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Nach anderthalb Jahren Coronapandemie hat sich vieles verändert: Neue Trends sind entstanden, Branchen stärker in den Fokus gerückt, die Arbeitswelt ist digitaler geworden. Es ist Zeit für ein erstes Fazit und einen Blick nach vorn. In den Sommerinterviews erzählen Persönlichkeiten aus der Private Equity- und Venture Capital-Branche von Fundraising- und Investmenterfahrungen, schätzen den aktuellen Markt ein und berichten von ihren Erwartungen für 2022.
VC Magazin: Wie sieht Ihre Corona-Bilanz für die Private-Equity-Landschaft aus?
Schäfer: Die Covid-19-Pandemie hat den jahrelangen Aufwärtstrend der gesamten Branche im Frühjahr 2020 kurzzeitig unterbrochen. Der Fokus der Fondsmanager richtete sich mit Blick auf die Portfoliounternehmen auf die Sicherheit der Mitarbeiter, die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs und auf Maßnahmen zur Liquiditätssicherung. Zudem bestand ein hoher Bedarf an Kommunikation mit Lieferanten, Kunden und natürlich mit den Investoren. Diese Phase, in der die Marktteilnehmer vorrangig mit sich selbst beschäftigt waren, war allerdings nur von kurzer Dauer. Zunächst ist in Asien, dann auch in Nordamerika und in Europa die Transaktionsdynamik wieder angesprungen. Die Anzahl der Deals nahm vor allem im zweiten Halbjahr wieder deutlich zu und ist auch bisher in 2021 von einer starken Dynamik geprägt. Insgesamt hat sich die Anlageklasse als sehr resilient erwiesen und war für viele Investoren ein wichtiger Stabilitätsanker im Gesamtportfolio.
VC Magazin: Welche Branchen sind die Gewinner und Verlierer der Pandemie?
Schäfer: Aus der Vogelperspektive sind Technologie und Gesundheitswesen die klaren Gewinner. Eine pauschale Antwort ist allerdings schwierig, denn die Entwicklung der einzelnen Unternehmen ist doch sehr individuell. Wir haben in unseren Portfolios starke Realisationen aus den beiden Unternehmensbereichen gesehen, durchaus aber auch in der Industrial- oder Consumer-Branche. Inmitten des zweiten Lockdowns haben wir beispielsweise einen Unternehmensverkauf im Konsumentenbereich mit einem Exit-Multiplikator von 8x verzeichnet. Erfahrene Managementteams sind in der Lage Geschäftsmodelle zeitnah auf ein sich änderndes Marktumfeld auszurichten und Potentiale auch in turbulenten Zeiten zu heben. Sind operative Expertise und die entsprechende Manpower nachweislich vorhanden, ist der Branchenfokus daher eher zweitrangig. Die Managerqualität ist heute mehr denn je erfolgsentscheidend.
VC Magazin: Wie hat sich Ihr persönliches Geschäft durch Corona verändert?
Schäfer: Reisetätigkeiten im Zuge von Due Diligence-Prozessen, Investorentreffen oder Board-Meetings haben seit April 2020 nicht mehr stattgefunden. Im Gegenteil. Wir sind mit dem Team ab Beginn der Pandemie ins Homeoffice gewechselt und mussten fünf laufende Due Diligence-Verfahren parallel und erstmals rein virtuell finalisieren. Als eingespieltes Team hat das gut funktioniert. Zudem hat sich unser proaktiver Ansatz bei der Fondsauswahl ausgezahlt. Wir bauen in der Regel bereits viele Jahre vor der Erstinvestition in einen Private-Equity-Fonds Beziehungen zum jeweiligen Managementteam auf, so dass wir trotz nunmehr über eineinhalb Jahren Pandemie nicht nur auf ein rein digitales Kennenlernen vertrauen mussten.
VC Magazin: Werden diese Veränderungen in Zukunft anhalten?
Schäfer: Homeoffice ist und bleibt in vielen Bereichen ein fester Bestandteil. Wir sind mittlerweile jedoch wieder überwiegend zurück im Büro. Die digitalen Erfahrungen der letzten Monate haben gezeigt, dass einige der sonst üblichen Reisetätigkeiten nicht immer notwendig sind. Das persönliche Kennenlernen der Private-Equity-Fondsmanager sehen wir allerdings unverändert als essentiell an. Managerqualität hat bei unseren Investmentprogrammen die höchste Priorität. Und den Zugang zu den besten Fondsmanagern erhalten wir nur durch den Aufbau und die Pflege persönlicher Beziehungen. Persönliche Treffen sind bei diesem Beziehungsaufbau unersetzlich.
VC Magazin: Wie schätzen Sie die allgemeine Fundraising-Situation für Private Equity momentan ein?
Schäfer: Der Höhenflug wurde durch die Pandemie verstärkt, da sich die Anlageklasse als robuster Portfoliobestandteil erwiesen hat. Dennoch ist die Branche zweigeteilt. Etablierte und nachweislich erfolgreiche Fondsmanager profitieren von der steigenden Nachfrage und schließen ihr Fundraising in Rekordzeit ab. Bei First-time-Fonds und neuen Managementteams gestaltet sich die Lage schwieriger, gerade weil persönliche Treffen für den notwendigen Beziehungsaufbau bislang kaum möglich waren.
VC Magazin: In welche Branchen und Geschäftsmodelle würden Sie derzeit persönlich investieren?
Schäfer: Healthcare und Technologie haben trotz der hohen Einstiegsmultiplikatoren weiterhin substantielles Potential. Hier gibt es etwa bei den gängigen Buzzword-Themen wie CleanTech, Automation, AI, Software-as-a-Service und Zahlungsabwicklung viel Fantasie. Dennoch würde ich privat wie auch beruflich immer sinnvoll diversifizieren, statt einzelne Branchen überzugewichten. Den überwiegenden Anteil in meinem privaten Portfolio nehmen unsere eigenen, branchenübergreifend investierenden Dachfondsprogramme ein – aus Überzeugung und im Zuge der Interessensgleichheit mit unseren Investoren.
VC Magazin: Ein Blick in die Glaskugel. Wie schätzen Sie Ihr geschäftliches Umfeld im Sommer 2022 ein?
Schäfer: Die Performanceentwicklung unserer Programme war in der Pandemie bislang sehr positiv. Die außerordentlich guten Exit-Aktivitäten in unserem Portfolio haben auch uns in dieser Phase ein wenig überrascht. Ein guter Track Record ist in der Investorenlandschaft ein ausschlaggebendes Kriterium, daher schauen wir mit den Ergebnissen der letzten eineinhalb Jahre zuversichtlich in die Zukunft. Wir sind derzeit mit unserem vierten Investitionsprogramm im Fundraising. Dabei sprechen wir zunehmend auch mit Marktteilnehmern, die in der Vergangenheit noch keine Fund-of-Funds gezeichnet haben, und nun offen für Lösungen sind, um diversifiziert den Zugang zu den Top-Managern der Private-Equity-Branche zu erhalten.
David Schäfer ist Managing Director bei Munich Private Equity Partners.