Angels Talk mit Tim Schumacher

Rudolph: Erstmal zu Ihnen und einer kleinen Intro: Seit wann, warum und wie sind Sie als Business Angel tätig?
Schumacher: Ich habe 2001 selbst gegründet – den Domain-Marktplatz Sedo.com – und das Unternehmen viele Jahre als CEO geführt. Seit dem Exit an United Internet investiere ich in Start-ups, meist in den Bereichen Online-Marktplätze, Adtech und SaaS, und in der Regel große Angel-Tickets oder kleine Series A-Tickets. Ich habe momentan ein Portfolio von etwa 15 Unternehmen. Neben der Rendite ist meine Hauptmotivation, Wissen weiterzugeben und umgekehrt aber auch viel von meinen Start-ups zu lernen.

Rudolph: Welche Branchen sehen Sie bei Start-ups als besonders spannend für Business Angels-Investitionen an?
Schumacher: Ich glaube es sind immer die Branchen spannend, wo man als Angel relevante Expertise und Kontakte hat, und auch dem Start-up wirklich helfen kann.

Rudolph: Welche Erwartungen haben Sie an die weitere Entwicklung in diesen Branchen? Welche Trends sehen Sie?
Schumacher: Durch mein Engagement bei der Eyeo GmbH – dem Unternehmen hinter dem beliebten Werbeblocker „Adblock Plus“ – bin ich natürlich sehr tief in Adtech drin. Hier sehe ich ganz klar einen Trend hin zu besserer und viel nutzerfreundlicherer Werbung. Generell ist das Thema Nutzerfreundlichkeit – neudeutsch „Usability“ – ein wichtiger und sehr guter Trend.

Rudolph: Was war Ihr erfolgreichstes Investments bislang?
Schumacher: Sicherlich besagte Eyeo, wobei ich bei diesem Unternehmen als Mitgründer und operativ tätiger Chairman auch deutlich aktiver als bei meinen anderen Start-ups bin. Bei meinen eher passiven Investments entwickeln sich u.a. Hitfox und Aklamio hervorragend.

Rudolph: Gibt es ein aktuelles Investment, das sie namentlich nennen möchten?
Schumacher: Ich bin da recht transparent, letztendlich stehen ja eh alle Investments – zumindest die deutschen – im Handelsregister. Die meisten meiner Start-ups stehen auf meiner Webseite.

Rudolph: Wie viele Exits konnten Sie realisieren?
Schumacher: Hatte bis jetzt bei meinen Angel-Aktivitäten drei Exits, alle mit ordentlichen, aber nicht herausragenden Multiples. Die Unternehmen, die herausragende Multiples hätten, besitze ich alle noch und versuche sie weiter größer zu machen.

Rudolph: Wo haben Sie sich die Finger verbrannt?
Schumacher: Ein Unternehmen, das ein Groupon „me too“ war, ist untergegangen. Aber ist ja nicht schlimm, gehört dazu. Die ehemaligen Gründer dort haben superhart gekämpft und einer der beiden arbeitet jetzt in einem meiner anderen Unternehmen, denn letztendlich ist es die Einstellung die zählt, nicht ob man mit dieser konkreten Idee zu dieser konkreten Zeit Erfolg hat oder nicht.

Rudolph: Ihr wichtigstes Learning als Business Angel aus bisherigen Erfahrungen?
Schumacher: Team, Team, Team! Und: das Team muss an einem Ort sitzen. Ich werde nie wieder in ein Unternehmen investieren wo der CEO in A und der CTO in B wohnt.

Rudolph: Welche Aufgaben eines Angels bringen Ihnen Spaß und welche empfinden Sie als lästig?
Schumacher: Formalitäten finde ich lästig. Mein erster Rat an jeden Gründer ist daher: nutzt Hellosign für die lästigen Gesellschafterbeschlüsse. Löst 50% der Pain beim Formalkram, ungelogen. Spaß macht es, Sparringspartner für Unternehmer zu sein und mit schlauen Tipps und guten Kontakten zu helfen, und dann zu sehen, dass diese Sachen auch umgesetzt werden und Früchte tragen.

