Bildnachweis: EZN Erfinderzentrum Norddeutschland.
Neue Technologien, die von innovativen Unternehmen – insbesondere von Start-ups – entwickelt werden, beinhalten Vorteile gegenüber dem Wettbewerb. Oftmals basiert die Geschäftsgrundlage auf diesen Wettbewerbsvorteilen beziehungsweise Innovationen. Doch wie nachhaltig sind diese Innovationen für die Unternehmensentwicklung beziehungsweise wie lange hält der Technologievorsprung an? Wie sicher sind Innovationen als Geschäftsgrundlage und Investitionen in deren Umsetzung? Genau an diesem Punkt setzen Patente an. Patente können durch den Schutz der technischen Alleinstellungsmerkmale eine gewaltige Schutzmauer um die Wettbewerbsvorteile ziehen und somit die Geschäftsgrundlage sichern – und das für bis zu 20 Jahre. Patentierte Erfindungen können vom Wettbewerb nicht nachgemacht und kaum substituiert werden. Aus diesen Gründen werden Patente den Core Assets zugeordnet. Doch was macht Patente wirklich wertvoll und worauf ist im Rahmen einer Analyse, vor allem im Kontext einer Finanzierung, besonders zu beachten?
Erfahrungsgemäß stellt sich im Zusammenhang einer Analyse der (geplanten) Unternehmung in Bezug auf Patente in einem ersten Schritt die Frage, ob solche Schutzrechte in einem Unternehmen schon vorhanden oder Anmeldungen geplant sind. Wenn bereits Patente beziehungsweise Patentanmeldungen existieren, kann sich dies in Rahmen einer Finanzierung sehr positiv auswirken. Beispielsweise hat die Studie „To Be Financed or Not – The Role of Patents for Venture Capital Financing“ des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung ergeben, dass im Bereich Biotechnologie die Zeit bis zur ersten Venture Capital-Finanzierung um 76% verkürzt wird, wenn das Unternehmen über mindestens eine Patentanmeldung verfügt. Interessanterweise ist der Zeitpunkt der Venture Capital-Finanzierung von der Erteilung des Patents unabhängig.
Einspruch wird positiv gesehen
Falls Patente beziehungsweise Patentanmeldungen vorhanden sind, wird in einem zweiten Schritt die Qualität dieser Schutzechte analysiert. Die Praxis zeigt, dass eine detaillierte Recherche zum Stand der Technik vor der Patentanmeldung und die Wahl eines Patentanwalts mit einschlägiger fachlicher Reputation zur Ausarbeitung der Patentanmeldung äußerst vorteilhaft sind, um ein qualitativ hochwertiges Schutzrecht zu erwirken. Gemäß der oben genannten Studie fließt in die Qualitätsanalyse auch die Anzahl der enthaltenen Zitationen ein. Erstaunlich ist, dass der gefürchtete Einspruch nach einer Patenterteilung von Investoren nicht negativ, sondern positiv gewertet wird, da dieser als Indikator für eine kommerzielle Verwertbarkeit gesehen wird – die Wahrscheinlichkeit einer früheren Venture Capital-Finanzierung wird dadurch sogar erhöht. Diese Studie stammt zwar aus dem Jahr 2009, allerdings ist die Bedeutung der Patente in den letzten Jahren stark gewachsen – die weltweite Anzahl der jährlichen Patentanmeldungen hat sich seit 2005 in etwa verdoppelt.
Schutzrechtsportfolios gern gesehen
Im Rahmen der Qualitätsanalyse wird auch berücksichtigt, welche technischen Merkmale über das Patent tatsächlich geschützt sind, welche Umgehungsmöglichkeiten es gibt, ob diese Umgehungsmöglichkeiten durch zusätzliche Schutzrechte versperrt sind und in welchen Ländern/Gebieten der Patentschutz besteht. Wenn im internationalen Bereich mehrere Erfindungen beziehungsweise Patente im Spiel sind und Umgehungsmöglichkeiten durch weitere Schutzrechte ausgeschlossen werden sollen, kann sich schnell ein größeres Patentportfolio mit mehreren sogenannten Patentfamilien bilden. Professionell aufgebaute Schutzrechtsportfolien werden von Investoren in der Regel begrüßt.
Wem gehören die Rechte an den Patenten
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Beantwortung der Frage, wer über die Rechte an den Patenten verfügt. In wessen Schatztruhe liegen die Juwelen? Befinden sich die Rechte im Unternehmen, beim Erfinder privat oder bei einem Dritten? In zahlreichen Verhandlungen hat sich gezeigt, dass Investoren es sehr gerne sehen, ja schon fast zur Bedingung machen, dass die Rechte vollständig dem Unternehmen gehören, in das investiert wird. Dies hat nachvollziehbare Gründe: Wenn das Unternehmen allein über die Patente verfügt, kann es logischerweise nicht gegen diese verstoßen und auch der Verlust einer überlebenswichtigen Lizenz kann ausgeschlossen werden. Das gibt Sicherheit. Maschinen, Anlagen oder sonstige Güter von nennenswertem Wert sind in der Anfangsphase eines Unternehmens äußerst selten vorhanden. Daher sind – neben den Köpfen der Gründer – die Patente oftmals die einzigen Assets, die ein technologiebasiertes Start-up überhaupt hat. Und das spielt bei der Unternehmensbewertung beziehungsweise Risikobetrachtung eine entscheidende Rolle: Falls es zur Insolvenz des jungen Unternehmens kommen sollte, sind die Patente meist das Wertvollste, das veräußert werden kann und daher sollte beziehungsweise muss aus Investorensicht das Investment gleichzeitig die Rechte an diesen umfassen. Aus Sicht des Unternehmens/Start-ups ist es allerdings nicht ganz unbedenklich, die Rechte an den Patenten an das Unternehmen zu übertragen. Durch diese Übertragung wird schlussendlich riskiert, dass die Rechte im Falle einer Insolvenz verloren gehen. Denn: Wenn es später wider Erwarten zur Insolvenz kommen sollte, kann es für die Gründer/Unternehmer sehr schwierig bis unmöglich werden, die Patente überhaupt zu behalten beziehungsweise zurückzuerlangen. Sind die Patente erst einmal verloren, bricht in den meisten Fällen auch die Basis des Unternehmens beziehungsweise dessen Geschäftsgrundlage zusammen. Eine Fortführung oder Wiederbelebung des bisherigen Geschäfts ist dann nicht mehr möglich.
