Stille Beteiligungen eignen sich für jene Investoren, die sich am Geschäft eines Unternehmens beteiligen, nach außen jedoch nicht als Gesellschafter auftreten wollen: Denn der stille Gesellschafter leistet zwar seine Einlage in das Unternehmensvermögen und erlangt als Gegenleistung eine Gewinnbeteiligung – doch ein besonderes Mitspracherecht hinsichtlich operativer oder strategischer Belange entfällt.
„Im Bereich des Mezzanine-Kapitals werden stille Beteiligungen ebenso wie Genussrechte als nachrangige Instrumente zur eigenkapitalnahen Finanzierung im Mittelstand eingesetzt“, erklärt Lars Gehlhaar, Geschäftsführer von M Cap Finance. In der Regel handele es sich hierbei um Wachstumsvorhaben, Akquisitionen und Nachfolgeregelungen, bei denen eine stärkere Kapitalausstattung die gesamte Unternehmensfinanzierung stabilisiert und anderen Finanzierungspartnern wie etwa Banken eine bessere Bonität bietet. Zu unterscheiden ist jedoch zwischen der „stillen“ und der „atypischen stillen“ Beteiligung: Bei der atypischen Variante wird dem stillen Gesellschafter ein größerer Einfluss auf die Geschäftsführung eingeräumt. Gleichzeitig profitiert er über die klassische Gewinnbeteiligung von der Steigerung des Firmenwerts. Auch wird die atypische Version im Gegensatz zur „normalen“ stillen Beteiligung in der Handels- sowie in der Überschuldungsbilanz als Fremdkapital ausgewiesen.
Sichere Teilhabe
„Stille Beteiligungen sind eine Form von Mezzanine-Kapital, wie beispielsweise auch Genussrechte oder Nachrangdarlehen“, sagt Peter Pauli, Geschäftsführer der BayBG. Mezzanine-Kapital werde demnach grundsätzlich in Situationen eingesetzt, in denen Kreditspielräume aufgebraucht sind, oder bei Anlässen, die nicht vollständig mit Fremdkapital finanziert werden können, bei denen aber aus verschiedenen Gründen kein Equity eingesetzt werden kann oder soll. „Mezzanine-Kapital wird von vielen institutionellen Investoren eingesetzt“, so Pauli. „Die stille Beteiligung, die sehr flexibel gestaltet werden kann, hat sich insbesondere bei mittelständischen Familienunternehmen bewährt, die für einen begrenzten Zeitraum Eigenkapital oder zumindest eigenkapitalähnliche Mittel benötigen, aber keinen neuen Gesellschafter aufnehmen oder ihr Unternehmen am Ende der Beteiligungslaufzeit nicht verkaufen wollen.“ Ein weiterer Vorteil ist die Planbarkeit des Investments: Sie beinhalten Komponenten wie eine vorab definierte Laufzeit, eine sichere Festvergütung und mögliche Gewinnbeteiligungen. „Stille Beteiligungen sind durchaus auch für private Investoren interessant und kommen in der Praxis auch häufig zum Einsatz“, bestätigt Guy Selbherr, Geschäftsführer der MBG Baden-Württemberg. „Sie sind gesetzlich im HGB geregelt, was Transparenz und Sicherheit bietet.“ Möchte der Investor allerdings mehr in das operative Geschäft eingreifen oder mehr Mitsprache haben, so Selbherr, dann wird er dies in Form einer offenen Beteiligung tun.
Vielfältige Anlässe
Wie viel Kapital in Deutschland tatsächlich in Form von stillen Beteiligungen investiert wird, ist schwer zu sagen; eindeutige Statistiken dazu existieren nicht. „Relativ detailliert und transparent publizieren die 15 Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften. Sie sind insgesamt bei etwa 2.700 Unternehmen mit rund 1 Mrd. EUR investiert“, erklärt Pauli. „Unabhängig davon gibt es Mezzanine-Fonds, Private Equity-Gesellschaften, Family Offices und auch Privatpersonen, die stille Beteiligungen in Unternehmen einbringen.“ Insbesondere bei Unternehmensübernahmen werden stille Beteiligungen angefragt, denn der demografische Wandel lässt in den Chefetagen das Alter steigen, sodass die Betriebe einen Nachfolger suchen müssen. „Darüber hinaus sind stille Beteiligungen vor allem auch bei Sprunginvestitionen ein geeignetes Instrument, da es zusätzliche Kreditvergabespielräume schafft“, so Selbherr. Konkrete Anlässe können darüber hinaus die Umsetzung einer Internationalisierungsstrategie, die Bereinigung von Gesellschafterstrukturen oder die Mitfinanzierung eines Management Buyouts/Buyins sein. „Beispielsweise wenn der Buyin-Manager die Kaufsumme nicht aufbringen kann“, ergänzt Pauli. Da laufende Vergütungen anfallen, seien stille Beteiligungen primär für Unternehmen geeignet, die grundsätzlich positive Cashflows während der Beteiligungslaufzeit erwirtschaften.
Aufschwung nach Corona?
Ob Corona einen Einfluss auf die zukünftige Nachfrage nach stillen Beteiligungen haben wird? „Im Zusammenhang mit der Corona-Krise werden viele Mittelständler nachrangige Finanzierungsinstrumente aufnehmen, um die Eigenkapitalausstattung nach einer rezessionsbedingten Verlustphase zu verbessern und damit das Unternehmen für die Zukunft stabiler aufzustellen“, ist sich Gehlhaar sicher. Kurzfristig mag jedoch die Liquiditätssicherung im Vordergrund stehen. Von daher kann es auch bis in das Jahr 2021 dauern, bis die Nachfrage nach stillen Beteiligungen spürbar ansteigt. Selbherr sieht vor diesem Hintergrund eher (kurzfristige) Kreditfinanzierungen in Kombination mit Haftungsfreistellungen und Bürgschaften gefragt. „Dennoch können dabei auch ergänzende Mezzanine-Finanzierungsformen eine Rolle spielen. Wir versprechen uns hier perspektivisch eine erhöhte Nachfrage, zumal coronabedingte Verluste ihre Spuren in den Bilanzen hinterlassen werden, sodass Finanzierungen über Nachrangkapital wieder an Bedeutung gewinnen dürften“, so Selbherr. Pauli sieht vor allem Vorwärtsstrategien, Digitalisierung und teilweise notwendige Transformationen des Geschäftsmodells als Motivation für eine erneute Inanspruchnahme von stillen Beteiligungen. „Stilles Beteiligungskapital mit langfristigen Laufzeiten und einer positiven Wirkung auf die Bilanzrelationen sind dann sicherlich eine attraktive Finanzierungsvariante“, schließt der Geschäftsführer der BayBG.