Bildnachweis: © Dr. Hanns Kache / Dr. Christoph Gaebel, ezn.
Start-ups und innovative Unternehmen haben durch technische Alleinstellungsmerkmale einen Wettbewerbsvorsprung. Auf der Aussicht, von der Entwicklung zu profitieren und einen neuen Markt exklusiv bedienen zu können, beruht das Geschäftskonzept und das Interesse von Investoren. Das kann sich jedoch schnell ändern, wenn die Entwicklung aufgrund eines fehlenden Schutzes vom Wettbewerb kopiert wird. Es entstehen Produkte mit vergleichbaren Merkmalen und oftmals kann dann nur noch über den Preis verkauft werden – ein Kampf, den kleine Unternehmen gegenüber den Global-Playern kaum gewinnen können.
Diese Problematik kann durch gewerbliche Schutzrechte (Patent, Gebrauchsmuster, Marke, Design) gelöst werden. Sie schirmen die Alleinstellungsmerkmale gegen eine Nutzung durch Wettbewerber ab. Daher können Schutzrechte zu den wichtigsten Werten im Unternehmen, den Core Assets, gehören [Kac20]. Für Start-ups sind die Schutzrechte, neben den Köpfen der Gründer, oftmals die einzigen Assets überhaupt. Sie sind daher für die Unternehmensentwicklung und die Akquise von Venture Capital Gold wert.
Patentschutz für Erfindungen
Im technischen Bereich spielt der Patentschutz eine tragende Rolle. Durch Patente können Produkte, Vorrichtungen und Verfahren geschützt werden – grundsätzlich bis zu 20 Jahre. Allerdings ist die Umsetzung eines Patentschutzes kompliziert und für Start-ups in den frühen Phasen der Unternehmensentwicklung mit verhältnismäßig hohen Kosten verbunden. Werden im Patentierungsprozess Fehler gemacht, können diese später sehr teuer werden oder sogar das gesamte Vorhaben gefährden [Kac19]. Nur durch eine professionelle Umsetzung können Patentanmeldungen in wertvolle Assets umgewandelt werden. Je größer der Wert des Schutzrechtsportfolios, desto höher ist in der Folge auch der Unternehmenswert und die Aussicht auf eine bessere Finanzierung.
Zielsetzung und Vorteile der Patentförderung WIPANO
Um u.a. Start-ups den Einstieg zum eigenen Patent fachlich wie finanziell zu erleichtern, hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) das Technologieförderprogramm „WIPANO – Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen“ für die Jahre 2020 bis 2023 neu aufgelegt. Der sogenannte Förderschwerpunkt „Unternehmen-Patentierung“ bietet kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), Start-ups und Freiberuflern finanzielle Zuschüsse von bis zu 16.600 Euro pro Erfindung.
Durch die Zuschüsse können Fachleute mit einschlägiger Qualifikation und Erfahrung eingebunden werden. Das Förderprogramm soll dazu beitragen, dass kleine Unternehmen ein strategisches Verständnis von gewerblichen Schutzrechten gewinnen und durch einen adäquaten Schutz des geistigen Eigentums nachhaltig von ihren Entwicklungen profitieren können. Im Fokus von WIPANO stehen technische Schutzrechte, also Patent- und Gebrauchsmusteranmeldungen. Zudem kann die Vermarktung der Technologie bzw. der angemeldeten Schutzrechte mit einbezogen werden.
IP-Assets als Grundstein einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung
Eine Kostensenkung durch Fördermittel ist für Unternehmen, die sich in der Frühphase (Early Stage) der Unternehmensentwicklung befinden, besonders interessant, da das Budget in dieser Phase oftmals stark begrenzt ist. Aus der Patentförderung WIPANO lassen sich gleich mehrere Vorteile ableiten: Zunächst kann in vielen Fällen durch die Förderung überhaupt ein Schutz für das geistige Eigentum aufgebaut werden. Denn ohne Zuschuss sind die Kosten oftmals zu hoch. Durch eine individuelle und professionelle Umsetzung dieses Schutzes können die Alleinstellungsmerkmale sinnvoll abgesichert werden – erst dadurch entstehen wertvolle Schutzrechte bzw. IP-Assets, die zu einer nachhaltigen Steigerung des Unternehmenswerts führen. Der Anstieg des Unternehmenswertes durch wertvolle IP-Assets ist in der Anfangsphase nicht nur spürbar, sondern äußert sich sprunghaft. Die Absicherung von Alleinstellungsmerkmalen, die auch im Rahmen von WIPANO auf internationaler Ebene möglich ist, ist gerade vor dem Hintergrund des Wettbewerbs aus Billiglohnländern sehr interessant und häufig zwingend erforderlich. In den geförderten Unternehmen wird durch das systematische Vorgehen das Grundverständnis zu Schutzrechten verbessert, so dass sie sich selbstständig strategisch besser positionieren können. Gravierenden Fehlern, die oftmals im Alleingang passieren, wird vorgebeugt.
