Computer und Software kommen in immer mehr Bereichen zum Einsatz: So werden klassische Fertigungsmethoden zunehmend mit digitaler Technik verknüpft. Der Maschinenbau birgt hierbei noch einiges an Potenzial.
Als Vermittler zwischen Fertigungsbetrieben und der digitalen Welt sieht sich die Rapidfacture GmbH mit Sitz in Pfaffenhofen an der Ilm. 2013 standen die Maschinenbauer Bernhard Römer und Felix Furtmayr vor dem Problem, „dass wir von mehreren Fertigungsbetrieben keine
Angebote für unseren ‚Kleinauftrag, der nur die Produktion aufhält‘, erhalten haben“. Im 3D-Druck habe man zwar bereits Bauteile online bestellen können, „wenngleich nur Plastikteile mit eher dekorativem Wert“. Die beiden Firmengründer stellten sich die Frage, wie sie Präzisionsteile in kleiner Stückzahl kostengünstig selbst herstellen könnten. So entstand die Idee, CNC-gefertigte Sonderteile im Internet zu vertreiben, den Zugang zu erleichtern und den Gesamtprozess zu optimieren. Sie starteten in der Garage mit einer gebrauchten Drehmaschine und einer ersten Software.
Ein steiniger Weg
Im nächsten Schritt wurde ein Partnernetzwerk an Fertigungsfirmen aufgebaut. Beim Blick auf die Zusammenarbeit mit den Mittelständlern spricht Furtmayr allerdings von einem steinigen Weg. In puncto Qualität würden deutsche Fertigungsfirmen ihrem Namen alle Ehre machen. Was Liefertreue und Kommunikation angehe, könne man das oftmals nicht behaupten – doch das ließe sich durch Softwareeinsatz verbessern. Generell sei die Offenheit für neue Technologien und Digitalisierung noch zu gering. Daher hat Rapidfacture die Zusammenarbeit mit einigen Partnern wieder eingestellt. „Der Kunde merkt leider nicht unbedingt, dass die Fräsmaschine eine der teuersten ist, sondern nur, dass der Prozess hakt“, beschreibt der Firmenchef eine Situation, „doch mittlerweile läuft es sehr gut.“
Alles in einer Software
Am Anfang konzentrierte man sich darauf, die verschiedensten Softwarebausteine zu einem einzigen, intuitiv bedienbaren System zusammenzuführen. Mit „Automation Pro“ liefert Rapidfacture nun eine digitale Infrastruktur, die dazu dient, alle Daten einheitlich und auswertbar zu speichern. „Damit lassen sich viele Schritte automatisieren und auch neue Geschäftsmodelle aufbauen“, ist der Gründer und Geschäftsführer überzeugt. In der Fertigung arbeite man seit zwei Jahren mit dem Partner MTO Maschinenbau aus Gersheim zusammen. „Es gibt nicht einen Tag, an dem wir das bereut haben“, zeigt sich Furtmayr zufrieden.
Bislang kein Venture Capital
Wenngleich Geld in der Unternehmensgeschichte meist Mangelware war, ist Rapidfacture bislang ohne Venture Capital ausgekommen. „Wir haben immer so geplant, dass wir es aus eigener Kraft schaffen“, erläutert Furtmayr. Allerdings erhielten die Pfaffenhofener Starthilfe in Form des Exist-Programms. Das sei eine große Hilfe dabei gewesen, mit der Softwareentwicklung zu beginnen sowie die Geschäftsidee zu validieren und umzusetzen. „Ich halte diese Förderung für Gründungen aus dem wissenschaftlichen Umfeld für nicht selbstverständlich – eine tolle Sache in unserem Land“, zeigt sich Gründer Furtmayr immer noch begeistert. Er ergänzt aber kritisch: „Über den Daumen gepeilt gehen nach unserer Erfahrung leider 30% einer solchen staatlichen Förderung in pure Antragstellung und Verwaltung.“ Diese Mittel sollten besser in das eigentliche Projekt fließen, nämlich mittels digitaler Tools und schlanker Prozesse. Darüber hinaus habe dem Start-up das Gründerbüro der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen sowie der Lehrstuhl für Konstruktionstechnik zur Seite gestanden.
Exist-Programm
Rapidfacture habe laut Team des Exist-Programms mit dem Antrag für die Entwicklung eines webbasierten Angebots zur Auftragsfertigung von Maschinenbauteilen inhaltlich und strukturell voll überzeugt, sodass eine eindeutige Förderempfehlung ausgesprochen werden konnte. Der Antrag habe den Markt sowie Wettbewerb präzise skizziert und damit die intensive Beschäftigung der Gründer mit dem anvisierten Marktumfeld dokumentiert. Durch diese gründliche Analyse sei einerseits die Chance auf eine stabile Positionierung am Markt und andererseits der aktuelle Trend der zunehmenden Digitalisierung in eher traditionellen Märkten wie der webbasierten Auftragsfertigung von Maschinenbauteilen verdeutlicht worden. Die Förderung des Teams erfolgte von Mitte 2015 bis Mitte 2016 an der FAU. „Am Ende waren die Erfolgsaussichten und das Wachstumspotenzial positiv zu bewerten. Die zentralen technischen wie auch unternehmerischen Ziele des Projekts konnten erreicht werden“, resümieren die Exist-Verantwortlichen.
Ausblick
Mit Zuversicht schaut man bei Rapidfacture in die Zukunft. Insbesondere mittelständische Unternehmen im Maschinenbau dürften einen erheblichen Bedarf an bezahlbaren Enterprise Resource Planning-(ERP-)Lösungen haben, also an der Planung, Steuerung und Verwaltung von Kapital, Personal, Betriebsmittel, Material sowie Informationstechnik mit dem Ziel, zu einem effizienten Wertschöpfungsprozess zu gelangen. „Wir schätzen das Marktpotenzial für diese Lösungen auf 40.000 Unternehmen in Deutschland und rechnen mit einem Marktanteil von 5% für Rapidfacture“, so Furtmayr. Es gebe zudem erste Kunden in der Schweiz und Österreich sowie Anfragen aus der EU. Langfristig sei man am chinesischen Markt interessiert. Firmenziel ist, eine leicht bedienbare, praxisnahe Komplettsoftware für Produktionsbetriebe zu liefern. Furtmayr hat folgende Vision: „Der PC kommt in die Werkstatt und die Übersicht über die komplette Fabrik hat man auf seinem Smartphone.“ Heuer sollen vor allem die Vertriebsaktivitäten ausgebaut und weiter standardisiert sowie der Prozess verfeinert werden. Zudem müssten der Vorteil der Rapidfacture-Software und dessen Alleinstellungsmerkmale um die Themen Digitalisierung und Industrie 4.0 den traditionellen Unternehmen näher gebracht werden.
Kurzprofil: Rapidfacture GmbH
Branche: Software
Firmensitz: Pfaffenhofen an der Ilm
Umsatz 2019: k.A.
Investoren: keine
Internet: www.rapidfacture.com