Rudolph: In welche Unternehmertypen investieren Sie besonders gern?
Schumacher: Ich mag Leidenschaft für das Produkt: Brillante Entwickler wie Wladimir Palant, der Adblock Plus lange vor der Firmengründung jahrelang als reines Hobbyprojekt höchst engagiert entwickelt hat. Menschen wie Christian Croll von Ecosia.org, der mit Leidenschaft ein Social Venture aufbaut ohne auf Rendite zu schauen. Unternehmerinnen wie Sabine Engel von Miomente.de, die unglaublich viel Liebe und Engagement in das Produkt steckt, weil sie schöne Events liebt. Die Antipode dazu sind für mich Gründer, die gucken „was ist gerade Trend, und wie kann ich schnell auf diesen Trend aufspringen und Geld raisen“.

Rudolph: Können Sie sich vorstellen, auch im operativen Geschäft des Start-ups einzuspringen?
Schumacher: Ja. Tue ich sogar sehr gerne, im Herzen bin ich Unternehmen, nicht Investor.

Rudolph: Wie wichtig ist für Sie ein schneller und lukrativer Exit?
Schumacher: Gar nicht.

Rudolph: Allein oder im Team – investieren Sie auch im Konsortium? Wenn ja: Wer sind Ihre bevorzugten Investitionspartner?
Schumacher: Fast immer investiere ich gemeinsam mit befreundeten Angels oder Venture Capitalisten, in unterschiedlichen Konstellationen – je nach der benötigten fachlichen, geographischen oder sonstigen Expertise.

Rudolph: Wie wichtig sind für Sie Business Angels-Netzwerke?
Schumacher: Grundsätzlich ist jedes Netzwerk eine Möglichkeit, Dealflow – in beide Richtungen – zu verbessern.

Rudolph: Welche Rolle spielen Business Angels Ihrer Meinung nach in der Start-up-Landschaft und wie wird sich diese Rolle Ihrer Meinung nach in Zukunft entwickeln?
Schumacher: Business Angels sind ein wichtiger Baustein in der frühen Phase von Unternehmen. Wobei, ganz ehrlich, ich mag den Begriff Business Angel ja gar nicht so gerne. Er ist ein Euphemismus, denn Angels wären für mich Leute in ehrenamtlichen Positionen, bei Frühphasen-Investments geht’s ja auch darum Geld zu verdienen und das ist ja auch völlig okay. Dann sollte man es aber auch lieber so nennen: Start-up-Investor oder Frühphasen-Investor.

Rudolph: Wie empfinden Sie die Rahmenbedingungen für Privatinvestoren in Deutschland? Wo sollten weitere Verbesserungen erfolgen?
Schumacher: Ach, eigentlich ganz gut, kann mich nicht beklagen. Und die neue BAFA-Förderung ist ein traumhaftes Instrument, gut umgesetzt, unbürokratisch, praktikabel. Kompliment an das Bundeswirtschaftsministerium. Nur die Grenzen könnten etwas höher sein, die Maximalförderung von 50.000 EUR macht es für große – und i.d.R. auch damit besser vernetzte und finanziell für Nachfolgerunden schlagkräftigere Investoren – etwas unattraktiver.

Rudolph: Herr Schuhmacher, vielen Dank für das Interview.

 

Angels Talk mit Tim Schumacher
Angels Talk mit Tim Schumacher

 

 

 

 

 

Tim Schumacher gründete im Jahr 2001 Sedo.com, den weltgrößten Domain-Marktplatz, mit. Seit dem Verkauf des Unternehmens engagiert er sich als Entrepreneur und Investor. So hat sich Schumacher u.a. an Eyeo – den Machern von Adblock Plus –, Ecosia, Stuffle, BasicThinking, Aklamio, Miomente, ProductsUp, Convida, ZenShopping und Apptopia beteiligt.