Start-ups, die ein wertvolles IP-Portfolio vorweisen können, haben es bei der Finanzierung durch Wagniskapital (VC, Venture Capital) einfacher, die gerade im Rahmen der Wachstumsphase (Expansion Stage) eine tragende Rolle spielt. Für technologiebasierte Gründungen, die naturgemäß ohne VC ihr Vorhaben kaum oder gar nicht umsetzen können, ist dies ein erheblicher Vorteil.
Wie sich IP-Assets bzw. der professionelle Schutz der Alleinstellungsmerkmale (USP, unique selling points) auf die Entwicklung des Unternehmenswertes in den Entwicklungsphasen eines Start-ups auswirken können, ist in Abbildung 1 schematisch dargestellt.
Abbildung 1: Entwicklung des Unternehmenswert mit und ohne professionellem Schutzrechtsportfolio
Zuschüsse für Schutzrechte und deren Vorbereitung
Eine WIPANO-Förderung erstreckt sich über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahre. In dieser Zeit können zuschussfähige Maßnahmen durchgeführt werden, die folgenden fünf aufeinander aufbauenden Leistungspaketen (LP) zugeordnet werden (die in den Klammern angegeben Werte stellen den maximalen Förderzuschuss für das jeweilige LP dar):
• LP 1: Beratung und Detailprüfung hinsichtlich Neuheit (800 Euro)
• LP 2: Detailprüfung hinsichtlich wirtschaftlicher Verwertung (800 Euro)
• LP 3: (Strategie-)Beratung und Koordinierung zur Schutzrechtsanmeldung (1.000 Euro)
• LP 4: Schutzrechtsanmeldung: Patentanwaltshonorar und Amtsgebühren (10.000 Euro)
• LP 5: Aktivitäten zur Verwertung (4.000 Euro)
Neben den Kosten für die Vorbereitung der Schutzrechtsanmeldung(en) (LP 1, LP 2 und LP 3) werden mithilfe von WIPANO vor allem die anfallenden direkten Schutzrechtskosten (Patentanwaltshonorar und Amtsgebühren, LP 4) gesenkt. Gerade anfangs fallen durch die Ausarbeitung der Anmeldeschrift, den Prüfungsprozess, internationale Anmeldungen in kurzer Zeit hohe Kosten an. Die Förderung kann dazu beitragen, den in den ersten zwei Jahren des Patentierungsprozesses anfallenden „Löwenanteil“ an Kosten merklich zu reduzieren (siehe Abbildung 2). Sind die Anmelde- und Prüfungsprozesse abgeschlossen, fallen danach in der Regel nur noch die Jahresgebühren an.
Abbildung 2: Verlauf der direkten Schutzrechtskosten bei einer Patentanmeldung (schematisch)
Förderfähige Maßnahmen im Detail
Eine einleitende Neuheitsrecherche im Rahmen von LP 1 und eine daran anschließende Wirtschaftlichkeitsanalyse innerhalb von LP 2 sind obligatorisch und bilden gemäß der WIPANO-Richtlinie den Grundstein der Förderung [BMW20]. Die Recherche- und Analyseergebnisse eines qualifizierten Dienstleisters sollen eine fundierte Entscheidungsgrundlage hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Innovationsvorhabens bereitstellen. Auf diesem Wege soll zugleich sichergestellt werden, dass Fehlinvestitionen in ein kostenintensives, jedoch aussichtsloses Patentierungsverfahren vermieden werden. So sind Maßnahmen in LP 1 und LP 2 auch dann förderfähig, wenn die Ergebnisse negativ ausfallen und folglich keine Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldung vorgenommen wird.
