Die Summe der Wagniskapitalinvestitionen in deutsche Start-ups steigt auf Rekordniveau: Im ersten Halbjahr 2018 haben junge Unternehmen in der Bundesrepublik 2,2 Mrd. EUR eingesammelt – 3,5% mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das ergibt das Start-up Barometer vom Juli 2018 der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Auch die Zahl der Investitionen erreicht einen neuen Höchststand. Insgesamt gab es 272 Transaktionen, 3% mehr als im ersten Halbjahr 2017.
Peter Lennartz, Partner bei EY: „Für den Start-up-Standort Deutschland war das erste Halbjahr erneut erfolgreich.“ Immer mehr Gründer erhielten frisches Kapital. Die Wachstumsdynamik reduziert sich allerdings. In den ersten sechs Monaten 2016 stieg die Zahl der Transaktionen um 60%, 2017 lag die Wachstumsrate bei 6%, aktuell liegt sie bei 3%. „Wir haben in Deutschland inzwischen offenbar einen vorläufigen Höhepunkt der Marktaktivitäten auf hohem Niveau erreicht.“ Vor allem die Zahl kleinerer und mittlerer Finanzierungsrunden stagniert – laut Lennartz, weil diese Investments oft mit höherem Risiko verbunden sind, „weil es sich um sehr junge Unternehmen mit zumeist noch nicht erprobten Geschäftsmodellen handelt“. Gestiegen ist dagegen die Zahl großer Runden mit Summen von über 10 Mio. EUR: von 36 auf 45. Für Lennartz der Beweis, dass Start-ups erste Kapitalspritzen gut verwerten und sich positiv entwickeln.
In Berlin stimmen die Rahmenbedingungen für Start-ups
Den Titel der deutschen Start-up-Hauptstadt trägt einmal mehr Berlin. 123 Finanzierungsrunden brachten den ansässigen jungen Unternehmen Kapital in Höhe von insgesamt 1,6 Mrd. EUR ein. Lennartz: „In Berlin hat sich das wichtigste und größte Ökosystem für Start-ups etabliert.“ In der Stadt stimmten die Rahmenbedingungen – auch im internationalen Vergleich. „Ausländische Investoren haben Berlin längst auf dem Schirm.“ Im Bund liegt Bayern auf dem zweiten Platz: 46 Finanzierungsrunden und ein Investitionsvolumen von 355 Mio. EUR. Für das südlichste Bundesland ist die Zahl eine enorme Verbesserung: Im Vergleichszeitraum 2017 sammelten junge Unternehmen im Freistaat lediglich 213 Mio. EUR ein – 67% Anstieg innerhalb eines Jahres. Diese Entwicklung zeigt laut Lennartz, dass die Spezialisierung auf Schwerpunkte, die Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Forschungseinrichtungen, etablierten Konzernen und Jungunternehmern sowie die regionale Förderung durch die Politik zu Erfolgen führen.
Digitale Infrastruktur ausbauen
Künftig bedarf es laut Lennartz stärkerer Finanzierungsaktivität in kleinen und mittleren Runden. Außerdem sieht der EY-Partner die Regierung in der Pflicht. Die Rahmenbedingungen des Staates seien nicht ideal. „Bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Investitionen in Start-ups würden die Attraktivität erhöhen.“ Zudem sollten Vorschriften in Bezug auf Arbeitserlaubnis und Visa für internationale Talente gelockert werden. Zentral seien auch bessere Datennetze: „Wir müssen die digitale Infrastruktur ausbauen.“