Keine Bundesregierung hat so viele Maßnahmen zur Förderung von Start-ups angekündigt, wie die noch bis September 2017 regierende große Koalition. Doch im Hinblick auf die Umsetzung der Maßnahmen fällt die Bilanz der deutschen Start-up-Politik laut einer Bitkom-Analyse aber durchwachsen aus: Von insgesamt 28 Einzelmaßnahmen, die im Koalitionsvertrag und im Laufe der Legislaturperiode angekündigt wurden, wurden zehn und damit gut jede Dritte vollständig umgesetzt. 13 Projekte wurden teilweise umgesetzt oder zumindest teilweise angegangen, in fünf Fällen ist laut des Digitalverbandes überhaupt nichts passiert.
Seit der Halbzeit-Bilanz Ende 2015 ist damit eine weitere Maßnahme angegangen worden, vier weitere wurden vollständig umgesetzt. Dazu gehört etwa die Einführung eines neuen Börsensegments „Neuer Markt 2.0“, das unter dem Namen Scale zum 01.03.2017 von der Deutschen Börse gestartet wurde. Das Invest-Programm wurde wie angekündigt fortgeführt und ab 01.01.2017 ausgebaut, ein Wachstumsfonds mit dem Europäischen Investitionsfonds wurde ebenfalls eingerichtet, stellt die Analyse von Bitkom fest.
In der Digitalpolitik viel erreicht
Diese Bundesregierung hatte sich in der Digitalpolitik viel vorgenommen und enorm viel erreicht, gerade in puncto Start-ups aber blieb sie hinter ihren Ankündigungen zurück, so der Digitalverband. Die Bedeutung von jungen, innovativen Unternehmen für die Wirtschaft habe sie aber erkannt, pflege einen aktiven Austausch mit der Gründerszene und kenne die Probleme in der Gründungs- und Wachstumsphase. Zudem habe die Bundesregierung eine ganze Reihe von Einzelmaßnahmen beschlossen, von denen Start-ups profitieren würden. Leider blieben die konkreten Schritte aber hinter den Möglichkeiten und Erfordernissen zurück, so die Autoren der Analyse.
Venture Capital-Gesetz und Gründungszeit nicht umgesetzt
Bereits im September 2015 hat das Bundeskabinett ein Eckpunktepapier Wagniskapital beschlossen und einige steuerrechtliche Probleme gelöst, das versprochene Venture Capital-Gesetz, mit dem Deutschland international wettbewerbsfähig bei der Wachstumsfinanzierung von Start-ups werden sollte, sei aber ausgeblieben. Auch weitere sehr konkrete und von Start-ups begrüßte Ankündigungen wurden im Laufe der Legislaturperiode nicht angegangen, so der Branchenverband. So wurde im Koalitionsvertrag eine Gründungszeit analog dem Modell der Familienpflegezeit versprochen, es wurden aber keinerlei Maßnahmen getroffen, diese umzusetzen. Laut des Branchenverbandes gebe es bei der Bundesregierung im Bereich der Start-up-Politik kein Erkenntnisproblem, aber durchaus noch ein Umsetzungsproblem, so der deutsche Digitalverband. Vor allem müsste man künftig nach dem Prinzip „digital first“ denken und handeln und alle neuen Gesetze darauf abklopfen, ob sie die Digitalisierung voranbringen oder aber Innovationen, gerade von Start-ups, unnötigerweise hemmen, fordert Bitkom. Zudem sollten junge Menschen in Schule und Ausbildung stärker dazu motiviert werden, selbst ein Unternehmen zu gründen.