Bildnachweis: © VPlus habitat.
VPlus habitat ist ein neuartiges Personal-E-Commerce Startup mit einem hybriden Ansatz – einer Kombination aus realem und digitalem Einkaufserlebnis. Regionale Showrooms bieten Ware zum Anfassen und eine persönliche Beratung. Im parallel aufgebauten Webshop werden weitere Informationen angeboten und anschließend die Bestellungen abgewickelt. Nachdem man 2019 den Markteintritt in Deutschland in Angriff genommen hatte und dann ab dem Frühjahr 2020 alle Showrooms ihre Türen schließen mussten, stand danach das komplette Geschäftsmodell in Frage. Gründer und Geschäftsführer Moshe Gazit berichtet im Interview von seinen außergewöhnlichen Erlebnissen und bleibt unerschütterlich optimistisch.
VC Magazin: Sie leben in Tel-Aviv, Israel – wie ist die aktuelle Situation für Sie und Ihre Familie dort?
Gazit: Uns geht es gut, aber es ist eine stressige Zeit. Wir hoffen, dass wir sehr bald eine friedliche Situation erreichen können. Es ist schon ein sehr komisches Gefühl, wenn mehrmals am Tag ein bedrohliches Feuerwerk über unseren Köpfen stattfindet.
VC Magazin: In den vergangenen zwölf Monaten mussten Sie Ihr Geschäft überwiegend von Israel aus führen, da internationale Reisen nur unter schwierigsten Bedingungen möglich waren. Wie haben Sie das geschafft?
Gazit: Wir mussten klug vorgehen und unsere Geschäftsreisen sehr sorgfältig planen. Wenn man immer wieder zwei Wochen Quarantäne in seine Reisepläne integrieren muss, gibt es keine Möglichkeit für spontane Termine. Trotzdem ist es mir gelungen, mehrmals zwischen Israel und Deutschland hin- und herzureisen. Auf diese Weise konnte ich das Team besser kennenlernen und mit ihm intensiver zusammenarbeiten. Das war sicher sehr aufwändig, aber es hat sich gelohnt. Diese Schwierigkeiten kamen für uns alle unerwartet, aber mit einem gemeinsamen Einsatz konnten wir sie meistern. Da sich die Corona-Situation in Israel Ende 2020 schon etwas entspannt hatte, wurde es dann für mich einfacher, mich zwischen den beiden Ländern zu bewegen. Wir haben auch gelernt, dass viele Prozesse ohne große Probleme aus der Ferne erledigt werden können – und unser Team vor Ort hat einen sehr guten Job gemacht. Unsere Kommunikation in mindestens wöchentlichen Zoom-Calls war sehr effizient und hielt den Teamgeist aufrecht, auch in schwierigen und frustrierenden Zeiten.
VC Magazin: Aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie konnten Sie Ihr Konzept der regionalen Showrooms, in denen sich Kunden über Produkte informieren können, nicht weiterführen. Wie sah die Ersatzstrategie aus?
Gazit: In dem Moment, als uns klar wurde, dass wir uns nicht mehr auf den Vertriebskanal Showroom verlassen können, haben wir unsere Aktivitäten im Bereich Online und persönliche Kontakte sofort deutlich verstärkt. Wir mussten darauf achten, dass wir den Kontakt zu unseren Interessenten und Kunden nicht verlieren. Für uns war es dabei sicherlich von Vorteil, dass unser Konzept des persönlichen E-Commerce von Anfang an mit den Showrooms und der E-Commerce-Website auf zwei Säulen ruhte. In der Corona-Phase haben wir uns dann auf den digitalen Vertriebskanal konzentriert. Darüber hinaus haben wir konsequent an Partnerschaftsmodellen mit anderen Unternehmen gearbeitet und waren hier erfolgreich. Wir hoffen darauf, dass unsere drei Showrooms bald wieder Gäste empfangen dürfen – unsere Vorbereitungen laufen bereits. Schließlich hatten wir auch etwas Glück, weil wir uns schon zum Start von VPlus habitat mit Produkten für die Luft- und Wasserhygiene beschäftigt haben. Wir haben mehrere moderne Luftreinigungsgeräte im Angebot, und diese sind uns in den letzten Monaten aus den Händen gerissen worden. Das hat uns in der schwierigen Phase der Corona-Pandemie sehr geholfen. Inzwischen haben wir ergänzend auch ein Mietmodell für die Luftreiniger zum Einsatz am Arbeitsplatz und für zuhause ausgearbeitet.
VC Magazin: Konnten Sie staatliche Hilfen in Anspruch nehmen? Wie hat das geklappt?
Gazit: Wir haben uns intensiv darum bemüht – an verschiedenen Stellen – aber das hat leider nicht funktioniert. Ich gehe davon aus, dass wir als Unternehmen einfach noch zu jung waren und unser eher ungewöhnliches Geschäftsmodell nicht in das Raster der Fördermaßnahmen passt. Wir konnten aber trotzdem unsere finanzielle Basis so solide halten, dass wir nach der Pandemie weiterwachsen werden.
VC Magazin: Wie wird sich der Einzelhandel entwickeln, wenn die Corona-Pandemie abgeklungen ist? Haben kleine Läden, die nicht mit großen Konzernen verbunden sind, überhaupt eine Chance?
Gazit: Ich glaube fest weiter an den stationären Einzelhandel. Wir beschäftigen uns in erster Linie mit hochwertigen und auch hochpreisigen Artikeln. Hier ist eine persönliche Beratung unabdingbar und diese können wir vor Ort anbieten. Die Menschen wollen weiter eine gemeinsame Überzeugung und Einstellung teilen – sie wollen nachhaltig leben und konsumieren – und dafür brauchen sie einerseits Beratung und auch eine direkte Bestätigung. Diese Bedürfnisse können wir mit unserem Konzept erfüllen.
VC Magazin: Wie sehen Sie die Entwicklung Ihres Unternehmens in der Zukunft nach Corona?
Gazit: Nach der Corona-Pandemie wird Vieles nicht mehr so sein, wie vor dieser außergewöhnlichen Zeit. Aber diese Entwicklung wird uns und unserem Business-Modell eher helfen. Die Menschen denken und leben nachhaltiger und setzen sich verstärkt mit dem Thema Umwelt und Gesundheit auseinander. In der Folge kommen unsere Produkte und unsere Kooperationen mit kleinen Familienunternehmen und Manufakturen besser an. Weiterhin wollen wir rasch unser Vermietungsgeschäft ausbauen und auch Möbel und andere Produkte auf Zeit anbieten. Ich glaube, dass es hier einen großen Markt gibt.