VC Magazin: Es gibt zahlreiche Spielarten im Thema Corporate Venturing. Wie ist Ihre Aufstellung innerhalb der BayWa r.e.-Gruppe?
Seitz: BayWa r.e. Energy Ventures ist seit Gründung 2018 eine eigenständige Venture Capital-Gesellschaft. Wir bieten Mindset, Flexibilität und Schnelligkeit eines professionellen Wagniskapitalinvestors und die Stabilität und Finanzkraft der BayWa r.e. AG. Für den Konzern leisten wir wichtige Marktforschung und Innovationsarbeit, indem wir Kooperationen mit unseren Portfoliounternehmen anbahnen. Organisiert sind wir als unabhängiges Profitcenter mit einer Renditeerwartung von 100% über den Investmentzyklus von acht bis zehn Jahren. Konkret engagieren wir uns klassisch exitorientiert als Lead- oder Co-Lead-Investor mit bis zu 5 Mio. EUR bei Start-ups aus dem Energiesektor in Europa und Israel.
VC Magazin: Corporate Venture Capital-Einheiten verfolgen in der Regel sowohl strategische als auch finanzielle Ziele. Wie sieht Ihre Zielmatrix aus?
Seitz: Im Energiesektor sind die wesentlichen Weichenstellungen politisch und durch den Klimawandel gesetzt. Wir und alle jungen Unternehmen, die hier aktiv werden, sehen in der Energiewende eine große Chance, zielen auf die Reduktion von CO2-Emissionen und müssen auch ökonomisch am Markt bestehen. Die Erfüllung von sogenannten Impact- und Renditezielen ist deshalb für uns kein Widerspruch. Schwierig wird es, wenn weitere strategische Vorgaben des Corporates auf Ausbeutung und Kontrolle des Start-ups abzielen. Daher kommt der teilweise schlechte Ruf des Corporate Venturing. Unser Investmentansatz ist diametral unterschiedlich: Prioritär ist die positive Wertentwicklung unserer Portfoliounternehmen, weshalb wir uns immer fragen: „Was können wir für das Start-up tun?“ – nicht umgekehrt. Daneben geht es uns darum, Markt- und Technologietrends aufzuspüren und uns neue Marktzugänge zu sichern. Hierfür setzen wir geradezu auf die unternehmerische und kreative Freiheit von Gründern. Bei Bedarf unterstützen wir sie mit Branchenexpertise, Infrastruktur und Vertriebspower des BayWa r.e. Konzerns.
VC Magazin: Nach welchen Kriterien treffen Sie die Investmententscheidung?
Seitz: Ein aussichtsreicher Venture Case zeichnet sich für uns aus durch ein hochgradig skalierbares Geschäftsmodell in einem entsprechend großen Markt und eine innovative Technologie mit starkem Alleinstellungsmerkmal. Das klingt banal, aber gesichtet haben wir seit Gründung etwa 2.500 Unternehmen, investiert mittlerweile bei fünf.
VC Magazin: Wie sehen Sie die Zukunft des Corporate Venturing?
Seitz: Sehr positiv! Das Interesse der Marktführer von heute an einer frühen Zusammenarbeit mit aufstrebenden Start-ups – in den verschiedensten Ausprägungen – ist angesichts anhaltend disruptiver Märkte längst keine Modeerscheinung mehr. Der globale Trend steigender Corporate Venture Capital-Aktivitäten gilt auch für Deutschland. Start-ups sind ein zu wichtiger Motor für Innovation und Wachstum. Wir brauchen ihre Impulse, um die Energiewende zu meistern und die Probleme der Öl- und Gasunternehmen sowie der klassischen Energieversorger innovativ zu lösen. Hier bieten sich zahllose Exit-Kanäle für jedes Venture-Portfolio.
VC Magazin: Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Heike Autschbach-Kleiner