„Männer gehen schneller ins Geschäftemachen über“
An der Präsentation erfolgreicher Vorbilder wird also fleißig gearbeitet. Natascha Hoffner, Geschäftsführerin der messe.rocks GmbH, betont zudem die Relevanz weiblicher Netzwerke. Diese könnten die Gründertätigkeit der Damen fördern. Hoffner organisiert mit ihrem Team die herCareer, eine Karrieremesse für Frauen. Sie ist sicher: „Gute Netzwerke können bei einer Gründung ausschlaggebend sein.“ Auch Preiswerk ist sicher, dass die Macht von Netzwerken nicht unterschätzt werden sollte: „Das kann ein entscheidender Faktor sein. Frauen tun sich schwerer, sollten es jedoch in diesem Punkt den Männern gleichtun. Damit meine ich das Kontakteknüpfen in alle Richtungen.“ Goehringer sieht Initiativen, die sich ausschließlich an Frauen richten, positiv: „Es geht darum, dass man andere Frauen kennenlernt – einfach, um zu sehen, dass man nicht alleine ist. So fühlt es sich nämlich manchmal an als Gründerin.“ Netzwerke helfen Goehringers Ansicht nach zudem, einen Nachteil wettzumachen: „Gegenseitiges Unterstützen ist etwas, das bei Männern schon eher in der Kultur angekommen ist. Da geht man schneller ins Geschäftemachen über.“ Frauen seien häufig zögerlicher, wollten niemandem zu nahe treten. Hier könnten Organisationen von Frauen für Frauen die Befangenheit nehmen.
Mit falschen Allgemeinplätzen aufräumen
Es gibt also Projekte, die vernetzen, Risikobereitschaft fördern, Vorbilder zeigen. Die Gründungstätigkeit der deutschen Damen ist dennoch überaus gering – auch im internationalen Vergleich: Für den Global Entrepreneurship Monitor erheben Forscher Daten aus mehr als 50 Ländern. In lediglich fünf Staaten machen sich Frauen seltener selbständig als in der Bundesrepublik. In strukturell ähnlichen Ländern wie Kanada oder Estland ist die weibliche Gründungsquote fast viermal höher als in Deutschland. Hoffner glaubt, diese Zahlen resultieren auch aus Geschlechterklischees: „Nehmen wir Kinderbücher. Schon früh lernen Mädchen, dass sie als Erfinderinnen nicht taugen, weil sie hier nicht auftauchen.“ Es gelte, mit falschen Allgemeinplätzen aufzuräumen, bei System und der Erziehung anzusetzen. „Gründungen sind auch dann in IT und Technologie möglich, wenn man keinen entsprechenden Background hat.“ Die Behauptung, dass Gründungen nur erfolgreich sind, wenn man 50 Stunden und mehr in der Woche arbeitet, kann Hoffner aus eigener Erfahrung entkräften. Man könne sie gerne als Entrepreneurin und Mutter von zwei Kindern als Beispiel nehmen: „Ich beschäftige mich zwar ständig mit meinem Unternehmen, meine Bürozeiten sind allerdings nahezu nine to five.“ Die Geschäftsführerin sieht den Staat in der Pflicht. Die Politik müsse regulatorisch eingreifen: „Wir brauchen die Quote. Mehr Frauen in Führungspositionen würden auch weibliche Gründer stärken.“
Ausblick: Frauen erwirtschaften mehr – sie müssen sich nur trauen
Falls die Politik einen Anreiz braucht: Eine höhere Zahl Gründerinnen würde Land und Wirtschaft zugute kommen. Die Damen liefern langfristig die besseren Zahlen. Das ergibt eine Studie der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group und des Accelerators Mass Challenge. Obwohl Frauen weniger Kapital von Investoren erhalten, generieren ihre Start-ups mehr Einnahmen als die der männlichen Kollegen. Pro eingesammelten USD verdienen Frauen 78 Ct., Männer lediglich 31 Ct. Der Mangel an Selbstvertrauen, die vorherrschenden Geschlechterklischees – unnötiges Kopfzerbrechen, sieht man diese Zahlen. Man wünscht sich, dass mehr Frauen wie Goehringer, Claus und Stadelmaier oder Hoffner den Sprung wagen. Man wünscht sich, dass mehr Frauen wie Goehringer sagen können: „Ich hatte schon immer Lust, etwas zu schaffen, etwas zu gestalten. Und heute habe ich ein wirklich schönes Produkt auf dem Markt. Das bringt mir viel Freude.“ Die passende Hymne gibt es übrigens bereits: Wer wie James Brown seit 1966 die „Man‘s world“ rühmt, den erinnert Beyoncé seit 2011 freundlich daran: „Who run the world? Girls.“