Selbst nach 22 Jahren Venture Capital bleibt die Tätigkeit im Venture Capital-Geschäft für mich spannend wie ein Krimi und die Lernkurve steil. Die Auseinandersetzung mit Innovationen, Businesskonzepten und hochmotivierten Unternehmern fasziniert und begeistert mich jeden Tag neu.
Als Geschäftsführer von tbg und HTGF habe ich stets versucht unternehmerisch zu ticken, responsiv und aktiv zu sein. Allerdings muss ich nach meinem Perspektivwechsel zum 1. Januar 2020 erkennen, dass ich die Start-ups und Gründer oft nicht verstanden habe oder mir die Zeit nicht genommen habe, um wirklich nachzuvollziehen, was auf Seiten der Gründer und Unternehmer so los ist. Der Aufbau eines neuen Unternehmens ist so komplex und mit überraschenden Ereignissen verbunden, dass das Gründerteam oft eine Achterbahn der Gefühle durchlebt.
Investoren werden derweil von eigenen Prozessen und Anforderungen vollständig in Anspruch genommen. Dabei kommt das Verständnis und Einfühlungsvermögen gegenüber Gründern zu kurz. Dazu kommt noch, dass einige Investoren überzeugt sind, das Business besser zu verstehen als die Gründer selbst. Das Verständnis ist aber wichtig, um eine gute Zusammenarbeit entwickeln und Beteiligungen wirklich voranbringen zu können. Erst seitdem ich nicht mehr Geschäftsführer im HTGF bin und selbst ein neues Unternehmen (European Circular Bioeconomy Fund) aufbauen darf, wird die Bedeutung von Empathie und gegenseitigem Verständnis wirklich deutlich. Es brauchte erst einen Perspektivwechsel, um mir die Augen zu öffnen.
Dr. Michael Brandkamp ist General Partner beim ECBF European Circular Bioeconomy Fund. Zuvor war er mehr als 14 Jahre als Geschäftsführer des High-Tech Gründerfonds tätig.