Unternehmer hat (zumeist) einen Großteil seines Familienvermögens in seinem Unternehmen gebunden (relativ illiquide). Hier existiert wertseitig ein Risikokumul. Häufig schüttet er einen Teil des jährlichen Ertrages nach Steuern aus, ein anderer Teil wird thesauriert und trägt zum Wertwachstum bei. Der Unternehmer ist mehr oder minder intensiv in die Geschäftsleitung des Unternehmens eingebunden. Durch das zunehmende Alter schwindet diese operative Leitungsfähigkeit. Der Verkauf eines mittelständischen Unternehmens erlöst einen Kaufpreis in Höhe von etwa sechs- bis neunmal den EBIT oder EBITDA des Unternehmens, entsprechend überschlägig ca. neun- bis 15-mal das Ergebnis nach Steuern (KGV).
Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGVs) von börsennotierten Mittelstandsholdings*) liegen – auch aktuell – durchaus auf ähnlichem Bewertungsniveau. Diese Holdings sind diversifiziert investiert in mittelständischen deutschen Unternehmen (kein bzw. deutlich geringerer Risikokumul). Sie werden von Managern professionell gesteuert (der Unternehmer braucht sich nicht mehr aktiv um die Leitung zu kümmern). Diese Gesellschaften schütten ebenso einen Teil der erzielten Beteiligungserträge durch Dividenden aus und thesaurieren einen Teil wertsteigernd. Mittel- und langfristig lag die Summe aus Dividendenrendite und Kurssteigerung bei den von uns betrachteten Gesellschaften jährlich bei durchaus 10% bezogen auf den jeweils aktuellen Unternehmenswert (Betrachtungszeitraum zehn Jahre).
Durch die Wiederanlage von Teilen eines Unternehmensverkaufserlöses bleiben veräußernde Unternehmer in der Anlageklasse „Deutscher Mittelstand“ investiert, reduzieren das Risiko-Exposure durch die Diversifikation ihrer Anlage, lassen die Unternehmensbeteiligungen durch Profis managen, erzielen auch heute noch relativ zum eigenen Unternehmen attraktive Renditen aus Dividende und Wertsteigerung und können sich einer höheren Liquidität der Anlage erfreuen. Insofern rein logisch eine geeignete Wiederanlagevariante.
*) Bei unserer Überlegungen haben wir langjährig etablierte Mittelstandsholding wie Gesco, Indus, Aurelius, Deutsche Beteiligungs AG und GeBeKa betrachtet. Weitere Unternehmen in Deutschland – zum Teil kleiner oder mit geringerer Historie – sind Mutares, Bavaria Industries Group, MBB SE oder Blue Cap AG.
Dr. Lutz Becker ist Vorstand und Partner bei Angermann M&A International, für die er seit 25 Jahren im Bereich Corporate Finance/M&A tätig ist. Angermann M&A International AG ist das älteste deutsche M&A-Beratungsunternehmen mit Fokus auf mittelständische Unternehmensverkäufe und -käufe. Als deutsches Team der Weltorganisation M&A International, Inc. besitzt Angermann führende Expertise bei der Beratung international ausgerichteter Mandate und Transaktionen.