Die Bewertung eines Start-ups ist auch im Jahr 2020 noch ein Blick in die Glaskugel. Gerade beim schnell wachsenden Jungunternehmen tun sich Analysten und Investoren schwer. Nicht selten kommt es in den Finanzierungsrunden zu wochenlangen Diskussionen über Methoden, Kriterien und Gewichtungen. Weil keine standardisierte Bewertungsmethodik für Start-ups und High Growth-Unternehmen existiert – die Palette reicht von Discounted Cashflow-Verfahren über Multiples bis Option Pricing –, werden Bewertungen häufig auf Basis von Finanzierungsrunden hochgerechnet.
„Bewertungen sind dynamisch und immer auch abhängig von Angebot und Nachfrage“, stellt Falk Müller-Veerse, Partner bei der Investmentbank Bryan Garnier & Co, klar. Die Suche nach lukrativen Investments ist lang, wenn – wie vor der Corona-Krise – viel Geld im Markt ist. Peter Huber, Partner am Münchner Standort der Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells International LLP, der FlixBus bei sämtlichen Finanzierungsrunden rechtlich beraten hat und schon bei vielen Finanzrunden dabei war: „Die Bewertung einer Company ist natürlich immer die Gretchenfrage. Jeder Investor möchte möglichst viel haben für sein Geld.“ Als bemerkenswert empfindet Huber die Tatsache, dass gerade bei großen Tickets die Bewertungen der prüfenden Investorenteams „nicht sehr weit auseinander liegen“. Mal seien es 10%, mal 15%, selten aber 30% oder mehr: „Das zeigt, dass da erfahrene Profis am Werk sind.“ Und die Start-ups? Kluge Unternehmer würden nicht auf die letzten 5% bis 10% achten, die ein Kapitalgeber mehr bietet als ein anderer, sondern vielmehr auf das Know-how und die Reputation des Investors: „Ein erstklassiger Investor verleiht einem Late Stage Venture Glaubwürdigkeit und öffnet wichtige Türen.“
„Fear of Missing Out“ sorgt für hohe Bewertungen
Weltweit haben Wagniskapitalgeber im vergangenen Jahr knapp 130 Mrd. USD frisches Kapital übertragen bekommen, 21 neue Fonds mit einem Volumen von gut 500 Mio. USD sind entstanden. Müller-Veerse: „Das erhöht den Anlagedruck für Investoren.“ Zudem würden viele Kapitalgeber von der „Fear of Missing Out“ getrieben, der Furcht, ein Prestigeinvestment zu verpassen. „Das hat bis zu Beginn der Corona-Krise für äußerst gründerfreundliche Bewertungen gesorgt“, erläutert Müller-Veerse. Dr. Christian Saller, General Partner bei HV Holtzbrinck Venture Adviser, registriert seit Jahren „eine wachsende Anzahl von deutschen und internationalen Investoren im Start-up-Bereich“. Aussichtsreiche Jungunternehmen könnten „in allen Wachstumsphasen“ ausreichend Kapital aufnehmen. Deutsche Geldgeber seien vornehmlich in der Seed- und Early Stage-Phase aktiv, im Later Stage-Bereich gebe es noch zu wenige deutsche Player: „Hier dominieren Fonds aus Großbritannien, Asien und den USA.“ Müller-Veerse hat außerdem Staatsfonds aus dem arabischen Raum und strategische Investoren ausgemacht, vor allem internationale Konzerne und deren Investmentvehikel. Huber bescheinigt insbesondere US-Investoren „extreme Professionalität und Vorgehensweisen, mit denen sie weiter sind als europäische Geldgeber“. Asiatische Riesenfonds wie der von SoftBank seien in den letzten Jahren auch in Deutschland häufig als Preistreiber in Erscheinung getreten: „Seit dem geplatzten IPO von WeWork fehlen die enormen Gebote der Asiaten am Markt, was zu einer Stabilisierung der Bewertungen auf einem niedrigeren Niveau führt.“
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