Unterstützung durch Experten
Wenn dann noch die Patentierungsstrategie an die geplante unternehmerische Umsetzung angepasst wird und erfahrene Experten mit einbezogen werden, ist der Erfolgskurs eingeschlagen. Die Experten sollten den Patentierungs- und Umsetzungsprozess objektiv und ganzheitlich, also neben den technischen auch die wirtschaftlichen Gesichtspunkte, betrachten können. In der Praxis können Gutachten, die eine objektive Bewertung einer Erfindung beziehungsweise eines Schutzrechts oder Patentportfolios beinhalten, gegenüber Kapitalgebern einen deutlichen Pluspunkt darstellen. Das gilt insbesondere dann, wenn diese Gutachten von erfahrenen Experten angefertigt wurden und in einer für einen fachlichen Leihen leicht verständlichen Sprache geschrieben wurden. Ideal ist, wenn ein solches Gutachten einen juristischen, naturwissenschaftlichen, technischen und ökonomischen Blickwinkel beinhaltet. Diese Kriterien erfüllt zum Beispiel das „Signo-Gutachten Patentwert“, das in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Wirtschaft Köln entwickelt wurde.
Patente in jedem Fall beachten
Patente bieten eine der wenigen gesetzlichen Möglichkeiten, ein Monopol zu bilden. Vereinfacht ausgedrückt darf der Patentinhaber einem Dritten die Nutzung der geschützten Erfindung verbieten. Wer Patente sein eigen nennt, besitzt eine mächtige Waffe. Daher ist in jedem Fall auch sicherzustellen, dass man selbst nicht gegen Schutzrechte Dritter verstößt. Eine fundierte Recherche in der Patentliteratur ist daher obligatorisch und unabhängig davon, ob man selber Patente hat beziehungsweise anmelden möchte. Immerhin waren nach Angaben der World Intellectual Property Organization im Jahr 2017 weltweit rund 14 Millionen Patente in Kraft. Angesichts dieser Menge ist eine Kollision mit einem Schutzrecht eines Dritten nicht unwahrscheinlich. Und pro Jahr kommen über drei Millionen neue Patentanmeldungen hinzu. In einigen Fällen wird daher von Geldgebern auch eine sogenannte Freedom to Operate-Analyse gefordert. Werden Patente des Wettbewerbs ermittelt, die der eigenen Umsetzung entgegenstehen, ist zu klären, wie eine Einigung mit dem Inhaber aussehen könnte – ein probates Mittel sind Lizenzverträge.
Fazit
Grundpfeiler des Patentwesens sind die Erlangung eines eigenen, optimalen Patentschutzes sowie die Beachtung Schutzrechte Dritter und die Sicherstellung einer Kollisionsfreiheit. Ein eigener Patentschutz bietet viele Vorteile, wenn er strategisch richtig umgesetzt wird. Der Konkurrenz kann durch den gezielten Schutz der technischen Alleinstellungsmerkmale Einhalt geboten werden. Patente können als Core Assets die Grundlage für nachhaltige Wettbewerbsvorteile bilden. Durch Patente können die Risiken des eigenen Geschäfts reduziert und die Investitionen in Innovationen sicher geplant und getätigt werden. Gerade Start-ups im Bereich Technologie haben einen größeren Kapitalbedarf und daher ist häufig Wagniskapital erforderlich. Patente können das Einwerben von Venture Capital erleichtern und eine Finanzierung beschleunigen. In jedem Fall gilt: Bei der Ausübung des Geschäfts müssen auch die Schutzrechte des Wettbewerbs berücksichtigt werden, damit kein Konkurrent die Nutzung der eigenen Technologie verbieten kann. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Schutzrechten Dritter wird daher von Geldgebern in der Regel gefordert und auch honoriert.
Dr. Hanns Kache hat als Projektingenieur an einem Institut der Leibniz Universität Hannover neue Fertigungstechnologien und Produkte erforscht und entwickelt. Seit 2013 ist er bei der EZN Erfinderzentrum Norddeutschland GmbH tätig – ein Beratungsunternehmen im Innovationsmanagement. Kache ist zertifizierter Patentingenieur und berät Unternehmen, Gründer und Universitäten bei der Entwicklung, Patentierung und Kommerzialisierung von innovativen Technologien. Er ist Mitglied in Expertenrunden auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene.