Der Advent ist eine willkommene Gelegenheit, inne zu halten, das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen und neue Energie für die bevorstehenden Aufgaben zu sammeln. In der Reihe „Adventsgespräche“ kommen Köpfe der deutschen Venture Capital- und Private Equity-Szene zu Wort, ziehen ein Fazit zu 2020 und werfen einen Blick nach vorne auf die kommenden zwölf Monate.
VC Magazin: In diesem Jahr feierte Bayern Kapital ihr 25-jähriges Bestehen. Welches sind Ihrer Einschätzung nach die signifikantesten Veränderungen in der deutschen Venture Capital-Landschaft in dieser Zeit?
Huber: Wir haben in den vergangenen 25 Jahren eine spürbare Professionalisierung des gesamten Venture Capital-Marktes in Deutschland erlebt. Es hat sich gezeigt: Vor allem staatliche Beteiligungen haben im Bereich Eigenkapitalfinanzierungen eine deutliche Mobilisierungswirkung erzielt. Deshalb sind heute im Vergleich zu damals deutlich mehr private Investoren, wie Business Angels und Family Offices, in der Venture Capital-Landschaft angesiedelt, und es wird insgesamt deutlich mehr Wagniskapital investiert. Im Laufe der Zeit sind so weitläufige Netzwerke und ein stark professionalisiertes Frühphasenökosystem für Gründer und junge Technologieunternehmen entstanden, um den Aufbau erfolgreicher Zukunftsfirmen qualifiziert voranzutreiben.
VC Magazin: Die Corona-Pandemie was das dominierende Thema der letzten zwölf Monate. Wie sind Ihre Portfoliounternehmen bislang durch die Krise gekommen?
Huber: Grundsätzlich erleben wir in unserem Portfolio kein Massensterben. Wie nahezu alle Unternehmen spüren natürlich auch unsere Start-ups in vielen Fällen die negativen Auswirkungen. Aber: Durch rechtzeitige Anpassungsmaßnahmen, zusätzliche Finanzierungsleistungen der Gesellschafter und durch Inanspruchnahme der Corona-Hilfspakete von Bund und Ländern konnten sich die meisten unserer Portfoliounternehmen gegen das Gröbste wehren. Ein paar Unternehmen gehören sogar zu den großen Gewinnern, weil ihre Produkte durch die Krise ein signifikant steigendes Marktinteresse erlebt haben.
VC Magazin: Ihre Jubiläumsfeier fand digital statt, wie die meisten Events und Konferenzen in diesem Jahr. Welchen Einfluss hat das Fehlen persönlicher Kontakte auf den Dealflow?
Huber: Bei der Anzahl der Anfragen erleben wir keinen Rückgang, sondern vielmehr eine Fortsetzung des steigenden Interesses der Vorjahre. Dennoch fehlen die persönlichen Kontakte, weil das Beteiligungsgeschäft letztlich sehr viel mit gegenseitigem Vertrauen aller Beteiligten zu tun hat – und dafür wird der direkte Austausch vis-à-vis immer von ganz großer Bedeutung sein. Bei den wirklich interessanten Projekten stellt das Fehlen dieses Austauschs deshalb durchaus eine Herausforderung dar. Aber: Bislang haben wir es trotz der ungewöhnlichen Umstände noch immer geschafft, dieses wichtige Mindestmaß an persönlichem Kontakt zu erreichen.
VC Magazin: Mit welchen Gefühlen blicken Sie persönlich auf 2020 zurück?
Huber: Trotz aller Herausforderungen 2020 für uns ein sehr erfolgreiches Jahr, auch wenn es manchmal anstrengend war. Wir sind überaus dankbar, dass unserer Firma die unmittelbare Betroffenheit von Covid-19 bislang erspart geblieben ist und hoffen natürlich, dass das irgendwie so bleibt – die Gesundheit steht an erster Stelle.
VC Magazin: Und Ihr Blick nach vorne in Richtung 2021?
Huber: Ich habe die Hoffnung, dass die Impfungen termingerecht umgesetzt werden können, und wir uns dadurch im Laufe des Jahres in Deutschland wieder der altbekannten Normalität annähern können. Da für eine solche positive Entwicklung möglicherweise auch ein Beteiligungsunternehmen unseres Hauses einen wichtigen Beitrag leisten könnte, hoffen wir, dass hier neben dem wirtschaftlichen auch ein nennenswerter medizinischer Erfolg gelingt.
VC Magazin: Herr Huber, vielen Dank für das Interview.
Roman Huber ist seit 2006 Geschäftsführer von Bayern Kapital, der Venture Capital-Gesellschaft des Freistaats Bayern. Zwischen 1986 und 2005 war er bei der LfA Förderbank Bayern im Bereich Innovationsfinanzierung tätig, ab 1992 als dessen Leiter.