Neun Fragen an André Moll, Utry.me

Gründerinterview

Wenn die Aussicht auf das eigene Unternehmen spannender ist als die Karriere in Wissenschaft oder Konzern, bricht der Unternehmergeist durch. Welche Idee sie verfolgen, ob es Vorbilder gibt und aus welchen Erfahrungen sie besonders viel gelernt haben, berichten Entrepreneure im Gründerinterview – dieses Mal André Moll von Utry.me.

VC Magazin: Wie kam es zu der Idee für Dein Start-up?
Moll: In meinen 20-ern war ich mit einer Überraschungsbox unterwegs. Die fehlende Möglichkeit zur Skalierung sowie der fehlende Mehrwert für die Hersteller haben mich dazu bewogen, den nächsten logischen Schritt im FMCG-Sampling zu gehen. Digital statt analog. Pull statt Push und vor allem: Community statt Abo.

VC Magazin: Wie hast Du die erste Finanzierung Deiner Gründungsidee gestemmt und wie verlief die weitere Suche nach Kapital(-gebern)?
Moll: Die Firma selbst haben wir mit nur 5.000 EUR im Jahr 2017 gegründet. Wir sind mit Ausnahme eines Mini-Accelerator Investments 2018 in Höhe von 50.000 EUR eigenfinanziert. Hier wurden wir vom Next Commerce Accelerator in Hamburg angesprochen, ob wir nicht Lust hätten beim Accelerator-Programm dabei zu sein. In letzter Zeit hatten wir einige Investorenanfragen, von denen jedoch bisher noch nicht die für uns passende dabei gewesen ist.

VC Magazin: Was sprach gegen die Karriere als Angestellter und wie hat sich das Gründerteam zusammengefunden?
Moll: Nach meinem Abitur im Jahr 2007 entschied ich mich für ein Jahr ins Ausland zu gehen. Aus einem Jahr wurden dann sieben. Ich hatte mir vorgenommen, möglichst viel auszuprobieren um herauszufinden, was ich wirklich will im Leben. In dieser Zeit hatte ich die verrücktesten Jobs: Busfahrer in Chile, Deutschlehrer in Mexiko, Spirituosenverkäufer in Österreich und tatsächlich auch mitunter für eine kurze Zeit wieder in Deutschland als Praktikant bei einem Stuttgarter Großkonzern. Bei letzterem hatte eigentlich alles gepasst: Der Job, die Bezahlung, die Kollegen, nur war ich totunglücklich. Und ich musste mir dann leider eingestehen, dass das Problem nicht die Firma ist, sondern ich, weil ich einfach nicht für das Angestelltendasein gemacht war. Das Gründerteam für Utry.me hat sich aus Kontakten ergeben, die ich während meiner ersten Firma geschlossen hatte. Im Nachhinein ein Glücksgriff, denn mein Mitgründer Tobias Neuburger und ich verstehen uns nicht nur beruflich, sondern mittlerweile auch privat sehr gut.

VC Magazin: Wenn Du auf Deine bisherigen unternehmerischen Erfahrungen zurückblickst: Welche Entscheidungen würdest Du erneut treffen?
Moll: Aus meiner ersten Firma mit einem blauen Auge auszusteigen und nochmal ganz neu anzufangen. Das war im Jahr 2017. Damals hatten wir intern sehr unterschiedliche Meinungen zur weiteren Ausrichtung meiner ersten Firma. Mir war klar, dass das damalige Geschäftsmodell der Überraschungs-Abobox nicht mehr lange weiterlaufen wird und vor allem nicht skalierbar ist. Folgerichtig stieg ich aus und die Firma war ein Jahr später auch pleite. In der Zwischenzeit sammelte ich mich auf einer Rucksackreise in Zentralamerika neu und kam mit der neuen Idee im Gepäck wieder nach Deutschland. Das Konzept von Utry.me ging bereits einige Monate später online und fand von Beginn an allerseits Anklang.

VC Magazin: Verbrannte Finger gelten als gute Lehrmeister. Aus welchen schmerzhaften Erfahrungen konntest Du besonders viel lernen?
Moll: Erstens: Wähle deine Gesellschafter weise. Wenn du nicht zu 120% sicher bist, dann mach’s alleine oder suche weiter. Zweitens, nur wer neue Wege geht, hinterlässt Spuren. Meine erste Firma war nichts weiter als eine Anpassung bereits bestehender Konzepte. Das bringt dich nicht weit. Wenn du etwas machst, dann gehe neue Wege! Und drittens: Verlasse dich nie auf externe Geldgeber. Du solltest immer in der Lage sein, die Firma auch ohne Fremdkapital am Laufen zu halten, wenn es hart auf hart kommt. In meiner ersten Firma hat einmal ein Investor einen Tag vor dem Notartermin abgesagt. Daraufhin alle anderen. Und wir hatten fest damit gerechnet, dass das Geld kommt…

VC Magazin: Was sind aus Deiner Sicht bei den Rahmenbedingungen in Deutschland der größte Pluspunkt und das größte Manko für junge Unternehmen?
Moll: Ich war bereits in mehr als 35 Ländern und habe selten derart gute Rahmenbedingen für eine Firma gesehen wie in Deutschland. Daher verstehe ich es auch nicht, wieso so selten gegründet wird. Die Mentalität in Bezug auf Gründen und Scheitern und den Erfolg auch mal feiern ist in den USA eine ganz andere. Hier sollten wir uns hierzulande eine Scheibe abschneiden.

VC Magazin: Gibt es (Internet-)Unternehmer, die Du als Vorbilder oder Idole siehst?
Moll: Richard Branson ist ein Unternehmer, den ich für das, was er aus dem Nichts geschafft hat, sehr bewundere.

VC Magazin: Wie sehen die mittelfristigen Planungen für Dein Start-up und Deine unternehmerische Zukunft aus?
Moll: Wir haben uns vorgenommen im Jahr 2025 die relevanteste Marketingplattform für die FMCG-Branche in Europa zu sein. Ich bin nun 32 und habe mir meine Ziele fürs 40. Lebensjahr gesteckt. Ich bin zuversichtlich, dass ich die mit Utry.me erreichen werde und freue mich auf alles, was uns erwartet. Was danach kommt: Das entscheide ich an meinem 40. Geburtstag im Jahr 2027.

VC Magazin: Vielen Dank für das Interview.

André Moll ist Mitgründer und CEO vom Online-Probiermarkt Utry.me.