Europäische Venture Capital-Fonds sind im Vergleich zu ihren US-amerikanischen Pendants oft verhältnismäßig klein. Das führt zu einer Reihe von Problemen. Zum einen ist es ihnen dadurch häufig nicht möglich Finanzierungsrunden in zweistelliger Millionenhöhe zu stemmen, was eine der Ursachen dafür ist, dass viele europäische Start-ups und Wachstumsunternehmen mit geringeren Mitteln zurechtkommen müssen als die Wettbewerber aus Übersee. Gleichzeitig macht das die Fonds für viele große institutionelle Investoren aus den USA uninteressant, denn diese möchten lieber große Beträge in einzelne Vehikel allokieren als kleine Summen in viele Fonds.
VC Magazin: Was erwarten Sie sich vom neuen EU-weiten Wagniskapitaldachfonds?
Collins: Das Fund of Fund-Programm der Europäischen Kommission und des European Investment Fund soll Venture Capital-Investitionen von internationalen, institutionellen Investoren in den europäischen Markt fördern. Die europäische Kommission stellt dazu bis zu 400 Mio. EUR als Ankerinvestition zur Verfügung und erwartet sich einen starken Hebeleffekt von dieser Maßnahme. Die Kommission rechnet damit, dass sich so mindestens 1,6 Mrd. EUR mobilisieren lassen. Ein ambitioniertes Ziel, doch aus meiner Sicht erreichbar. Ein Teil der 1,2 Mrd. EUR kann auch aus nationalen Töpfen der europäischen Regierungen kommen. Wir erwarten einen sehr positiven Effekt für den privaten Beteiligungskapitalsektor.
VC Magazin: Warum ist es für europäische Fonds immer noch so schwer, privates Kapital einzuwerben?
Collins: Ein Grund ist sicherlich die Zusammensetzung der Investorenbasis in Europa, die sich stark von der Investmentlandschaft in den USA unterscheidet. In den USA gibt es zum Beispiel viele große Universitätsstiftungen. Diese sind sehr große Investoren und haben einen starken Fokus auf den Bereich Venture Capital. In Europa gibt es diese großen Universitätsfonds bis auf wenige Ausnahmen nicht. Trotzdem kann man feststellen, dass die Venture Capital-Szene in Europa, die im Zuge der Finanzkrise sehr gelitten hat, wieder aufholt. Wir hoffen, dass internationale Investoren dadurch ermutigt werden, in den europäischen Markt zu investieren. Der neue Fonds löst auch ein weiteres Problem des europäischen Marktes. Der durchschnittliche europäische Venture Capital-Fonds mit 60 Mio. EUR bis 70 Mio. EUR ist für die großen institutionellen Investoren einfach zu klein.
VC Magazin: Welche Maßnahmen sind Ihrer Meinung nach zusätzlich noch notwendig, um den Private Equity-Bereich in Europa zu stärken?
Collins: Der Fund of Fund ist eine sehr hilfreiche Initiative, um den europäischen Markt zu stärken. Ein weiterer wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Entscheidung für eine gemeinsame Venture Capital-Regulierung. Die Verordnung über Europäische Risikokapitalfonds wird es Fondsmanagern in Europa erleichtern, grenzüberschreitende Fonds aufzulegen. Die EU-Verordnung über Europäische Wagniskapitalfonds sieht einheitliche regulatorische Rahmenbedingungen für Venture Capital-Fonds und für die Fondsmanager einen Marketingpass vor und soll Hindernisse beim grenzüberschreitenden Fundraising beseitigen. Wir wollen Fondsmanager ermutigen, nicht nur ihre lokale Investorenbasis anzusprechen, sondern ein europaweites Spielfeld zu etablieren, das nicht nur durch öffentliche Gelder, sondern auch durch privates Kapital finanziert wird. Auch müssen wir sicherstellen, dass das regulatorische Umfeld, im dem sich institutionelle Investoren bewegen, diese ermutigt, in Venture Capital zu investieren, anstatt sie daran zu hindern. Es bewegt sich derzeit eine Menge auf europäischer Ebene, was der Branche helfen wird, die aktuellen Herausforderungen zu meistern.
VC Magazin: Wie sehen Sie den deutschen Venture Capital- und Private Equity-Markt?
Collins: Die deutsche Beteiligungsbranche hat viele Stärken und etablierte Investoren, sowohl im Mittelstandssektor als auch im Start-up-Bereich. Aufgrund seiner Größe und der starken Finanzindustrie hat Deutschland auch eine sehr aktive Investment-Community. Wenn wir uns die Private Equity-Investments in Deutschland allerdings in Relation zum Bruttoinlandsprodukt ansehen, hat der Markt noch das Potenzial stark zu wachsen. Unsere Kollegen vom BVK arbeiten sehr engagiert daran, die Rahmenbedingungen zu verbessern und den Zugang zu Beteiligungskapital zu erleichtern.
VC Magazin: Herr Collins, vielen Dank für das Interview.
Michael Collins ist Geschäftsführer von Invest Europe. 2016 übernahm er von Dörte Höppner die Leitung des europäischen Private Equity- und Venture Capital-Branchenverbandes mit Sitz in Brüssel. Vor seinem Eintritt bei Invest Europe im Jahr 2013 als Direktor für Public Affairs war Collins Managing Director für europäische Regierungsangelegenheiten bei der Citigroup.