Bekannte Transaktionsrisiken versichern?

Nutzen und Möglichkeiten von W&I-Versicherungen

Nachdem der Markt für Warranty-und-Indemnity(W&I)-Versicherungen – parallel zum M&A-Markt – im Frühjahr 2020 eine kurze Atempause eingelegt hat, ist er seither wieder in voller Fahrt. Die Absicherung von Verkäufergarantien bei M&A-Transaktionen gehört inzwischen zum Standardrepertoire, und der Anteil versicherter Transaktionen nimmt weiter zu. Gleichzeitig ist der Wettbewerbsdruck aufseiten der Versicherer weiterhin hoch, sodass auch die Deckungspositionen bei W&I-Versicherungen immer umfangreicher werden – bei weitgehend gleichbleibendem Prämienniveau. Parallel dazu finden sich im Bereich der transaktionsbezogenen Risiken zunehmend Versicherungen für bekannte Risiken.

Versicherungen zu spezifischen Risiken sind dann sinnvoll, wenn im Rahmen der Due Diligence Risiken entdeckt werden, deren Eintrittswahrscheinlichkeit gering ist, deren Eintritt aber die Transaktion insgesamt – etwa wegen eines sehr hohen drohenden Schadens – gefährden würde. Regelungen über einen Kaufpreiseinbehalt auf einem Treuhandkonto bieten sich hier oftmals wegen der zu hohen Einbehalte bei geringem Risiko nicht an. Hingegen bietet die Lösung über die Versicherung den Parteien eine hohe Transaktionssicherheit bei immer noch überschaubaren Kosten.

Vorbereitung mit Broker entscheidend

Wer spezielle, bekannte Risiken einer Transaktion versichern möchte, sollte auf eine gute Darstellung des zu versichernden Risikos achten. Wie auch bei der W&I-Versicherung erfordert der Abschluss einer speziellen Versicherung für ein bekanntes Thema die entsprechende Aufbereitung des Versicherungsgegen­stands. An die Stelle der bei W&I-Versicherungen üblichen Due Diligence-Berichte tritt bei spezifischen Risiken eine ­Darstellung des zu versichernden Risikos gemeinsam mit einer juristischen Einschätzung durch die Berater des potenziellen Versicherungs­nehmers. Schon bei der Ansprache der Versicherer ist eine kompakte Darstellung des Themas, der möglichen rechtlichen Argumentationslinien und der Einschätzung zur Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts erforderlich. Erfahrungsgemäß ist gerade die Kurzdarstellung für die Marktansprache entscheidend dafür, ob man ein Risiko zu einem guten Preis im Markt platzieren kann. Der Vorbereitung dieser Unterlagen ­gemein­sam mit dem Broker kommt daher besondere Bedeutung im Versicherungsprozess zu. Wenn die Unterlagen zur Markt­ansprache keine erfolgversprechende Verteidigungslinie er­kennen lassen, wird es kaum gelingen, das Risiko zu platzieren. Umgekehrt sind sowohl die Anzahl der möglichen Versicherer als auch das ­Pricing deutlich attraktiver, je höher die Qualität der Risikodarstellung ist. Bei allen Versicherungslösungen ist zu beachten, dass ein gewisser Selbstbehalt vom Versicherten verlangt werden wird, etwa um zu erwartende Verteidigungskosten abzudecken.

Steuerversicherungen am häufigsten

Zu den häufigsten Anwendungsfällen für die Versicherbarkeit spezifischer Transaktionsrisiken zählen Steuerversicherungen. Im Bereich des Steuerrechts finden sich Policen etwa zur Wirksamkeit von Organschaften oder im Bereich des Quellensteuerabzugs. Auch Fragen des Grunderwerbsteuerrechts sind im letzten Jahr vielfach versichert worden, zumeist im Zusammenhang mit einer befürchteten rückwirkenden Gesetzesänderung. In Einzelfällen kann es inzwischen sogar gelingen, spezifische, in sich isolierte Verrechnungspreisrisiken zu versichern – die Hürden und Kosten sind hierbei aber nach wie vor hoch. Im Steuerrecht sind in der Regel nur solche Risiken versicherbar, die nicht bereits im Rahmen einer Betriebsprüfung beanstandet wurden. Bei bereits in der Betriebsprüfung streitigen Themen befindet man sich eher im Bereich von Litigation Buyout-­Policen, deren Kosten deutlich höher sind. Auch geografisch bestehen erhebliche Unterschiede. Bekannte Risiken, die sich auf Nordwest­europa oder Nordamerika beziehen, werden eher versichert als etwa identifizierte Risiken aus China.

Title-Versicherungen üblich

Ebenfalls häufig anzutreffen sind sogenannte Title-Versiche­rungen. Diese sichern bekannte Risiken im Hinblick auf Ei­gentumsrechte ab. Denkbar sind Title-Versicherungen sowohl hinsichtlich der Gesellschaftsanteile als auch in Bezug auf Immo­bilieneigentum. Häufig anzutreffen sind diese, wenn die Zielgesellschaften in Jurisdiktionen ansässig bzw. tätig sind, die eine geringere Rechtssicherheit aufweisen.

Risiko ausklammern

Schließlich ist auch eine Zunahme von Litigation Buyout-Versicherungen zu beobachten. Hier werden bekannte Risiken aus Rechtsstreitigkeiten abgesichert, die entweder bereits ­anhängig sind oder drohen. Schwebt beispielsweise ein solches Risiko über einer Zielgesellschaft, für die bereits ein M&A-Verkaufs­prozess in Vorbereitung ist, bietet sich mittels dieser Versicherungslösung die Möglichkeit, das Risiko auszuklammern und das Target somit unbelastet an den Markt zu bringen. Als Daumenregel wird hier nach umfassender Prüfung eine mindestens 80%ige Wahrscheinlichkeit erwartet, dass der erwartete ­negative Ausgang nicht eintritt. Angesichts der Komplexität und auch der Höhe der Risiken liegt das Prämienniveau in diesem Segment deutlich über den Prämiensätzen von Steuerpolicen und beträgt im Einzelfall durchaus jenseits von 10%.

Fazit

Insgesamt lässt sich festhalten, dass das derzeitige Marktumfeld attraktive Aussichten bietet, ein wahrscheinlich nicht eintretendes, wirtschaftlich aber erhebliches Risiko einer Transaktion über eine spezielle Risikoversicherung abzudecken.

Dr. Markus Rasner
Dr. Markus Rasner

Dr. Markus Rasner ist Partner bei Oppenhoff. Er ist spezialisiert auf die Beratung bei M&A- und Pri­vate Equity-Transaktionen.

 

 

Dr. Gunnar Knorr
Dr. Gunnar Knorr

Dr. Gunnar Knorr ist Partner bei Oppenhoff. Er ist spezialisiert auf die steuerliche Beratung im Bereich M&A und Unternehmensfinanzierung.

Beide beraten seit vielen Jahren Anbieter von Versicherungslösungen für Trans­aktionsrisiken.