In vielen Bereichen der Wirtschaft sind Frauen nach wie vor in der deutlichen Minderheit. Das ist auch in der Venture Capital- und Private Equity-Szene nicht anders. Weibliche Investoren sind in bestimmten Positionen noch immer unterrepräsentiert. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Aber es gibt Hoffnung – Netzwerke entstehen, um den Beruf auch für junge Frauen dauerhaft interessant zu machen.
„Ich mag meinen Beruf sehr“, sagt Dr. Tanja Emmerling, Investorin beim High-Tech Gründerfonds (HTGF), angesprochen auf ihr tägliches Tun. Als Principal baut sie seit Anfang des Jahres 2018 die Dependance in der Hauptstadt für den HTGF auf. Für 32 Fondsinvestoren erschließt der HTGF hier Technologien und Innovationen der Hauptstadt und öffnet das eigene Kontaktnetzwerk dem Berliner Start-up-Ökosystem. Das gilt insbesondere für Tech-Unternehmen. Noch sind einige Schreibtische der neuen Räumlichkeiten unbesetzt, aber das wird sich in den nächsten Wochen ändern, denn Emmerling sucht derzeit weitere Mitarbeiter für den Standort Berlin. „Ich hätte sehr gerne Frauen im Team“, sagt sie, „aber das Recruiting gestaltet sich schwierig. Ich bekomme deutlich mehr Bewerbungen von Männern als von Frauen.“
MINT-Fächer reizen die wenigsten Frauen
Auch auf Konferenzen, Netzwerkveranstaltungen oder anderen Events ist das Bild fast immer das gleiche: Im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen trifft Emmerling nur wenige Investorinnen. Gefragt, wie viele Frauen sie aus der Venture Capital-Szene wohl kenne, überlegt sie eine Weile und antwortet dann, in Berlin seien wohl so um die 20 Frauen. Im Vergleich zu den männlichen Kollegen eine geringe Zahl. „Es müssen mehr werden“, sagt Emmerling. Woran liegt es, dass es für Frauen offenbar noch immer unattraktiv ist, in der Venture Capital- oder Private Equity-Szene zu arbeiten? Der Job hat schließlich nicht nur mit trockenen Zahlen, sondern auch sehr viel mit Menschen zu tun. Müsste es Frauen nicht sogar entgegenkommen? Das Problem fange ja nicht erst bei den Bewerbungen an, so Emmerling, sondern schon bei der Auswahl der Studienfächer. Sogenannte MINT-Fächer zögen weiterhin hauptsächlich Männer an, und die Frauen, die sich für ein betriebswirtschaftliches Studium entschieden, arbeiteten im Anschluss eher auf Positionen in den Banken als im Wagniskapitalgeschäft.
Kleine Teams, wenig Frauen
Für Deutschland gibt es derzeit noch keine belastbaren Zahlen über die genaue Anzahl an Frauen in der Venture Capital- oder Private Equity-Szene. Eine Untersuchung der British Private Equity and Venture Capital Association (BVCA) schlüsselt jedoch auf: In britischen Beteiligungsgesellschaften mit zehn oder weniger Beschäftigten bestehen 67% der Teams ausschließlich aus Männern. Mit zunehmender Größe der Investmentteams nimmt der Anteil ab. Heißt: Je größer das Unternehmen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für „gemischte Teams“. Allerdings gibt es auch Erfreuliches: Die Anzahl der jüngeren Frauen auf Junior-Positionen steigt. Die Studie stellt fest: In Unternehmen mit über 80 Beschäftigten sind 31% der Junior-Positionen mit Frauen besetzt.
Bewusstsein wächst
Findet also gerade ein Generationenwechsel statt? „Ja“, sagt Luise Gruner, die bis zur Geburt ihres ersten Kindes als Principal bei German Media Pool tätig war und in dieser Funktion fast täglich mit jungen Gründern zusammengearbeitet hat. Sowohl bei ihren Vorgesetzten als auch bei den männlichen Start-upern habe das Bewusstsein für Frauen als Kapitalgeber zugenommen. Trotz der überwiegenden Zahl an Kollegen spiele das Geschlecht keine Rolle mehr, „denn Investmententscheidungen werden ja nach klaren, festgelegten Kriterien entschieden“, sagt sie. Vielleicht habe sie bei der Konstellation der Gründerteams noch etwas genauer hingeschaut als ihre Kollegen, aber Emmerling vom HTGF wiegelt ab: „Ich schaue natürlich sehr genau, ob die Rollen im Gründerteam richtig besetzt sind. Aber meine Kollegen im Team machen das auch.“