Liquiditätsplanung in der Corona-Krise

Der richtige Umgang mit den Finanzen kann entscheidend sein

Auch wenn der Tiefpunkt der Corona-Krise überstanden scheint, haben viele Unternehmen noch immer mit den wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns und anderer durch Corona bedingter Veränderungen zu kämpfen. Nachdem in Teilen der Wirtschaft die Umsätze im Frühjahr massiv eingebrochen oder sogar komplett ausgefallen waren, mussten sich die betroffenen Unternehmen plötzlich vorrangig mit ihrer Liquiditätsplanung befassen.

Mängel und Versäumnisse beim Cashflow Management sind schon in wirtschaftlich „normalen“ Zeiten der Hauptgrund für den Großteil aller Insolvenzen. Selbst bei größeren Mittelständlern wird ein Cash Forecast häufig nur unregelmäßig und recht ungenau erstellt. Durch die Corona-Krise ist dieses Problem deutlich verschärft worden. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie sind dabei von Branche zu Branche sehr unterschiedlich. Deshalb sollte sich jedes Unternehmen zunächst einen genauen Überblick darüber verschaffen, wie stark sich die wirtschaftlichen Einschränkungen und die Veränderungen beim Konsumverhalten kurz- und langfristig auf den eigenen Umsatz und die Kosten auswirken und welche kurzfristig verfügbaren liquiden Mittel und Kreditlinien zur Verfügung stehen.

Nutzen staatlicher Maßnahmen

Als erste Hilfe zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen ist es sinnvoll die kurzfristig vom Staat geschaffenen Maßnahmen, wie etwa den Unternehmerkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW, Kurzarbeitergeld oder steuerliche Erleichterung in Anspruch zu nehmen. Doch um ihren Fortbestand langfristig zu sichern, müssen die Unternehmen intern analysieren, wie sie Kosten einsparen und eine solide und vorausschauende Liquiditätsplanung auf die Beine stellen können. Im Idealfall sollte diese mindestens auf Basis der nächsten sechs Monate, oder noch besser der nächsten zwölf Monate erfolgen. Damit lassen sich im aktuell schwierigen Marktumfeld Engpässe frühzeitig erkennen um schnell handeln zu können und somit die Existenz zu sichern. Auf Basis dieser Planung sollten dann verschiedene liquiditätsschonende und -schaffende Maßnahmen schnellstmöglich umgesetzt werden.

Working Capital Management verbessern

Zu den Lehren aus der Corona-Krise gehört es, dass Unternehmen das eigene Geschäftsumfeld und die internen Prozesse noch genauer unter die Lupe nehmen und Schwachstellen aufdecken müssen. Der außergewöhnliche Umstand, dass praktisch alle Marktteilnehmer in den Lockdown gezwungen wurden, führte zu bis dahin unbekannten Verwerfungen sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. Recht schnell wurde erkennbar, dass der Erfolg des eigenen Unternehmens immer auch von der wirtschaftlichen Situation der Geschäftspartner abhängt. So können Engpässe auf Seiten eines Zulieferers oder die drohende Schließung eines wichtigen Kunden zu Geschäftseinbußen führen, die sich negativ auf die eigene Liquidität auswirken. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, wie wichtig ein vorausschauendes Working Capital Management ist. Auch wenn es in der aktuellen Situation nicht einfach ist, sollten dazu Verhandlungen mit Kunden und Lieferanten geführt werden um für Entlastung beim Liquiditätsbedarf zu sorgen. Bewährte Methoden sind etwa ein höheres Skonto für Kunden, verbunden mit einem kürzeren Zahlungsziel, oder das Angebot eines Lieferantenkredits um Zahlungsziele gegenüber Vorleistern zu verlängern. Möglicherweise kann man mit Großkunden auch über Vorauszahlungen verhandeln. Bei einem hohen und hochwertigen Forderungsbestand lässt sich auch das Factoring dazu nutzen, um kurzfristig liquide Mittel freizusetzen. Bei langjährigen Partnerschaften findet sich hierbei in der Regel auch ein Kompromiss. Bei jüngeren Kunden und Lieferanten schafft ein offenes Gespräch in dieser Situation sogar langfristig Vertrauen.

Finanzielle Mittel im Lager

Je nach Geschäftsmodell und Effizienz des Lagermanagements ist auch im Warenlager häufig einiges zu viel an finanziellen Mitteln gebunden. Bei einem hohen Lagerbestand sollte die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, bestehende Vorräte eventuell mit Rabatt zu verkaufen, um Kapital freizusetzen. Kürzere Umschlagszeiten zwischen Einkauf und Verkauf der Ware reduzieren zudem mittelfristig den Liquiditätsbedarf. Hierbei sollte am besten die ganze Prozesskette, also Entwicklung, Einkauf, Logistik und Vertrieb geprüft werden, um Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Eine detaillierte Planung ist wichtig, aber oft hilft bereits eine engere Abstimmung zwischen den Bereichen. Insgesamt verbessert ein aktives Working Capital Management nicht nur den Liquiditätsfluss, sondern trägt auch dazu bei, die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells zu stärken und somit den Unternehmenswert zu steigern.

Fazit

Die Corona-Krise hat mit Nachdruck gezeigt, wie wichtig der ungebrochene Cashflow für die Existenz vieler mittelständischer Unternehmen ist. Dabei gibt es viele Ansätze um die Liquiditätsausstattung nachhaltig zu verbessern. Ausgaben, die nicht zwingend notwendig sind, wie etwa Werbe- und Reisekosten, können reduziert, die Fixkosten verschlankt und geplante Investitionen eventuell verschoben werden. Unternehmen sollten sich dabei jedoch bewusst machen, dass ein Personalabbau über die Kurzarbeit hinaus oder gar der Verkauf von Vermögensteilen, etwa von Immobilien oder Maschinen, die Substanz des Unternehmens angreifen und damit eine potenzielle Erholung verlangsamen können. Diese Maßnahmen sollten daher wohl überlegt sein. Grundsätzlich gilt auch in der Corona-Krise: Wo Risiken sind, ergeben sich auch Chancen. Deswegen sollte man auch den Blick nach vorne auf die Zeit nach der Krise richten. Jetzt, da die Wettbewerber hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt sind, sollte man alles daran setzten, die eigene Marktposition zu verbessern oder Marktanteile hinzu zu gewinnen, indem man etwa in die Produktentwicklung investiert. Mit den genannten Maßnahmen lässt sich auch hierfür die notwendige Liquidität schaffen. Wenn Unternehmen jetzt die richtigen Schlüsse ziehen, können sie sogar gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen.

 

Stefan Eishold ist seit 2005 im Vorstand der Arcus Capital AG. Von 2009 bis 2013 war er CEO der Filmfirma Wige Media AG, einem börsennotierten Medienunternehmen. Zwischen 2000 und 2007 war er CEO und später Aufsichtsratsvorsitzender der MME Moviement AG. Davor arbeitete er unter anderem als Geschäftsführer des Metropolitan Zuges.