Gleich und gleich gesellt sich gern

Bias-Studie zu Investmententscheidungen

Suchen Investoren unterbewusst nach Gründern, die ihnen ähneln, und verschlechtern damit ihre Renditen? Was müssen Gründer mitbringen, um erfolgreich Risikokapital aufzunehmen? Eine Studie unter wagniskapitalgeförderten Gründern und deren Investoren deutet darauf hin, dass nicht nur Talent, sondern auch die Ähnlichkeit zum Investor entscheidend ist.

Im Venture Capital-Bereich hat die Persönlichkeit von Gründern besondere Relevanz, da die Teamkomponente einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren von Wagniskapitalinvestments ist. Die Bewertung von Gründerteams findet dabei vorwiegend basierend auf Intuition und Bauchgefühl statt. Quantifizierbare Me­triken oder moderne Technologie zur objektiveren Entscheidungs­findung werden trotz des hohen inhärenten Risikos der Anlageklas­se bisher nur von einer Minderheit der Venture Capita­listen genutzt – und das, obwohl sich die damit einhergehenden Biases nachweislich negativ auf die Investmententscheidungen auswirken.

Analyse von Persönlichkeitsmerkmalen

Um herauszufinden, welche Rolle Persönlichkeitsmerkmale bei der Bewertung von Gründerteams spielen, wurde gemeinsam mit Wis­senschaftlern und Psychologen der Humboldt-Universität und der Freien Universität Berlin eine Studie durchgeführt. Knapp 100 Gründer wagniskapitalfinanzierter Start-ups wurden über einen Onlinefragebogen zu ihrer Persönlichkeit sowie zu dem Erfolg ihrer Jungunternehmen befragt. Basierend auf der Firmenbewer­tung zählen einige der erfolgreichsten Gründer im DACH-Raum zu den Studienteilnehmern: Ein Viertel aller Befragten gründeten Unternehmen, deren letzte Bewertung bei über 50 Mio. EUR liegt, und über 7% der befragten Start-ups erreichen eine Unternehmensbewertung von über 500 Mio. EUR. Der Fragebogen basiert auf dem OCEAN-Persönlichkeitsmodell, einem sehr etablierten Modell zur Messung von Persönlichkeitsattributen.

Persönlichkeitsstrukturen ähneln sich

Die Ergebnisse zeigen, dass die für Unternehmer charakteristischen Persönlichkeitsmerkmale bei wagniskapitalfinanzierten Gründern sogar noch ausgeprägter sind als bei Vergleichsgruppen, die kein Risikokapital erhielten: Die befragten Gründer zeigten noch höhere Werte für Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion und Verträglichkeit sowie einen niedrigeren Wert für Neurotizismus, der mit einer hohen emotionalen Stabilität einhergeht. Bei der Befragung einer Vielzahl von Risikokapitalgebern zu ihren Persönlichkeitseigenschaften zeigte sich, dass Venture Capitalisten genau wie die Gründer offener und extrovertierter sind, aber weniger gewissenhaft, umgänglich und neurotisch. Das heißt, die Persönlichkeiten von Gründern und Investoren sind sich sehr ähnlich, unterscheiden sich aber von anderen Vergleichsgruppen und dem Durchschnitt der deutschen Bevölkerung.

Similarity Bias bei Entscheidungen maßgebend

Frühere Forschungsarbeiten haben bereits gezeigt, dass der soge­nannte Similarity Bias den Entscheidungsprozess von Venture Capital-Gebern beeinflusst. Dieser Bias beschreibt, dass Menschen andere Personen positiver bewerten, wenn sie ihnen ähnlich sind. Es wurde gezeigt, dass Wagniskapitalgeber Gründer systema­tisch bevorzugen, die ihnen etwa in Bezug auf Bildung, Erfahrung und beruflichen Hintergrund ähneln. Diese Bevorzugung erfolgt unterbewusst, hat jedoch gravierende Konsequenzen. Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass Risikokapitalgeber eher Teams bevorzugen, die ihnen nicht nur in soziodemografischen Merkmalen, sondern auch in ihrer Persönlichkeit ähneln.

Fazit

Im Resultat führen solch subjektiv verzerrte Entscheidungen zu homogenen Portfolios und sehr geringer Diversität von Gründerteams, was sich nachweislich negativ auf die Renditen auswirkt. Venture Capital braucht deshalb quantifizierbare Entscheidungsmetriken, sodass basierend auf Talent und nicht auf Bauchgefühl des Investors Kapital allokiert wird. Hierbei können Machine Learning-Algorithmen wertvolle Entscheidungsunterstützung liefern, sodass sich Investmententscheidungen nicht nur effizienter, sondern auch gewinnbringender und fairer treffen lassen.

Eva-Valérie Gfrerer ist Gründerin und CEO von MorphAIs Technologies, einer Venture Capital-Technologie-Firma, die mithilfe ihrer KI Investmententscheidungen im Wagniskapitalbereich effizienter, akkurater und inklusiver gestaltet.