Kommentar: Eine vielfältige Szene

Wir werden oft – und zwar nicht nur von Start-ups – gefragt, wie denn der
typische Business Angel „so ist“. Mit der Antwort tun wir uns meist schwer; in
dem Kreis der bei uns gelisteten Privatinvestoren ist die Vielfalt nämlich groß.
Andererseits ist aber auch die Vielfalt der Start-ups immens, und dadurch finden
„passende“ Konstellationen häufig auch gut zusammen. Damit wäre eigentlich
schon alles Wesentliche gesagt, aber lassen Sie uns trotzdem etwas tiefer in ein
paar Details gehen:
Über welche Eigenschaften verfügen denn nun Business Angels oder
Privatinvestoren? (Wir haben übrigens einige Investoren im Netzwerk, die wir
ausdrücklich nicht Business Angel nennen dürfen!) Zunächst einmal verfügt ein
Investor über Geld – sicher eine der Grundvoraussetzungen, aber dennoch in sehr
unterschiedlichem Volumen verfügbar. Die Spanne ist weit, reicht sie doch von
insgesamt einigen Millionen bis in den zehnstelligen Bereich. So agieren manche
Privatinvestoren in sehr frühen Phasen, mit kleineren Tickets, vielleicht sogar
gepoolt aus mehrfach einigen Zehntausend Euro bis hin zu Ticketgrößen
einzelner Business Angel, die in Venture Capital-ähnliche Bereiche gehen. In
unserem Netzwerk setzen wir eine Ticketgröße pro Runde von mindestens 50.000
EUR je Start-up voraus. Dabei gibt es Investoren, die in Folgerunden sehr lange
mitzugehen imstande sind und dies auch wollen, sowie Business Angels, die in
nächsten Runden ungern oder nur minimal mitgehen können und wollen. Auch
bezogen auf den geplanten Zeithorizont der Investition bestehen Unterschiede.
Der Großteil der Business Angels strebt einen Exit an, zum Teil innerhalb weniger
Jahre, während bisweilen auch die Bereitschaft besteht, dauerhaft investiert zu
bleiben und über die Rendite Rückflüsse zu erhalten.

Engagement unterschiedlich ausgeprägt

Ein zweiter wesentlicher Aspekt umfasst den beruflichen Hintergrund, das Know-
how und das persönliche Engagement der Business Angels. Hier ist die Vielfalt
nicht geringer: Das Spektrum reicht von unternehmerischem Hintergrund,
Beratung, Corporate Management bis hin zu eigener Start-up-Erfahrung. Auch
bezüglich der gewünschten Suchfelder – bewusst innerhalb oder außerhalb des
eigenen beruflichen Hintergrundes (Diversifizierung!) – unterscheiden sich
Business Angels. Darüber hinaus gibt es Privatinvestoren, die sich maximal über
ein sehr lockeres Begleiten der Start-ups einbringen, ihr Netzwerk und ihre
Kontakte nutzen, sowie solche, die sich sehr intensiv engagieren, mit mehreren
Tagen pro Woche (meist auf einen gewissen Zeitraum beschränkt). Unterschiede
zeigen sich darüber hinaus in der Portfoliostrategie: Manche Investoren
beschränken sich auf fünf bis sechs Start-ups, meist gekoppelt an intensiveres
Einbringen und spezifisches Know-how mit der Fragestellung: Was kann ich dem
Start-up außer Geld noch einbringen? Am anderen Ende stehen Investments in 20
oder weitaus mehr Start-ups mit einer breiten Streuung.

Fazit

Kurz gesagt: Den typischen Business Angel gibt es nicht. Das bedeutet andererseits für die Start-ups, dass sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch den idealen Partner finden können. Wichtig ist aus der Start-up-Sicht, sich darüber klar zu werden, was neben dem rein finanziellen Aspekt für die Weiterentwicklung des Unternehmens wirklich wichtig ist – denn eines haben die Angels und Privatinvestoren dann doch gemeinsam: Sie schätzen eine professionelle Vorbereitung, sind selbst sehr erfahren wie auch engagiert und
bringen neben einer gesunden, kritischen Art auch Begeisterung für neue Technologien und unternehmerische Persönlichkeit mit.
Dr. Carsten Rudolph
ist Geschäftsführer der BayStartUp GmbH. Er war seit 2009 bereits Geschäftsführer der Initiative evobis, die sich mit netzwerk nordbayern zu BayStartUp zusammenschloss. Vorher sammelte er umfangreiche Erfahrungen in der Industrie, der Unternehmensberatung sowie der nationalen und internationalen Start-up-Szene. Zuletzt war er Projektleiter der Hightechgründerinitiative „unternimm was.“ der Microsoft Deutschland GmbH und Geschäftsführer des netzwerk nordbayern. Davor hatte Dr. Rudolph als Geschäftsführer erfolgreich ein IT-Start-up aufgebaut.
Dr. Cornelia Kolb
promovierte im Bereich Academic Entrepreneurship und leitet das Investorennetzwerk von BayStartUp zur Vermittlung von finanzierungsreifen Start-ups an Investoren. Sie hat langjährige Erfahrung mit technologieorientierten Start-ups, der Entwicklung von Geschäftsmodellen und ist selbst Co-Founderin
eines Technologieunternehmens.