Zoé Fabian, Managing Director bei der Venture Capital-Gesellschaft Eurazeo, ist vom Start-up-Verband als Investorin des Jahres ausgezeichnet worden. Im Interview spricht sie über Gender-Diversity in der Investmentlandschaft.
VC Magazin: Investorinnen sind noch immer eine Rarität hierzulande, und auch Gründerinnen sind stark unterrepräsentiert. Würde die Start-up-Landschaft aus Ihrer Sicht anders aussehen, wenn es mehr weibliche Investoren gäbe?
Fabian: Ja, absolut – ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass der „Pull-Effekt“ sehr wichtig ist. Bei Eurazeo beispielsweise haben wir einen für eine Private Equity-Gesellschaft überdurchschnittlich hohen Frauenanteil von 45%, was ich unter anderem auf die Tatsache zurückführe, dass unsere CEO Virginie Morgon eine Frau ist. Vorbilder sind unglaublich wichtig – aufseiten der Investmentgesellschaften ebenso wie bei den Unternehmen in der Start-up- und Scale-up-Phase.
VC Magazin: Sehen Sie Unterschiede bei Investmententscheidungen von Frauen und Männern?
Fabian: Investmententscheidungen sind gerade im Growth Equity-Bereich naturgemäß komplex, denn zum Zeitpunkt der Investmententscheidung sind die Firmen noch jung, die Datenlage also eingeschränkt, Märkte oft noch in der Entstehung und auch die Teams nicht vollends erprobt. Gleichzeitig geht es bei Investmentsummen von 50 Mio. bis 100 Mio. EUR und mehr um viel Geld. Um in dieser Situation die Chancen und Risiken richtig zu gewichten und abzuwägen, ist es unerlässlich, verschiedene Blickweisen und Expertisen einzubeziehen. Diese Vielfalt der Perspektiven wird meines Erachtens aber nicht allein durch die Berücksichtigung des Geschlechts erreicht. Beim Aufbau unserer Teams achten wir ganz bewusst auch auf kulturelle und inhaltliche Komplementarität, um ganzheitliche Entscheidungen zu treffen.
VC Magazin: Wie nehmen Sie das Thema Diversity in der hiesigen Venture Capital-Szene wahr? Hat das Bewusstsein dafür in den letzten Jahren zugenommen?
Fabian: Das hat es, und ich freue mich, zu sehen, dass Diversity ganz bewusst nach vorne getragen wird, zum Beispiel von Auxxo, dem Seed-Fund von Dr. Gesa Miczaika, Bettine Schmitz und Fabiola Hochkirchen, der dediziert in von Frauen gegründete Unternehmen investiert. Wie erwähnt, geht Diversity für mich aber auch noch weiter; der Begriff umfasst auch Kultur und Hintergrund. Daher finde ich 2Hearts, unter anderem von Gülsah Wilke ins Leben gerufen, einen sehr guten Ansatz, um durch inklusives Mentoring Zugang zur Start-up-Welt zu schaffen.
VC Magazin: Reicht aus Ihrer Sicht ein Umdenken in den Köpfen, um mehr Gender Diversity in den Gesellschaften zu erreichen, oder braucht es politische Entscheidungen? Woran fehlt es Ihrer Meinung nach?
Fabian: Das Umdenken ist im Gange, aber es geht zu langsam voran. Daher und weil der Pull-Effekt so entscheidend ist, finde ich es wichtig, für Chancengleichheit zu sorgen und auch politisch verankerte Ziele zu setzen. Daher „ja“ zur Frauenquote – und diese sollte nicht nur für börsennotierte Unternehmen gelten. Für unsere Private Equity-Beteiligungen haben wir uns bei Eurazeo das Ziel gesetzt, bis 2030 einen Frauenanteil von mindestens 40% in den Führungsetagen zu erreichen.
VC Magazin: Vielen Dank für das Interview!
Zoé Fabian ist seit 2019 als Managing Director am Standort Berlin für die Growth Equity-Aktivitäten der Investmentgesellschaft Eurazeo in der DACH-Region verantwortlich. Zuvor war sie unter anderem als Senior-Investmentmanager für Axel Springer tätig. Ihre Karriere startete sie bei Blackstone in Paris und New York.