Im Rahmen von LP 3 erfolgt die Durchführung einer Strategieberatung und die Koordinierung zur Schutzrechtsanmeldung durch Experten. Eine individuell anhand der geplanten technischen und wirtschaftlichen Umsetzung ausgerichtete Schutzrechtstrategie schafft Klarheit angesichts des großen Geflechts an Patentierungsmöglichkeiten und der damit verbundenen Kosten. Sobald Schutzrechte fürs Ausland angemeldet werden sollen, ist die Strategieberatung obligatorisch. Für die meisten Technologien und deren Nachahmungen ergeben sich ohnehin ein internationaler Markt und damit früher oder später die Bedeutsamkeit von Schutzrechtsanmeldungen auf internationaler Ebene.
Nach der wohlüberlegten Entscheidung, welche Schutzrechte angemeldet werden sollen, erfolgt in LP 4 Patentanwalt die Ausarbeitung und Einreichung der Anmeldeschrift. Als Basis dient die Erfindungsbeschreibung, die Rechercheergebnisse und weiterführende Gespräche. Ein Patentanwalt überführt die technische Beschreibung in einen juristischen Text, formuliert Schutzansprüche und fertigt gegeben Falls vorschriftskonforme Patentzeichnungen an. Der Patentanwalt übernimmt mit der Anmeldung zugleich die rechtliche Vertretung vor dem Patentamt und oft auch die Einzahlung der Amtsgebühren. Im Patentprüfungsverfahren kann er auch die Erwiderung von Prüfbescheiden übernehmen. Die WIPANO-Förderung sieht nicht nur Zuschüsse für technische Schutzrechte vor, sondern fördert auch Marken- und Designanmeldungen, sofern sie ergänzend zur Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung erfolgen [BMW20]. Der große Vorteil dieses Förderprogramms: Auf die Patentanwaltsleistungen und Amtsgebühren entfällt mit bis zu 10.000 Euro der Hauptanteil an der Gesamtfördersumme.
Zusätzlich zu den eigentlichen Schutzrechtsbelangen werden in LP 5 auch weitere Ausgaben gefördert, wenn sie zu einer aktiven Vermarktung bzw. Verwertung der Erfindung beitragen und unternehmensextern erbracht werden. Oftmals bieten sich die Entwicklung einer Marketingstrategie durch geeignete Dienstleister oder erste Marketingmaßnahmen an, wie etwa ein Messeauftritt, die Erstellung von Werbematerial oder Exposees für Online-Technologiedatenbanken. Bei bereits fortgeschrittenem Entwicklungsstand kann zudem ein Einsatz der Fördermittel für die Anfertigung von Prototypen lohnend sein.
Voraussetzungen, Beantragung und Bedingungen der WIPANO-Förderung
Um die WIPANO-Förderung beantragen zu können, müssen vom antragstellenden Unternehmen die wesentlichen Voraussetzungen erfüllt werden:
- KMU der gewerblichen Wirtschaft oder Angehöriger der freien Berufe,
- Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Millionen Euro,
- Niederlassung oder Betriebsstätte in Deutschland und
- keine Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldung in den letzten 3 Jahren.
Darüber hinaus gelten noch weitere Voraussetzungen. Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne von Artikel 2 Nummer 18 AGVO sind von der Förderung ausgeschlossen [BMW20].
Wenn ein Unternehmen eine Patentierung anstrebt und die Voraussetzungen erfüllt, müssen zuallererst die Fördermittel beantragt werden. Die Beantragung erfolgt über das Förderportal des Bundes „easy-Online“. Es darf grundsätzlich nur ein Förderantrag gleichzeitig gestellt werden. Nach Eingang der Antragsunterlagen nimmt der zuständige Projektträger eine Prüfung vor und leitet bei positivem Prüfergebnis einen Zuwendungsbescheid an den Antragsteller weiter (siehe Abbildung 3). Im Zuwendungsbescheid ist ein Startdatum genannt, ab dem die oben genannten förderfähigen Maßnahmen frühstens beauftragt und durchgeführt werden dürfen.
