VC Magazin: Wie ist es um die deutsche Venture Capital-Szene hinsichtlich der Zahl der Investoren bestellt?
Brandkamp: Wie viele aktive Wagniskapitalgesellschaften es momentan in Deutschland gibt, ist schwer zu sagen. Erfreulicherweise kann man aber konstatieren, dass die Talsohle durchschritten ist. Im Jahr 2015 war das Fundraising der Venture Capital-Fonds etwa gleich hoch wie ihre Investments. In den Jahren davor wurde regelmäßig mehr Geld investiert als neues eingesammelt. Außerdem sieht man aktuell auch einige neue Player am Markt. Darüber hinaus ist das Klima für Entrepreneurship in Deutschland deutlich besser als noch vor ein paar Jahren – größter Treiber dieses Wandels ist selbstverständlich der Boom rund um die Berliner Start-up-Szene. Das alles führt dazu, dass wir für das laufende Jahr mit einem klaren Überschuss beim Fundraising im Vergleich zu den Investitionen rechnen.
VC Magazin: Wie verteilen sich die Business Angels und Venture Capital-Gesellschaften regional über Deutschland? Wo gibt es Konzentrationen?
Brandkamp: Aufgrund der boomenden Start-up-Szene siedeln sich viele Venture Capital-Geber aktuell in Berlin an. Der zweite wichtige Standort ist nach wie vor München. Bei den Business Angels verhält sich die Situation ähnlich: In Berlin gibt es eine Vielzahl junger Privatinvestoren, die nach ein oder zwei erfolgreichen Exits nun in Start-ups investiert. Und auch in und um München sitzt sehr viel unternehmerisches Kapital, das meist jedoch deutlich „älter“ ist als das in Berlin. Dazu kommen die Family Offices aus dem Hamburger Raum, die auch mehr und mehr in innovative Jungunternehmen investieren. Erfreulich: Zuletzt haben wir auch zunehmende Aktivitäten von Business Angels aus Baden-Württemberg und der Region um Stuttgart herum festgestellt.
VC Magazin: Wie gelingt es, ausländische Investoren nach Deutschland zu holen?
Brandkamp: Deutschland – mit Berlin an der Spitze – hat in den vergangenen Monaten eine enorme internationale Strahlkraft entwickelt. Darüber hinaus vernetzen sich auch die Ökosysteme zunehmend miteinander. Durch diesen Austausch werden auch die Investoren auf deutsche Start-ups aufmerksam und wollen sich an diesen beteiligen. Mit unserem eigenen Portfoliounternehmen versuchen wir diese Entwicklung zu beschleunigen und gehen mit ihnen auf Roadshows nach Paris oder London. Zu den wichtigsten Herkunftsländern von Venture Capital für deutsche Technologieunternehmen zählen Großbritannien, die USA, Frankreich und die Niederlande – Letztere insbesondere im Bereich Life Sciences.
VC Magazin: Sie befinden sich seit Kurzem im Fundraising für den HTGF III. Wie ist es um das Interesse der Industrie an Start-ups bestellt?
Brandkamp: Insbesondere die Konzerne, die einen hohen Innovationsdruck verspüren, haben ein großes Interesse an Start-ups. Das liegt auch daran, dass die Dynamik der digitalen Transformation zunimmt. Das führt wiederum dazu, dass die Großunternehmen intern mit der Geschwindigkeit, mit der sich Geschäftsmodelle entwickeln und verändern, überfordert sind und nach Innovationen von außen suchen. Wir stoßen daher auf ein reges Interesse von großen und mittelständischen Unternehmen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Brandkamp.
Das vollständige Interview lesen Sie in der Sonderausgabe Standorte & Regionen 2016.
Dr. Michael Brandkamp ist Geschäftsführer der High-Tech Gründerfonds Management GmbH mit Sitz in Bonn.