Das Innovations- und Gründerzentrum Biotechnologie IZB feiert dieses Jahr sein 25-jähriges Bestehen. 1995 startete das IZB mit dem Ziel, die Gründung von Life Sciences-Unternehmen zu unterstützen. Im Laufe der Jahre ist nicht nur die Fläche stark gewachsen: Auch hat sich das IZB mit seinen Standorten in Planegg-Martinsried und Freising-Weihenstephan zu einem auf europäischer Ebene wichtigen Biotechnologiezentrum entwickelt. Allein 15% aller angesiedelten Unternehmen arbeiten gerade an Lösungen rund um das Coronavirus. Nach der „Silberhochzeit“ wird es nicht ruhiger im Gründerzentrum – im Gegenteil: Sein Geschäftsführer hat ambitionierte Pläne für die Zukunft.
VC Magazin: Seit 1995 gibt es das IZB, seit 1996 sind Sie Geschäftsführer. Wie hat sich die Biotech-Szene im Laufe der Zeit, der Jahrzehnte, entwickelt?
Zobel: Die Biotech-Szene hat sich stark verändert und sehr positiv entwickelt. Zu Anfang waren einige Venture Capital-Fonds enttäuscht, dass die Projekte länger dauerten und mehr Geld gekostet haben als gedacht. Heutzutage wissen alle, worauf sie sich einlassen, und haben Experten zur Seite, die genau beurteilen können, ob das vorgestellte Konzept für sie infrage kommt. Auf Gründerseite ist es genauso. Unabhängig von der Idee wissen sie in der Regel, was es bedeutet, ein Unternehmen zu gründen. In den letzten 25 Jahren ist alles sehr professionell geworden.
VC Magazin: Können Sie die Entwicklung des IZB in Zahlen verdeutlichen?
Zobel: Die Summen, um die es heute geht, sind viel höher als damals. Vor 25 Jahren gab es erste Finanzierungsrunden von 1 Mio. DM; heute sind sie alle zweistellig, bis zu 30 Mio. EUR oder 40 Mio. EUR. Wir sind außerdem stark gewachsen. Zuerst hatten wir eine Fläche 1.000m2 und fünf Firmen hier – nun sind es circa 26.000 m2 und etwa 600 Mitarbeiter, die in über 50 Firmen bei uns tätig sind. Früher stellten wir nur Labor- und Büroflächen zur Verfügung; heute haben wir zwei Kindergärten, Restaurants, ein Hotel und eine Chemieschule. Auch qualitativ verzeichnen wir eine positive Entwicklung.
VC Magazin: Was macht das IZB so erfolgreich?
Zobel: Wir waren die Ersten am Markt mit einem Gründerzentrum mit dem Fokus Biotechnologie in Deutschland und haben von Anfang an eine Infrastruktur geboten, bei der sich Gründer wohlfühlen konnten. Außerdem ist es diese Mischung aus Lehre, Grundlagenforschung und Entrepreneurship, die Firmen enorme Chancen bietet. Sie können ein erfolgreiches Gründerzentrum nur haben, wenn sie renommierte, funktionsfähige Forschungsinstitutionen um sich haben, so wie bei uns am Campus Martinsried das Max-Planck-Institut, Teile der LMU und andere.
VC Magazin: Nach welchen Kriterien entscheidet das IZB, welches Start-up unterstützt wird?
Zobel: Unternehmen, die sich bei uns bewerben, müssen einen Businessplan und Details über die Technologie einreichen, die sie entwickeln möchten. Aber bei uns fällt die Entscheidung relativ schnell, nachdem wir mit den Gründerteams an einem Tisch gesessen haben. Es geht ebenfalls darum, ob diejenigen den Biss haben, eine Firma auf die Beine zu stellen – und das notwendige Durchhaltevermögen. Zuallererst geht es darüber hinaus darum, gemeinsam eine gute Basis zu schaffen, von der sie gut starten können.
VC Magazin: Und geht die Rechnung auf?
Zobel: Ja. In den letzten fünf Jahren haben Start-ups vom IZB insgesamt 4 Mrd. EUR Kapital – Finanzierungen und Deals – nach Bayern eingeworben. Der Betrag ist eigentlich höher, weil nicht jede Firma darüber spricht. Außerdem können wir eine extrem geringe Insolvenzquote vorweisen: In 25 Jahren sind es lediglich neun von etwas über 200 Unternehmen, die nicht weitermachen konnten.
VC Magazin: Das klingt alles hervorragend – aber wo hakt es noch?
Zobel: Es gibt genug qualifiziertes Personal und Kapital ist eigentlich auch kein Problem. Die Flächen stellen momentan die größte Herausforderung für das IZB dar. In den nächsten Jahren werden Flächen in der Umgebung durch den Neubau der beiden Max-Planck-Institute frei. Es muss was passieren, wenn man das Konzept Biotech-Standort weiter entwickeln möchte.
VC Magazin: Hat die Pandemie neue Chancen für die Branche eröffnet?
Zobel: Ja, durch die Pandemie haben unsere Start-ups einen Aufwind bekommen. Sie arbeiten aktuell in Zwei- oder gar Dreischichtbetrieb, weil sie an Lösungen dran sind. Sogar die bayerische Staatsministerin Kerstin Schreyer war vor ein paar Wochen hier und hat sich nach dem Stand der Corona-Forschungen erkundigt. Ich war selbst überrascht, wie weit die bei uns angesiedelten Firmen sind. Beispielsweise wird man in Zukunft nicht einen Tag auf die Ergebnisse eines Corona-Tests warten müssen, sondern dank eines unserer Unternehmen nur zwölf Minuten.
VC Magazin: Sitzt das Kapital nun auch lockerer, wenn es um die Biotechnologie geht?
Zobel: Definitiv; sogar der Staat hat sich direkt beteiligt. Aktuell sagen viele Geldgeber sofort zu, wenn es um Corona geht.
VC Magazin: Wenn Sie an die nächsten Jahre denken: Welche Herausforderungen sehen Sie, was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Zobel: Die Herausforderung ist und bleibt, für Krankheiten, die uns seit Jahrzehnten geißeln, wie Alzheimer, Krebs et cetera, schneller Lösungen zu erarbeiten. Mein Wunsch für die Zukunft ist, die Flächen für Firmen sowohl quantitativ als auch qualitativ zu erweitern.
VC Magazin: Wie viel größer möchten Sie werden?
Zobel: Ich kann mir vorstellen, dass IZB zu verdoppeln, also noch mal 26.000m2 in mehreren Bauetappen zu errichten – und das idealerweise in weniger als zehn Jahren. Die Firmen, die hier nach einer gewissen Zeit rausmüssen, würde ich gerne auf dem Gelände behalten. Zusätzlich würde ich Pharmaindustrie ansiedeln. Damit meine ich Think Tanks, keine Produktion. Dann hätten wir von der Grundlagenforschung mit Max Planck über die Lehre der LMU und die Start-ups bis hin zu sehr erfolgreichen Firmen wie MorphoSys alles vor Ort. Aber Pharmakonzerne fehlen uns noch.
VC Magazin: Vielen Dank für das Interview!
Dr. Peter Hanns Zobel ist seit 1996 Geschäftsführer der Fördergesellschaft Innovations- und Gründerzentrum für Biotechnologie mbH in Martinsried und Freising. Im Jahr 2000 übernahm er zusätzlich die Position des Bereichsleiters Standortentwicklung, Finanzierung, Technologiezentren und Bau der Fraunhofer Management GmbH.