Abbildung 3: Schematischer Ablauf der Förderung im WIPANO-Programm
Grundsätzlich gewährt das WIPANO-Programm eine Förderung in Form von Zuschüssen. Diese betragen für die o. g. förderfähigen und im Rahmen des Zuwendungszeitraums durchgeführten Maßnahmen bis zu 50 %. Um die Zuschüsse zu erhalten, können diese zum Ablauf des 24-monatigen Förderzeitraums beim Projektträger abgerufen werden. Die Auszahlung des Zuschusses erfolgt nach erfolgreicher Prüfung der Rechnungsunterlagen. Zu beachten ist hierbei, dass der Fördermittelabruf nur einmalig vorgenommen werden kann. Die förderfähigen Ausgaben sind auf 33.200 Euro pro Fall begrenzt. Somit beträgt der gesamte, maximale Zuschuss 16.600 Euro. Die Fördermittel unterliegen grundsätzlich der De-minimis-Beihilfe-Regelung. Eigenleistungen werden generell nicht gefördert.
Fazit
Um die finanziellen wie rechtlichen Hürden zu Beginn eines Patentierungsprozesses zu senken, stellt das WIPANO-Programm Fördermittel zur Einbindung qualifizierter Fachleute bereit. Spezialisierte Dienstleister unterstützen mit individueller Beratung, Recherchearbeiten und bei der Auswahl und Einleitung passender nationaler und internationaler Schutzrechtsanmeldungen. Insbesondere Start-Ups in der Gründungs- und Wachstumsphase wird damit erleichtert, die Alleinstellungsmerkmale ihrer Entwicklung rechtlich gegen Nachahmer schützen zu lassen, wodurch das Unternehmen auch in den Augen von Investoren und Wettbewerbern an Attraktivität und Wert gewinnt.
Quellen
[Kac19] Kache, H.: Die zwölf größten Fehler beim Patentieren von Erfindungen. VentureCapital Magazin, Sonderausgabe Start-up 2020, 20. Jg., GoingPublic Media AG, ISBN 978-3-943021-83-7, Seiten 18 bis 21, München, 2019.
[Kac20] Kache, H.: Patente: Die Core Assets von Start-ups und Unternehmen. VentureCapital Magazin, GoingPublic Media AG, München, https://www.vc-magazin.de/blog/2020/01/16/patente-die-core-assets-von-start-ups-und-unternehmen/, 16.01.2020.
[BMW20] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi): Richtlinie zur Förderung des Technologie- und Wissenstransfers durch Patente, Normung und Standardisierung zur wirtschaftlichen Verwertung innovativer Ideen von Hochschulen und Unternehmen „WIPANO – Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen“. Fassung vom 16.12.2019, veröffentlicht im Bundesanzeiger am 17.01.2020.
Autoren: Dr.-Ing. Hanns Kache, Geschäftsführender Gesellschafter
Dr.-Ing. Christoph Michael Gaebel, Innovationsmanager / Patentingenieur
EZN Erfinderzentrum Norddeutschland GmbH
Dr.-Ing. Hanns Kache:
Im Anschluss an sein Maschinenbaustudium hat Herr Dr. Kache als Projektingenieur an einem Institut der Leibniz Universität Hannover neue Fertigungstechnologien erforscht und entwickelt. Seit 2013 ist er bei der EZN Erfinderzentrum Norddeutschland GmbH tätig – ein Beratungsunternehmen im Innovationsmanagement. Herr Dr. Kache ist zertifizierter Patentingenieur und berät Unternehmen, Start-ups und Universitäten hinsichtlich Entwicklung, Schutz und Kommerzialisierung von innovativen Technologien. Er ist Mitglied in Expertenrunden auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene.
Dr.-Ing. Christoph Gaebel:
Herr Dr. Gaebel war als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Leibniz Universität Hannover in Forschung und Lehre tätig und verfügt über umfassende Erfahrung bei der Einwerbung von Drittmitteln. Als Projektmanager bei einem Automobilzulieferer fungierte er als Schnittstelle zwischen Entwicklung und Fertigung. Seit 2019 zählt er zum Team von EZN und berät als Innovationsmanager Unternehmen, Start-ups und Universitäten im Rahmen des Patentmanagements sowie bei der Fördermittelakquise. Er ist zertifizierter Patentingenieur und Mitglied der LES – Licensing Executives Society.