Bayern ist hinsichtlich der Zahl seiner hiesigen Venture Capital-Gesellschaften durchaus gut aufgestellt. Einige Adressen sind bereits seit Ende der 1990er-Jahre aktiv. Damit diese Investoren ihre Mittel – zumindest teilweise – auch in Start-ups aus dem Freistaat stecken und um Kapital von außerhalb anzuziehen, engagiert sich auch die öffentliche Hand beim Wagniskapitalsektor.
VC Magazin: Ende Juni haben Sie die Auflage des Wachstumsfonds Bayern 2 mit einem Volumen von 115 Mio. EUR bekannt gegeben. Wie hat sich das Feld der bayerischen Wachstumsunternehmen in den letzten Jahren entwickelt?
Huber: Wir sehen eine zunehmende Zahl an Hightech-Firmen, die Expansionskapital für die Realisierung ihrer Wachstumschancen benötigen. Wir freuen uns über jedes einzelne Unternehmen, das seine Expansionspläne mit Erfolg vorantreibt, wie beispielsweise ProGlove oder Immunic Therapeutics. Aber: Nach wie vor besteht hier ein Mangel an privatem Kapital, den wir mit dem Wachstumsfonds Bayern als Kooperationspartner privater Venture Capital-Investoren nur teilweise ausgleichen können. Ohne die Investments ausländischer Fonds wäre das Problem noch deutlich größer.
VC Magazin: Sie sind darüber hinaus auch in früheren Unternehmensphasen als Kapitalgeber aktiv. Wie nehmen Sie insgesamt die hiesige Gründer- und Start-up-Szene wahr?
Huber: Wir sind immer wieder erfreut, wie dynamisch die bayerische Gründerlandschaft auftritt. Außerdem ist in den vergangenen Jahren eine zunehmende Professionalisierung sichtbar geworden – nicht nur im Ballungszentrum München, sondern auch in den regionalen Technologiehochburgen wie etwa Augsburg, Rosenheim oder Regensburg. Auch deshalb haben wir trotz Corona aktuell eine hohe Nachfrage nach Beteiligungen.
VC Magazin: Mit FlixMobility und Celonis hat Bayern auch zwei sogenannte Unicorns. Inwieweit können Ihrer Meinung nach solche Leuchtturmunternehmen helfen, den Standort attraktiver zu machen?
Huber: Erfolgreiche Beispiele lenken die Aufmerksamkeit der internationalen Investoren und technischen Kooperationspartner auf deren Herkunftsregion. Die hier nachdrängenden Start-ups sollten deshalb intensive Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit betreiben, um diese Kontaktchancen zu nutzen.
VC Magazin: Ihr Portfolio reicht von Solarstromspeichern über autonomes Fahren bis hin zur Biotechnologie. Gibt es Branchen in Bayern, die eine besonders große Anzahl vielversprechender Unternehmen hervorbringen?
Huber: Bayern ist sowohl technisch als auch als B2B-Standort breit aufgestellt. Naturgemäß gibt es bei Branchen mit weniger Kapitalmindesteinsatz – zum Beispiel IT – mehr chancenreiche Ansätze. Aber wir haben auch im Bereich der Kapitalschwergewichte, wie etwa dem Biotech-Sektor, im Regionalvergleich viele potenzialträchtige Vorhaben.
VC Magazin: Finden die Unternehmen vor Ort ausreichend Kapital? Wie wird Ihrer Einschätzung nach der Freistaat bei deutschen und internationalen Investoren bewertet?
Huber: In der Seed- und Start-up-Phase bestehen gute Finanzierungschancen. Eine große Rolle spielen dabei umfangreiche Finanzierungen durch unsere Fonds, aber auch Beteiligungen durch den High-Tech Gründerfonds und coparion im Zusammenwirken mit dem besonders leistungsfähigen bayerischen Netzwerk von Business Angels und Family Offices. Auch wenn es im Wachstumsbereich noch Engpässe gibt: Bayern ist für in- und ausländische Investoren ein anerkannter Top-Standort.
VC Magazin: Herr Huber, vielen Dank für das Interview.
Roman Huber ist seit 2006 Geschäftsführer von Bayern Kapital, der Venture Capital-Gesellschaft des Freistaats Bayern. Zwischen 1986 und 2005 war er bei der LfA Förderbank Bayern im Bereich Innovationsfinanzierung tätig, ab 1992 als dessen Leiter.