Milliardenmarkt im digitalen Wandel
Knapper werdende Ressourcen, Umweltverschmutzung, eine wachsende Weltbevölkerung – viele drängende Fragen sind eng damit verknüpft, wie wir Personen und Güter von A nach B bringen. Die Mobilität der Zukunft verlangt neue Fortbewegungsmittel und Konzepte für deren Anwendung. Automobilindustrie, Industriekonzerne, IT-Unternehmen und viele andere mischen dabei mit. Der Markt befindet sich in einem nie dagewesenen Umbruch.
Immer mehr Mobilitätslösungen gibt es on demand bzw. als Shared Services. Mobility as a Service (MaaS) ist laut der Studie „Auto & Mobility Trends In 2019“ von CB Insights einer der großen Wachstumsmärkte. Neben dem Ride-Hailing, der Vermittlung von Mitfahrgelegenheiten, gibt es heute Angebote mit Fahrrädern, Scootern und Carsharing. In urbanen Regionen ist MaaS schon eine echte Alternative zum privaten PKW. Geteilte Fahrzeuge sind in der Regel auch besser ausgelastet und schonen damit Ressourcen und Umwelt. Unternehmen wie General Motors, Daimler und Volkswagen reagieren auf den Wandel und positionieren sich statt als Automobilhersteller zunehmend als Mobilitätsdienstleister. Auch Google, Apple und viele asiatische Anbieter drängen in den Markt. Hinsichtlich Größe und Bewertungen der neuen Player überhole China mitunter das Silicon Valley, so Dr. Nikolas Zirngibl, Rechtsanwalt bei Hogan Lovells in München. Sein Team begleitet Automobilkonzerne im Bereich M&A und Beteiligungen. Der chinesische Fahrdienstvermittler Didi etwa übernahm 2016 Uber China. Heute deckt Didi 90% des chinesischen Marktes ab und vermittelt pro Jahr sieben Milliarden Fahrten. Angesichts der Konkurrenz entstehen hierzulande neue Allianzen. BMW und Daimler legten Ihre Carsharing-Dienste unter dem Namen ShareNow zusammen und investierten gemeinsam in das Ladeinfrastruktur-Start-up ChargePoint.
Bereiche verschmelzen
„Die Megatrends der Automobilindustrie heißen autonomous, connected, shared und electric“, so Zirngibl. Darunter gebe es viele Teilbereiche. Bei vernetzten Autos zum Beispiel seien Daten und Datenaustausch ein großes Thema: „Wenn autonome Autos miteinander kommunizieren, wer macht dann was mit den Daten und wem gehören die Daten?“ Den Durchbruch des autonomen Fahrens erwartet Zirngibl in drei bis fünf Jahren. Dann werden auch Ride-Hailing und Carsharing ineinander aufgehen: „Wenn die Autos allein fahren, ist das Produkt das gleiche.“ Innerhalb der Megatrends gebe es einen Kernbereich, den Konzerne, OEMs und Zulieferer selbst bearbeiten, so Zirngibl. Die Hersteller investieren Milliarden, Tendenz steigend. Größere Chancen für Private Equity und Venture Capital sieht Zirngibl außerhalb des Kernbereiches, bei den Leistungen rund ums Fahren, wie etwa beim Laden und Energiemanagement.
Großes Potenzial im Logistiksektor
Dr. Jan-Christoph Rickers ist Managing Director beim MobilityFund, der in Mobilitäts-Start-ups investiert. „In Europa haben Automobilindustrie und Logistik im internationalen Vergleich einen hohen Stellenwert, auch in der Ausbildung“, so Rickers. Darum gebe es hier entsprechende Start-ups. Doch im Bereich Late-Seed, wenn das Produkt entwickelt, aber die Traktion noch gering sei, sieht er eine Finanzierungslücke. „Genau hier ist unser Sweetspot“, so Rickers. Die Finanzierungen sind oft Convertible Loan Agreements, die später zu Eigenkapital werden. E-Scooter seien ein großer Trend, so Rickers, „doch wir werden nicht in einen Flottenbetreiber investieren“. Es sei fast unmöglich, mit Shared Mobility langfristig wirtschaftlichen Erfolg zu haben. Lyft und Uber hätten gezeigt, wie kapitalaufwendig es ist, Märkte zu besetzen. „Profitabilität ist vermutlich nur mit autonomen Fahrzeugen möglich, und bis zu deren Einsatz wird noch Zeit vergehen“, so Rickers.
Lesen Sie in unserer Ausgabe 5/2019 in welche Geschäftsmodelle Rickers stattdessen investiert und welche weiteren Ideen die Zukunft der Mobilität für sich beanspruchen: Hier geht es zum E-Magazin.