Es ist nicht nur den Schülern von „Fridays for Future“ klar, dass wir die linearen Wertschöpfungsketten in einen Kreislauf überführen müssen. Wir können nicht langfristig Rohstoffe aus der Erde holen, diese verbrennen oder verarbeiten, bis sie auf der Müllkippe oder in der Verbrennungsanlage landen. Die Stoffströme müssen im Kreis geführt werden. Die Umstellung von der linearen zur zirkularen Wirtschaft wird zu disruptiven Veränderungen von Geschäftsabläufen und -modellen führen. Das kann teuer und schmerzhaft werden.
Neue Technologien stellen aber in Aussicht, den Schmerz zu lindern und einen hohen Lebensstandard auch in der Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Das kann Aufgabe von Start-ups sein, da die großen Unternehmen ihre linearen Prozesse über viele Jahre optimiert haben und sich von ihnen nicht freiwillig trennen werden. Damit ergeben sich Chancen für die jungen Unternehmen disruptive Innovationen durchzusetzen. Ein scheinbar perfektes Umfeld für Venture Capital. Aber die Venture Capital-Industrie hat sich bereits vor Jahren an sogenannten Cleantech-Innovationen verhoben. Sie wendete sich ab.
In den Feldern Sustainable Chemistry oder Circular Bioeconomy tun sich Lücken in der Finanzierungskette auf. Die frühe Unternehmensphase kann über Fördermittel, Business Angels oder Seed-Fonds finanziert werden. Doch wer finanziert schon gerne den Start, wenn die Gefahr besteht, in den späteren Phasen trocken zu laufen? Problematisch sind die oft erforderlichen Investitionen in das Upscaling: von der Pilot- zur Demoanlage und später auf den Industriestandard. Diese Investitionen sind hoch und anlagenintensiv, sodass Venture Capital meist nicht passt. Wir benötigen daher neue Instrumente, spezielles Know-how und Netzwerke zur Finanzierung dieser asset-lastigen Investitionen. Die European Investment Bank hat die Initiative ergriffen und möchte eine Circular Bioeconomy Investment-Plattform einrichten. Es wäre wünschenswert, dass sich die Industrie und die nationalen Initiativen hier bündeln.
Dr. Michael Brandkamp ist Geschäftsführer der High-Tech Gründerfonds Management GmbH mit Sitz in Bonn.